bild. -- In S. Frediano der neuere Taufbrunnen (als Nische) in dera Nähe des Alten.
Die Weihbecken der lucchesischen Kirchen meist schön.
In Siena empfängt uns die Renaissance gleich beim Eintritt in den Dom mit den beiden marmornen Weihbecken, deren eines vonb Jacopo della Quercia herrührt. (Einen antiken Fuss hat keines von beiden). Es giebt einfach schönere Weihbecken des entwickeltern Styles in andern Kirchen von Toscana, aber keine prachtvollern. Die Aufeinanderfolge von Flachsculpturen, stützenden Statuetten, Festons, Adlern und Wasserthieren als Trägern der Schalen etc. giebt einen wahrhaft reichen und festlichen Eindruck. Die Fische im Innern der Schalen wird man der übergrossen Verzierungslust zu Gute halten 1).
Als eine Familie von Decoratoren in Marmor, und zwar wohl un- abhängig von den gleichzeitigen Architekten, lernt man zunächst die Brüder Marzini kennen, deren Werke in die Jahre um 1500 fallen. Noch etwas alterthümlich: die Steinbank rechts in der Loggia desc Casino de' Nobili, mit besonders schöner Rückseite (vorgeblich nach dem Entwuf Peruzzi's, der aber damals wohl noch zu jung war. Die Bank links ist von einem ältern Meister.) Von höchster Pracht undd Vollendung: die kleine Fronte der Libreria im Dom (mit einem Re-e lief des Urbano von Cortona) und der unvergleichliche Hauptaltar der Kirche Fontegiusta (1517), an welchem nicht bloss die Ornamente der ebengenannten Arbeit vollkommen gleich am Werthe, sondern auch die Figuren von höchster Bedeutung sind. Die Engel und Engel- kinder, der Fries von Greifen, ganz besonders das Relief der Lu- nette -- der todte Christus mit drei Engeln -- gehören zum Schön- sten und Ausdruckvollsten, was die Sculptur der rafaelischen Epoche geschaffen hat. An keinem der damaligen römischen Grabmäler wüsste ich z. B. eine Lunette von diesem Werthe nachzuweisen. -- (In S. Martino soll sich ein anderer sculpirter Altar derselben Meister befinden.
1) So weit ich mich erinnere, ist auch das eine Weihbecken im Dom von Or-* vieto von ähnlichem Styl und Werth.
Pisa. Lucca. Siena.
bild. — In S. Frediano der neuere Taufbrunnen (als Nische) in dera Nähe des Alten.
Die Weihbecken der lucchesischen Kirchen meist schön.
In Siena empfängt uns die Renaissance gleich beim Eintritt in den Dom mit den beiden marmornen Weihbecken, deren eines vonb Jacopo della Quercia herrührt. (Einen antiken Fuss hat keines von beiden). Es giebt einfach schönere Weihbecken des entwickeltern Styles in andern Kirchen von Toscana, aber keine prachtvollern. Die Aufeinanderfolge von Flachsculpturen, stützenden Statuetten, Festons, Adlern und Wasserthieren als Trägern der Schalen etc. giebt einen wahrhaft reichen und festlichen Eindruck. Die Fische im Innern der Schalen wird man der übergrossen Verzierungslust zu Gute halten 1).
Als eine Familie von Decoratoren in Marmor, und zwar wohl un- abhängig von den gleichzeitigen Architekten, lernt man zunächst die Brüder Marzini kennen, deren Werke in die Jahre um 1500 fallen. Noch etwas alterthümlich: die Steinbank rechts in der Loggia desc Casino de’ Nobili, mit besonders schöner Rückseite (vorgeblich nach dem Entwuf Peruzzi’s, der aber damals wohl noch zu jung war. Die Bank links ist von einem ältern Meister.) Von höchster Pracht undd Vollendung: die kleine Fronte der Libreria im Dom (mit einem Re-e lief des Urbano von Cortona) und der unvergleichliche Hauptaltar der Kirche Fontegiusta (1517), an welchem nicht bloss die Ornamente der ebengenannten Arbeit vollkommen gleich am Werthe, sondern auch die Figuren von höchster Bedeutung sind. Die Engel und Engel- kinder, der Fries von Greifen, ganz besonders das Relief der Lu- nette — der todte Christus mit drei Engeln — gehören zum Schön- sten und Ausdruckvollsten, was die Sculptur der rafaelischen Epoche geschaffen hat. An keinem der damaligen römischen Grabmäler wüsste ich z. B. eine Lunette von diesem Werthe nachzuweisen. — (In S. Martino soll sich ein anderer sculpirter Altar derselben Meister befinden.
1) So weit ich mich erinnere, ist auch das eine Weihbecken im Dom von Or-* vieto von ähnlichem Styl und Werth.
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Pisa. Lucca. Siena.
bild. — In S. Frediano der neuere Taufbrunnen (als Nische) in der
Nähe des Alten.
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Die Weihbecken der lucchesischen Kirchen meist schön.
In Siena empfängt uns die Renaissance gleich beim Eintritt in
den Dom mit den beiden marmornen Weihbecken, deren eines von
Jacopo della Quercia herrührt. (Einen antiken Fuss hat keines
von beiden). Es giebt einfach schönere Weihbecken des entwickeltern
Styles in andern Kirchen von Toscana, aber keine prachtvollern. Die
Aufeinanderfolge von Flachsculpturen, stützenden Statuetten, Festons,
Adlern und Wasserthieren als Trägern der Schalen etc. giebt einen
wahrhaft reichen und festlichen Eindruck. Die Fische im Innern der
Schalen wird man der übergrossen Verzierungslust zu Gute halten 1).
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Als eine Familie von Decoratoren in Marmor, und zwar wohl un-
abhängig von den gleichzeitigen Architekten, lernt man zunächst die
Brüder Marzini kennen, deren Werke in die Jahre um 1500 fallen.
Noch etwas alterthümlich: die Steinbank rechts in der Loggia des
Casino de’ Nobili, mit besonders schöner Rückseite (vorgeblich nach
dem Entwuf Peruzzi’s, der aber damals wohl noch zu jung war. Die
Bank links ist von einem ältern Meister.) Von höchster Pracht und
Vollendung: die kleine Fronte der Libreria im Dom (mit einem Re-
lief des Urbano von Cortona) und der unvergleichliche Hauptaltar der
Kirche Fontegiusta (1517), an welchem nicht bloss die Ornamente
der ebengenannten Arbeit vollkommen gleich am Werthe, sondern
auch die Figuren von höchster Bedeutung sind. Die Engel und Engel-
kinder, der Fries von Greifen, ganz besonders das Relief der Lu-
nette — der todte Christus mit drei Engeln — gehören zum Schön-
sten und Ausdruckvollsten, was die Sculptur der rafaelischen Epoche
geschaffen hat. An keinem der damaligen römischen Grabmäler wüsste
ich z. B. eine Lunette von diesem Werthe nachzuweisen. — (In
S. Martino soll sich ein anderer sculpirter Altar derselben Meister
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vieto von ähnlichem Styl und Werth.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/261>, abgerufen am 05.12.2024.
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