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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Renaissance-Decoration. Stein und Metall.

Mehr durch seine Ornamente und Proportionen im reinsten Styl der
Blüthezeit als durch seine (zum Theil auch sehr guten und als Jugend-
aarbeiten Michelangelo's geltenden) Figuren behauptet der grosse Altar
Piccolomini im Dom (linkes Seitenschiff, zunächst vor der Fronte der
Libreria) eine classische S telle unter den damaligen Zierbauten. Als
Meister wird ein gewesener Andrea Fusina von Mailand genannt,
der das Werk in Rom gearbeitet haben soll. Ein Triumphbogen um-
giebt die Nische, in welcher sich der zierliche Altar erhebt. (Dem-
bselben Andrea soll auch das schöne Denkmal des Erzbischofes Birago
in der Passione zu Mailand, hinten rechts, angehören.)

Sodann hat Baldassare Peruzzi in der aus Stucco bestehen-
cden Wandbekleidung der runden Capelle San Giovanni (im Dom, lin-
kes Seitenschiff) den besten Geschmack in der Verzierungsweise der
Blüthezeit bekundet. Er hatte die Sculpturen des Neroccio, die Fres-
ken Pinturicchio's einzurahmen und zugleich den Organismus seines
Baues zu behaupten. (Die Kuppel leider später; das Portal ein pomp-
haftes und überladenes Werk, schwerlich nach Peruzzi's Erfindung.)

Von einfachern Altareinfassungen enthält z. B. S. Domenico zwei.
In der Regel hat der Barockstyl mit seinen weit und schattig vortre-
tenden Säulen und Giebeln diese mässigen, flachen Pilasterarchitek-
turen verdrängt oder verdunkelt. -- Reich, aber schon von zweideu-
dtigem Styl: die Treppe zur Kanzel im Dom.

Ausserdem ist Siena classisch für die bronzenen oder eisernen
Fahnenhalter und Fackelhalter mit Ringen, welche im XV. Jahrhun-
dert an den toscanischen Palästen angebracht wurden. Zwar über-
treffen die genannten Laternen am Palast Strozzi in Florenz an Ruhm
ealles von dieser Gattung, doch dürften diejenigen am Palazzo del
Magnifico zu Siena (1504), von Ant. Marzini, ihnen im Styl über-
legen sein, wie sie denn zu den schönsten Erzzierrathen der Renais-
fsance gehören; eherne auch an Pal. della Ciaja; an den übrigen
Palästen (auch Piccolomini) ist das Mate rial meist Eisen. -- Es ist
nicht bloss die Schönheit des einzelnen Stückes, mit seinen Akanthus-
blättern und seinen energischen Profilen, was uns diese Kleinigkeiten
werth macht, sondern viel mehr der Rückschluss auf den Humor und
die echte Prachtliebe jener Zeit, die Monumentales verlangte in Fäl-
len, wo wir uns mit dem Flitter des Augenblickes zufrieden geben.

Renaissance-Decoration. Stein und Metall.

Mehr durch seine Ornamente und Proportionen im reinsten Styl der
Blüthezeit als durch seine (zum Theil auch sehr guten und als Jugend-
aarbeiten Michelangelo’s geltenden) Figuren behauptet der grosse Altar
Piccolomini im Dom (linkes Seitenschiff, zunächst vor der Fronte der
Libreria) eine classische S telle unter den damaligen Zierbauten. Als
Meister wird ein gewesener Andrea Fusina von Mailand genannt,
der das Werk in Rom gearbeitet haben soll. Ein Triumphbogen um-
giebt die Nische, in welcher sich der zierliche Altar erhebt. (Dem-
bselben Andrea soll auch das schöne Denkmal des Erzbischofes Birago
in der Passione zu Mailand, hinten rechts, angehören.)

Sodann hat Baldassare Peruzzi in der aus Stucco bestehen-
cden Wandbekleidung der runden Capelle San Giovanni (im Dom, lin-
kes Seitenschiff) den besten Geschmack in der Verzierungsweise der
Blüthezeit bekundet. Er hatte die Sculpturen des Neroccio, die Fres-
ken Pinturicchio’s einzurahmen und zugleich den Organismus seines
Baues zu behaupten. (Die Kuppel leider später; das Portal ein pomp-
haftes und überladenes Werk, schwerlich nach Peruzzi’s Erfindung.)

