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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Paläste.
auf ältern Pfeilern, welche zum Theil Würfelcapitäle tragen; die Treppe
mit ihrem Geländer von ionischen Säulchen gewährt einen malerischen
Anblick. (Der Ausbau gegen den Garten XVI. Jahrhundert.) -- Der
einfach malerische Hof von Pal. Cerchi (borgo S. Jacopo N. 1762). --a
Derjenige von Pal. Casamurata (Via delle Pinzochere, N. 7717). --b
Aus späterer Zeit und sehr stattlich: Pal. Magnani, ehemals Ferronic
(Via de' Serragli N. 2797). -- Etwa gegen 1500: der Hof des Pal.
Cepperello (Corso, N. 814) mit weit gespannten dünnen Bogen aufd
Composita-Säulen und zartem Detail. -- Ungefähr aus derselben Zeit
der Hof des Pal. Incontri (Via de Pucci N. 6118). -- Ebenso Pal.e
Ginori (Via de' Ginori N. 5145), dessen Aussenseite schon dem untenf
zu nennenden Pal. Guadagni entspricht 1).

Die im Ganzen vorherrschende Form ist: Säulenbau um den Hof
oder um einen Theil desselben; an der Wand Consolen, in deren Bil-
dung jeder Architekt neu zu sein suchte; an einer Seite des Hofes
ein vorgewölbter Gang im ersten Stock; die Gesimse, eines über den
Bogen und eines unter den Fenstern, sehr mässig; ihr Zwischenraum
oft mit Medaillons, Wappen u. dgl. verziert und ebenso auch die Bo-
genfüllungen über den Säulen; die Fenster der obern Stockwerke bis
zu Anfang des XVI. Jahrhunderts fast durchgängig halbrund; die
Treppen mit Tonnengewölben und fortlaufenden Gesimsen; alle Aus-
läufe von einzelnen Gewölbekappen durch das ganze Gebäude auf
Consolen gestützt. (Dies gilt auch von den Klosterbauten). Durchgän-
gig ist das Bedeutende mit mässigen Mitteln geleistet.


Als einzelnes kleines Prachtgebäude ist hier einzuschalten die streng-
schöne Grabcapelle des Cardinals von Portugal (+ 1459), von Anto-g

Brianza und um Varese (nördlich von Mailand) im Ganzen ein schöner, echt
ländlicher Styl zugestanden werden. Es ist überhaupt ein Irrthum zu glau-
ben, dass die malerische Bauweise in Italien südwärts unbedingt zunehme;
die subalpinen Thäler und Ortschaften enthalten schon Manches, das südlich
nicht mehr schöner und nicht häufig so schön vorkömmt.
1) Der alte unvollendete Palast in der Via delle Terme, vorgeblich von Bru-*
nellesco begonnen, ist erst im vorigen Jahrhundert zum Palazzo del Com-
mune gemacht worden.

Paläste.
auf ältern Pfeilern, welche zum Theil Würfelcapitäle tragen; die Treppe
mit ihrem Geländer von ionischen Säulchen gewährt einen malerischen
Anblick. (Der Ausbau gegen den Garten XVI. Jahrhundert.) — Der
einfach malerische Hof von Pal. Cerchi (borgo S. Jacopo N. 1762). —a
Derjenige von Pal. Casamurata (Via delle Pinzochere, N. 7717). —b
Aus späterer Zeit und sehr stattlich: Pal. Magnani, ehemals Ferronic
(Via de’ Serragli N. 2797). — Etwa gegen 1500: der Hof des Pal.
Cepperello (Corso, N. 814) mit weit gespannten dünnen Bogen aufd
Composita-Säulen und zartem Detail. — Ungefähr aus derselben Zeit
der Hof des Pal. Incontri (Via de Pucci N. 6118). — Ebenso Pal.e
Ginori (Via de’ Ginori N. 5145), dessen Aussenseite schon dem untenf
zu nennenden Pal. Guadagni entspricht 1).

