die Sage nicht ermangelt hat, sogar ihn persönlich zum Geschirrmaler zu machen. (Einer der Urbinaten dieses Kunstzweiges hiess überdiess Raffaele Ciarla, was Spätere unrichtig verstanden.) Auch Gio. Batt. Franco lieferte viele Zeichnungen. Unseres Erachtens ist indess das Ornament bei Weitem das Wichtigere, sowohl die kecke plastische Bildung des Gefässes selbst mit Thierfüssen, Fruchtschnüren, Muschel- profilen etc., als die aufgemalten Zierrathen. Für die letztern war die Beschränkung in den Farben offenbar eine jener wohlthätigen Schran- ken, welche das Entstehen eines festen und sichern Styles begünstigen. Das schon etwas vorgerückte XVI. Jahrhundert verräth sich allerdings in einzelnen barocken Formen, allein im Ganzen ist das Ornament doch vom besten dieser Zeit (namentlich wo es zart und dünn auf einem vorherrschenden weissen Grunde steht).
Was giebt diesen einfachen Geschirren einen solchen Werth? unsere jetzige Fabrication liefert ja ihre Sachen viel sauberer und raffinirter. -- Die Majoliken sind eben keine Fabricate, sondern Hand- arbeit, aus einer Zeit allverbreiteten Formgefühls; in jeder Scherbe lebt ein Funke persönlicher Theilnahme und Anstrengung. Sodann sind sie wirkliche Gefässe; das Schreibzeug (es giebt deren sehr schöne) will keinen Altar, die Butterbüchse kein Grabdenkmal vor- stellen.
a
Im Museum von Neapel (a. a. O.) ist auch noch das einfach prächtige Service des Cardinals Alessandro Farnese (blau mit auf- gemalten Goldornamenten) zu beachten.
Von der gemalten Decoration endlich und von ihren wich- tigsten Leistungen muss hier in einigem Zusammenhang die Rede sein. (Der Verfasser bedauert, diesem Capitel aus Mangel an Kenntnissen bei weitem nicht die wünschbare Reichhaltigkeit geben zu können.)
Die Gattung als solche ruht hauptsächlich auf den Schultern eini- ger grossen Historienmaler, deren Sache sie auch in Zukunft sein und immer wieder werden wird. Alle blossen Decoratoren, welches auch ihr Schick und ihre Keckheit sein möge, können sie auf die Länge
Renaissance-Decoration. Majoliken.
die Sage nicht ermangelt hat, sogar ihn persönlich zum Geschirrmaler zu machen. (Einer der Urbinaten dieses Kunstzweiges hiess überdiess Raffaele Ciarla, was Spätere unrichtig verstanden.) Auch Gio. Batt. Franco lieferte viele Zeichnungen. Unseres Erachtens ist indess das Ornament bei Weitem das Wichtigere, sowohl die kecke plastische Bildung des Gefässes selbst mit Thierfüssen, Fruchtschnüren, Muschel- profilen etc., als die aufgemalten Zierrathen. Für die letztern war die Beschränkung in den Farben offenbar eine jener wohlthätigen Schran- ken, welche das Entstehen eines festen und sichern Styles begünstigen. Das schon etwas vorgerückte XVI. Jahrhundert verräth sich allerdings in einzelnen barocken Formen, allein im Ganzen ist das Ornament doch vom besten dieser Zeit (namentlich wo es zart und dünn auf einem vorherrschenden weissen Grunde steht).
Was giebt diesen einfachen Geschirren einen solchen Werth? unsere jetzige Fabrication liefert ja ihre Sachen viel sauberer und raffinirter. — Die Majoliken sind eben keine Fabricate, sondern Hand- arbeit, aus einer Zeit allverbreiteten Formgefühls; in jeder Scherbe lebt ein Funke persönlicher Theilnahme und Anstrengung. Sodann sind sie wirkliche Gefässe; das Schreibzeug (es giebt deren sehr schöne) will keinen Altar, die Butterbüchse kein Grabdenkmal vor- stellen.
a
Im Museum von Neapel (a. a. O.) ist auch noch das einfach prächtige Service des Cardinals Alessandro Farnese (blau mit auf- gemalten Goldornamenten) zu beachten.