Von einfachern Altareinfassungen enthält z. B. S. Domenico zwei.
In der Regel hat der Barockstyl mit seinen weit und schattig vortre-
tenden Säulen und Giebeln diese mässigen, flachen Pilasterarchitek-
turen verdrängt oder verdunkelt. — Reich, aber schon von zweideu-
dtigem Styl: die Treppe zur Kanzel im Dom.

Ausserdem ist Siena classisch für die bronzenen oder eisernen
Fahnenhalter und Fackelhalter mit Ringen, welche im XV. Jahrhun-
dert an den toscanischen Palästen angebracht wurden. Zwar über-
treffen die genannten Laternen am Palast Strozzi in Florenz an Ruhm
ealles von dieser Gattung, doch dürften diejenigen am Palazzo del
Magnifico zu Siena (1504), von Ant. Marzini, ihnen im Styl über-
legen sein, wie sie denn zu den schönsten Erzzierrathen der Renais-
fsance gehören; eherne auch an Pal. della Ciaja; an den übrigen
Palästen (auch Piccolomini) ist das Mate rial meist Eisen. — Es ist
nicht bloss die Schönheit des einzelnen Stückes, mit seinen Akanthus-
blättern und seinen energischen Profilen, was uns diese Kleinigkeiten
werth macht, sondern viel mehr der Rückschluss auf den Humor und
die echte Prachtliebe jener Zeit, die Monumentales verlangte in Fäl-
len, wo wir uns mit dem Flitter des Augenblickes zufrieden geben.

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[240/0262] Renaissance-Decoration. Stein und Metall. Mehr durch seine Ornamente und Proportionen im reinsten Styl der Blüthezeit als durch seine (zum Theil auch sehr guten und als Jugend- arbeiten Michelangelo’s geltenden) Figuren behauptet der grosse Altar Piccolomini im Dom (linkes Seitenschiff, zunächst vor der Fronte der Libreria) eine classische S telle unter den damaligen Zierbauten. Als Meister wird ein gewesener Andrea Fusina von Mailand genannt, der das Werk in Rom gearbeitet haben soll. Ein Triumphbogen um- giebt die Nische, in welcher sich der zierliche Altar erhebt. (Dem- selben Andrea soll auch das schöne Denkmal des Erzbischofes Birago in der Passione zu Mailand, hinten rechts, angehören.) a b Sodann hat Baldassare Peruzzi in der aus Stucco bestehen- den Wandbekleidung der runden Capelle San Giovanni (im Dom, lin- kes Seitenschiff) den besten Geschmack in der Verzierungsweise der Blüthezeit bekundet. Er hatte die Sculpturen des Neroccio, die Fres- ken Pinturicchio’s einzurahmen und zugleich den Organismus seines Baues zu behaupten. (Die Kuppel leider später; das Portal ein pomp- haftes und überladenes Werk, schwerlich nach Peruzzi’s Erfindung.) c Von einfachern Altareinfassungen enthält z. B. S. Domenico zwei. In der Regel hat der Barockstyl mit seinen weit und schattig vortre- tenden Säulen und Giebeln diese mässigen, flachen Pilasterarchitek- turen verdrängt oder verdunkelt. — Reich, aber schon von zweideu- tigem Styl: die Treppe zur Kanzel im Dom. d Ausserdem ist Siena classisch für die bronzenen oder eisernen Fahnenhalter und Fackelhalter mit Ringen, welche im XV. Jahrhun- dert an den toscanischen Palästen angebracht wurden. Zwar über- treffen die genannten Laternen am Palast Strozzi in Florenz an Ruhm alles von dieser Gattung, doch dürften diejenigen am Palazzo del Magnifico zu Siena (1504), von Ant. Marzini, ihnen im Styl über- legen sein, wie sie denn zu den schönsten Erzzierrathen der Renais- sance gehören; eherne auch an Pal. della Ciaja; an den übrigen Palästen (auch Piccolomini) ist das Mate rial meist Eisen. — Es ist nicht bloss die Schönheit des einzelnen Stückes, mit seinen Akanthus- blättern und seinen energischen Profilen, was uns diese Kleinigkeiten werth macht, sondern viel mehr der Rückschluss auf den Humor und die echte Prachtliebe jener Zeit, die Monumentales verlangte in Fäl- len, wo wir uns mit dem Flitter des Augenblickes zufrieden geben. e f

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/262>, abgerufen am 05.12.2024.