Die im Ganzen vorherrschende Form ist: Säulenbau um den Hof
oder um einen Theil desselben; an der Wand Consolen, in deren Bil-
dung jeder Architekt neu zu sein suchte; an einer Seite des Hofes
ein vorgewölbter Gang im ersten Stock; die Gesimse, eines über den
Bogen und eines unter den Fenstern, sehr mässig; ihr Zwischenraum
oft mit Medaillons, Wappen u. dgl. verziert und ebenso auch die Bo-
genfüllungen über den Säulen; die Fenster der obern Stockwerke bis
zu Anfang des XVI. Jahrhunderts fast durchgängig halbrund; die
Treppen mit Tonnengewölben und fortlaufenden Gesimsen; alle Aus-
läufe von einzelnen Gewölbekappen durch das ganze Gebäude auf
Consolen gestützt. (Dies gilt auch von den Klosterbauten). Durchgän-
gig ist das Bedeutende mit mässigen Mitteln geleistet.


Als einzelnes kleines Prachtgebäude ist hier einzuschalten die streng-
schöne Grabcapelle des Cardinals von Portugal († 1459), von Anto-g

Brianza und um Varese (nördlich von Mailand) im Ganzen ein schöner, echt
ländlicher Styl zugestanden werden. Es ist überhaupt ein Irrthum zu glau-
ben, dass die malerische Bauweise in Italien südwärts unbedingt zunehme;
die subalpinen Thäler und Ortschaften enthalten schon Manches, das südlich
nicht mehr schöner und nicht häufig so schön vorkömmt.
1) Der alte unvollendete Palast in der Via delle Terme, vorgeblich von Bru-*
nellesco begonnen, ist erst im vorigen Jahrhundert zum Palazzo del Com-
mune gemacht worden.
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[181/0203] Paläste. auf ältern Pfeilern, welche zum Theil Würfelcapitäle tragen; die Treppe mit ihrem Geländer von ionischen Säulchen gewährt einen malerischen Anblick. (Der Ausbau gegen den Garten XVI. Jahrhundert.) — Der einfach malerische Hof von Pal. Cerchi (borgo S. Jacopo N. 1762). — Derjenige von Pal. Casamurata (Via delle Pinzochere, N. 7717). — Aus späterer Zeit und sehr stattlich: Pal. Magnani, ehemals Ferroni (Via de’ Serragli N. 2797). — Etwa gegen 1500: der Hof des Pal. Cepperello (Corso, N. 814) mit weit gespannten dünnen Bogen auf Composita-Säulen und zartem Detail. — Ungefähr aus derselben Zeit der Hof des Pal. Incontri (Via de Pucci N. 6118). — Ebenso Pal. Ginori (Via de’ Ginori N. 5145), dessen Aussenseite schon dem unten zu nennenden Pal. Guadagni entspricht 1). a b c d e f Die im Ganzen vorherrschende Form ist: Säulenbau um den Hof oder um einen Theil desselben; an der Wand Consolen, in deren Bil- dung jeder Architekt neu zu sein suchte; an einer Seite des Hofes ein vorgewölbter Gang im ersten Stock; die Gesimse, eines über den Bogen und eines unter den Fenstern, sehr mässig; ihr Zwischenraum oft mit Medaillons, Wappen u. dgl. verziert und ebenso auch die Bo- genfüllungen über den Säulen; die Fenster der obern Stockwerke bis zu Anfang des XVI. Jahrhunderts fast durchgängig halbrund; die Treppen mit Tonnengewölben und fortlaufenden Gesimsen; alle Aus- läufe von einzelnen Gewölbekappen durch das ganze Gebäude auf Consolen gestützt. (Dies gilt auch von den Klosterbauten). Durchgän- gig ist das Bedeutende mit mässigen Mitteln geleistet. Als einzelnes kleines Prachtgebäude ist hier einzuschalten die streng- schöne Grabcapelle des Cardinals von Portugal († 1459), von Anto- 1) g 1) Der alte unvollendete Palast in der Via delle Terme, vorgeblich von Bru- nellesco begonnen, ist erst im vorigen Jahrhundert zum Palazzo del Com- mune gemacht worden. 1) Brianza und um Varese (nördlich von Mailand) im Ganzen ein schöner, echt ländlicher Styl zugestanden werden. Es ist überhaupt ein Irrthum zu glau- ben, dass die malerische Bauweise in Italien südwärts unbedingt zunehme; die subalpinen Thäler und Ortschaften enthalten schon Manches, das südlich nicht mehr schöner und nicht häufig so schön vorkömmt.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/203>, abgerufen am 04.12.2024.