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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Siena. Cecco di Giorgio und Bern. Rosellino.
Ridolfi (Via della Scala 4317), ehemals auch der Familie Ruccellaia
gehörig, scheint von Alberti's Bau nichts Bedeutendes mehr erhalten.


Ehe weiter von der florentinischen Architektur die Rede sein
kann, müssen wir einen Blick auf Siena werfen, dessen Bauten ge-
rade für die Zeit von 1450 an besonders bezeichnend sind. Ich schreibe
das Folgende nur für geübte Augen, denn wem nur riesenhafte Mas-
sen oder decorativer Reichthum einen Eindruck machen, für den ist
in Siena ausser dem Dom überhaupt nicht viel zu geniessen. Ganz
besonders entzieht sich die mässige Frührenaissance an kleinen Bauten
dem flüchtigen oder abgestumpften Blick.

Es sind hauptsächlich die Baumeister des Aeneas Sylvius Picco-
lomini (Pius II), welche die Heimath des Papstes und deren Umge-
bung zu verschönern unternahmen: Cecco di Giorgio 1) von Siena
und Bernardo Rosellino von Florenz; der letztere hatte schon
für Nicolaus V bedeutende Aufträge ausgeführt. Beide gemeinschaft-
lich schufen das alte Corsignano (seitwärts von der Strasse von Rom
nach Siena, einige Miglien östlich von Torrenieri und S. Quirico), zu
Pienza, zur "Stadt des Pius" um; dort sollen noch ein grössererb

1) Romagnoli, der die sienesische Kunstgeschichte aus den Urkunden kannte,
unterscheidet einen Maler und Decorator Francesco di Giorgio um 1460
(welchem die Vollendung der vorgebauten Capelle am Pal. pubblico, einige
Ornamente in S. Francesco und die Gemälde in der Academie angehören) von
dem berühmten Baumeister Cecco di Giorgio Martini, den er bis ins XVI. Jahr-
hundert leben lässt. -- Milizia nennt den berühmten Baumeister Francesco
und setzt dessen Lebenszeit in die Jahre 1423--1470, wonach ihm wichtige
sienesische Bauten nicht mehr angehören könnten. Rumohr (Ital. Forschun-
gen II, S. 177 ff.) lässt den Francesco di Giorgio nur als Festungsbaumei-
ster gelten und erkennt sonst einzig den herzoglichen Stall zu Urbino als
dessen Werk an. Alle übrigen Gebäude, welche demselben in Pienza, Siena
u. a. a. O. zugeschrieben werden, seien von Bernardo Rosellino, welchem
insbesondere "ein feiner Sinn in der allgemeinen Anlage und vornehmlich in
der Zusammenstellung ganzer Gebäudegruppen" vindicirt wird. Für den Palast
zu Urbino werden ein Dalmatiner Luciano und der unten vorkommende Bac-
cio Pintelli als Architekten genannt. -- Ich bin oben im Text den Annahmen
Romagnoli's gefolgt ohne desshalb zwischen ihm und Rumohr entscheiden zu
wollen.

Siena. Cecco di Giorgio und Bern. Rosellino.
Ridolfi (Via della Scala 4317), ehemals auch der Familie Ruccellaia
gehörig, scheint von Alberti’s Bau nichts Bedeutendes mehr erhalten.


Ehe weiter von der florentinischen Architektur die Rede sein
kann, müssen wir einen Blick auf Siena werfen, dessen Bauten ge-
rade für die Zeit von 1450 an besonders bezeichnend sind. Ich schreibe
das Folgende nur für geübte Augen, denn wem nur riesenhafte Mas-
sen oder decorativer Reichthum einen Eindruck machen, für den ist
in Siena ausser dem Dom überhaupt nicht viel zu geniessen. Ganz
besonders entzieht sich die mässige Frührenaissance an kleinen Bauten
dem flüchtigen oder abgestumpften Blick.

