tyrien (s. oben), so poetisch er sich anlässt, hat etwas künstlerisch Unechtes.
Aber das Überirdische kommt selbst in die einsame Klosterzelle, in das Dasein eines einzelnen heiligen Menschen hereingeschwebt. Hier, in geschlossenen Räumen, ist die örtliche Wirklichmachung in der Regel sehr störend. Es würde wie Spott klingen, wenn wir selbst die besten derartigen Bilder von dieser Seite prüfen und namentlich das Benehmen der hier ganz ungenirten Engel näher schildern woll- aten. (Pinac. v. Bologna: S. Anton v. Padua, dem Bambino den Fuss bküssend, von Elisabetta Sirani; -- S. Giacomo magg. zu Bologna, 4. Alt. r.: Christus erscheint dem Johannes a S. Facundo, von Ca- vedone.) Wenn ein herberer Naturalist wie z. B. Spagnoletto das Visionäre ganz weglässt, so kömmt wenigstens ein harmloses cGenrebild zu Stande; sein S. Stanislas Kostka (Pal. Borghese) ist ein einfacher junger Seminarist, dem man ein Kind auf den Arm gelegt hat, und der nun ganz gutmüthig aufmerkt wie es ihn am Kragen fasst.
Die auf Wolken schwebende Madonna ist in dieser Zeit kaum mehr zu unterscheiden von der Assunta, der gen Himmel fahrenden Maria. (Wie deutlich hatte noch Tizian die Assunta als solche be- zeichnet!) Auch jetzt werden übrigens gewisse Bilder ausdrücklich dals Himmelfahrten gemalt. So das colossale Bild Guido's in S. Am- brogio zu Genua (Hauptaltar rechts), eines derjenigen Meisterwerke, ewelche kalt lassen. Von den Assunten des Agostino und Anni- bale Caracci in der Pinac. zu Bologna ist die erstere, bedeutendere wieder ein rechtes Beispiel der räumlichen Verwirklichung des Über- sinnlichen; das "Aufwärts" ist durch schiefes Liegen auf einer schö- nen Engelgruppe veranschaulicht; glücklicher Weise giebt auch noch der Kopf den schönen Eindruck der sich in Wonne auflösenden Sehn- sucht. -- Die unten am Grabe versammelten Apostel erheben sich selten zu irgend einer reinern Begeisterung.
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Einzelne Altarbilder sind auch ganz mit der Glorie angefüllt. In S. Paolo zu Bologna (2. Cap. r.) sieht man eines der trefflich ge- malten Bilder des Lod. Caracci, "il paradiso"; merkwürdig als vollständiges Specimen jener Engelconcerte, durch welchen die Schule sich von ihrem Ahn Coreggio wider Willen unterscheidet. Seine
Moderne Malerei.
tyrien (s. oben), so poetisch er sich anlässt, hat etwas künstlerisch Unechtes.
Aber das Überirdische kommt selbst in die einsame Klosterzelle, in das Dasein eines einzelnen heiligen Menschen hereingeschwebt. Hier, in geschlossenen Räumen, ist die örtliche Wirklichmachung in der Regel sehr störend. Es würde wie Spott klingen, wenn wir selbst die besten derartigen Bilder von dieser Seite prüfen und namentlich das Benehmen der hier ganz ungenirten Engel näher schildern woll- aten. (Pinac. v. Bologna: S. Anton v. Padua, dem Bambino den Fuss bküssend, von Elisabetta Sirani; — S. Giacomo magg. zu Bologna, 4. Alt. r.: Christus erscheint dem Johannes a S. Facundo, von Ca- vedone.) Wenn ein herberer Naturalist wie z. B. Spagnoletto das Visionäre ganz weglässt, so kömmt wenigstens ein harmloses cGenrebild zu Stande; sein S. Stanislas Kostka (Pal. Borghese) ist ein einfacher junger Seminarist, dem man ein Kind auf den Arm gelegt hat, und der nun ganz gutmüthig aufmerkt wie es ihn am Kragen fasst.
Die auf Wolken schwebende Madonna ist in dieser Zeit kaum mehr zu unterscheiden von der Assunta, der gen Himmel fahrenden Maria. (Wie deutlich hatte noch Tizian die Assunta als solche be- zeichnet!) Auch jetzt werden übrigens gewisse Bilder ausdrücklich dals Himmelfahrten gemalt. So das colossale Bild Guido’s in S. Am- brogio zu Genua (Hauptaltar rechts), eines derjenigen Meisterwerke, ewelche kalt lassen. Von den Assunten des Agostino und Anni- bale Caracci in der Pinac. zu Bologna ist die erstere, bedeutendere wieder ein rechtes Beispiel der räumlichen Verwirklichung des Über- sinnlichen; das „Aufwärts“ ist durch schiefes Liegen auf einer schö- nen Engelgruppe veranschaulicht; glücklicher Weise giebt auch noch der Kopf den schönen Eindruck der sich in Wonne auflösenden Sehn- sucht. — Die unten am Grabe versammelten Apostel erheben sich selten zu irgend einer reinern Begeisterung.
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Einzelne Altarbilder sind auch ganz mit der Glorie angefüllt. In S. Paolo zu Bologna (2. Cap. r.) sieht man eines der trefflich ge- malten Bilder des Lod. Caracci, „il paradiso“; merkwürdig als vollständiges Specimen jener Engelconcerte, durch welchen die Schule sich von ihrem Ahn Coreggio wider Willen unterscheidet. Seine
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Moderne Malerei.
tyrien (s. oben), so poetisch er sich anlässt, hat etwas künstlerisch
Unechtes.
Aber das Überirdische kommt selbst in die einsame Klosterzelle,
in das Dasein eines einzelnen heiligen Menschen hereingeschwebt. Hier,
in geschlossenen Räumen, ist die örtliche Wirklichmachung in der
Regel sehr störend. Es würde wie Spott klingen, wenn wir selbst
die besten derartigen Bilder von dieser Seite prüfen und namentlich
das Benehmen der hier ganz ungenirten Engel näher schildern woll-
ten. (Pinac. v. Bologna: S. Anton v. Padua, dem Bambino den Fuss
küssend, von Elisabetta Sirani; — S. Giacomo magg. zu Bologna,
4. Alt. r.: Christus erscheint dem Johannes a S. Facundo, von Ca-
vedone.) Wenn ein herberer Naturalist wie z. B. Spagnoletto
das Visionäre ganz weglässt, so kömmt wenigstens ein harmloses
Genrebild zu Stande; sein S. Stanislas Kostka (Pal. Borghese) ist ein
einfacher junger Seminarist, dem man ein Kind auf den Arm gelegt
hat, und der nun ganz gutmüthig aufmerkt wie es ihn am Kragen
fasst.
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Die auf Wolken schwebende Madonna ist in dieser Zeit kaum
mehr zu unterscheiden von der Assunta, der gen Himmel fahrenden
Maria. (Wie deutlich hatte noch Tizian die Assunta als solche be-
zeichnet!) Auch jetzt werden übrigens gewisse Bilder ausdrücklich
als Himmelfahrten gemalt. So das colossale Bild Guido’s in S. Am-
brogio zu Genua (Hauptaltar rechts), eines derjenigen Meisterwerke,
welche kalt lassen. Von den Assunten des Agostino und Anni-
bale Caracci in der Pinac. zu Bologna ist die erstere, bedeutendere
wieder ein rechtes Beispiel der räumlichen Verwirklichung des Über-
sinnlichen; das „Aufwärts“ ist durch schiefes Liegen auf einer schö-
nen Engelgruppe veranschaulicht; glücklicher Weise giebt auch noch
der Kopf den schönen Eindruck der sich in Wonne auflösenden Sehn-
sucht. — Die unten am Grabe versammelten Apostel erheben sich
selten zu irgend einer reinern Begeisterung.
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Einzelne Altarbilder sind auch ganz mit der Glorie angefüllt. In
S. Paolo zu Bologna (2. Cap. r.) sieht man eines der trefflich ge-
malten Bilder des Lod. Caracci, „il paradiso“; merkwürdig als
vollständiges Specimen jener Engelconcerte, durch welchen die Schule
sich von ihrem Ahn Coreggio wider Willen unterscheidet. Seine
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1040. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1062>, abgerufen am 05.12.2024.
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