Es sind hauptsächlich die Baumeister des Aeneas Sylvius Picco-
lomini (Pius II), welche die Heimath des Papstes und deren Umge-
bung zu verschönern unternahmen: Cecco di Giorgio 1) von Siena
und Bernardo Rosellino von Florenz; der letztere hatte schon
für Nicolaus V bedeutende Aufträge ausgeführt. Beide gemeinschaft-
lich schufen das alte Corsignano (seitwärts von der Strasse von Rom
nach Siena, einige Miglien östlich von Torrenieri und S. Quirico), zu
Pienza, zur „Stadt des Pius“ um; dort sollen noch ein grössererb

1) Romagnoli, der die sienesische Kunstgeschichte aus den Urkunden kannte,
unterscheidet einen Maler und Decorator Francesco di Giorgio um 1460
(welchem die Vollendung der vorgebauten Capelle am Pal. pubblico, einige
Ornamente in S. Francesco und die Gemälde in der Academie angehören) von
dem berühmten Baumeister Cecco di Giorgio Martini, den er bis ins XVI. Jahr-
hundert leben lässt. — Milizia nennt den berühmten Baumeister Francesco
und setzt dessen Lebenszeit in die Jahre 1423—1470, wonach ihm wichtige
sienesische Bauten nicht mehr angehören könnten. Rumohr (Ital. Forschun-
gen II, S. 177 ff.) lässt den Francesco di Giorgio nur als Festungsbaumei-
ster gelten und erkennt sonst einzig den herzoglichen Stall zu Urbino als
dessen Werk an. Alle übrigen Gebäude, welche demselben in Pienza, Siena
u. a. a. O. zugeschrieben werden, seien von Bernardo Rosellino, welchem
insbesondere „ein feiner Sinn in der allgemeinen Anlage und vornehmlich in
der Zusammenstellung ganzer Gebäudegruppen“ vindicirt wird. Für den Palast
zu Urbino werden ein Dalmatiner Luciano und der unten vorkommende Bac-
cio Pintelli als Architekten genannt. — Ich bin oben im Text den Annahmen
Romagnoli’s gefolgt ohne desshalb zwischen ihm und Rumohr entscheiden zu
wollen.
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[183/0205] Siena. Cecco di Giorgio und Bern. Rosellino. Ridolfi (Via della Scala 4317), ehemals auch der Familie Ruccellai gehörig, scheint von Alberti’s Bau nichts Bedeutendes mehr erhalten. a Ehe weiter von der florentinischen Architektur die Rede sein kann, müssen wir einen Blick auf Siena werfen, dessen Bauten ge- rade für die Zeit von 1450 an besonders bezeichnend sind. Ich schreibe das Folgende nur für geübte Augen, denn wem nur riesenhafte Mas- sen oder decorativer Reichthum einen Eindruck machen, für den ist in Siena ausser dem Dom überhaupt nicht viel zu geniessen. Ganz besonders entzieht sich die mässige Frührenaissance an kleinen Bauten dem flüchtigen oder abgestumpften Blick. Es sind hauptsächlich die Baumeister des Aeneas Sylvius Picco- lomini (Pius II), welche die Heimath des Papstes und deren Umge- bung zu verschönern unternahmen: Cecco di Giorgio 1) von Siena und Bernardo Rosellino von Florenz; der letztere hatte schon für Nicolaus V bedeutende Aufträge ausgeführt. Beide gemeinschaft- lich schufen das alte Corsignano (seitwärts von der Strasse von Rom nach Siena, einige Miglien östlich von Torrenieri und S. Quirico), zu Pienza, zur „Stadt des Pius“ um; dort sollen noch ein grösserer b 1) Romagnoli, der die sienesische Kunstgeschichte aus den Urkunden kannte, unterscheidet einen Maler und Decorator Francesco di Giorgio um 1460 (welchem die Vollendung der vorgebauten Capelle am Pal. pubblico, einige Ornamente in S. Francesco und die Gemälde in der Academie angehören) von dem berühmten Baumeister Cecco di Giorgio Martini, den er bis ins XVI. Jahr- hundert leben lässt. — Milizia nennt den berühmten Baumeister Francesco und setzt dessen Lebenszeit in die Jahre 1423—1470, wonach ihm wichtige sienesische Bauten nicht mehr angehören könnten. Rumohr (Ital. Forschun- gen II, S. 177 ff.) lässt den Francesco di Giorgio nur als Festungsbaumei- ster gelten und erkennt sonst einzig den herzoglichen Stall zu Urbino als dessen Werk an. Alle übrigen Gebäude, welche demselben in Pienza, Siena u. a. a. O. zugeschrieben werden, seien von Bernardo Rosellino, welchem insbesondere „ein feiner Sinn in der allgemeinen Anlage und vornehmlich in der Zusammenstellung ganzer Gebäudegruppen“ vindicirt wird. Für den Palast zu Urbino werden ein Dalmatiner Luciano und der unten vorkommende Bac- cio Pintelli als Architekten genannt. — Ich bin oben im Text den Annahmen Romagnoli’s gefolgt ohne desshalb zwischen ihm und Rumohr entscheiden zu wollen.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/205>, abgerufen am 04.12.2024.