Von der gemalten Decoration endlich und von ihren wich- tigsten Leistungen muss hier in einigem Zusammenhang die Rede sein. (Der Verfasser bedauert, diesem Capitel aus Mangel an Kenntnissen bei weitem nicht die wünschbare Reichhaltigkeit geben zu können.)
Die Gattung als solche ruht hauptsächlich auf den Schultern eini- ger grossen Historienmaler, deren Sache sie auch in Zukunft sein und immer wieder werden wird. Alle blossen Decoratoren, welches auch ihr Schick und ihre Keckheit sein möge, können sie auf die Länge
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0298"n="276"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Renaissance-Decoration. Majoliken.</hi></fw><lb/>
die Sage nicht ermangelt hat, sogar ihn persönlich zum Geschirrmaler<lb/>
zu machen. (Einer der Urbinaten dieses Kunstzweiges hiess überdiess<lb/>
Raffaele Ciarla, was Spätere unrichtig verstanden.) Auch Gio. Batt.<lb/>
Franco lieferte viele Zeichnungen. Unseres Erachtens ist indess das<lb/>
Ornament bei Weitem das Wichtigere, sowohl die kecke plastische<lb/>
Bildung des Gefässes selbst mit Thierfüssen, Fruchtschnüren, Muschel-<lb/>
profilen etc., als die aufgemalten Zierrathen. Für die letztern war die<lb/>
Beschränkung in den Farben offenbar eine jener wohlthätigen Schran-<lb/>
ken, welche das Entstehen eines festen und sichern Styles begünstigen.<lb/>
Das schon etwas vorgerückte XVI. Jahrhundert verräth sich allerdings<lb/>
in einzelnen barocken Formen, allein im Ganzen ist das Ornament<lb/>
doch vom besten dieser Zeit (namentlich wo es zart und dünn auf<lb/>
einem vorherrschenden weissen Grunde steht).</p><lb/><p>Was giebt diesen einfachen Geschirren einen solchen Werth?<lb/>
unsere jetzige Fabrication liefert ja ihre Sachen viel sauberer und<lb/>
raffinirter. — Die Majoliken sind eben keine Fabricate, sondern Hand-<lb/>
arbeit, aus einer Zeit allverbreiteten Formgefühls; in jeder Scherbe<lb/>
lebt ein Funke persönlicher Theilnahme und Anstrengung. Sodann<lb/>
sind sie wirkliche Gefässe; das Schreibzeug (es giebt deren sehr<lb/>
schöne) will keinen Altar, die Butterbüchse kein Grabdenkmal vor-<lb/>
stellen.</p><lb/><noteplace="left">a</note><p>Im Museum von Neapel (a. a. O.) ist auch noch das einfach<lb/>
prächtige Service des Cardinals Alessandro Farnese (blau mit auf-<lb/>
gemalten Goldornamenten) zu beachten.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Von der <hirendition="#g">gemalten Decoration</hi> endlich und von ihren wich-<lb/>
tigsten Leistungen muss hier in einigem Zusammenhang die Rede sein.<lb/>
(Der Verfasser bedauert, diesem Capitel aus Mangel an Kenntnissen<lb/>
bei weitem nicht die wünschbare Reichhaltigkeit geben zu können.)</p><lb/><p>Die Gattung als solche ruht hauptsächlich auf den Schultern eini-<lb/>
ger grossen Historienmaler, deren Sache sie auch in Zukunft sein und<lb/>
immer wieder werden wird. Alle blossen Decoratoren, welches auch<lb/>
ihr Schick und ihre Keckheit sein möge, können sie auf die Länge<lb/></p></div></body></text></TEI>
[276/0298]
Renaissance-Decoration. Majoliken.
die Sage nicht ermangelt hat, sogar ihn persönlich zum Geschirrmaler
zu machen. (Einer der Urbinaten dieses Kunstzweiges hiess überdiess
Raffaele Ciarla, was Spätere unrichtig verstanden.) Auch Gio. Batt.
Franco lieferte viele Zeichnungen. Unseres Erachtens ist indess das
Ornament bei Weitem das Wichtigere, sowohl die kecke plastische
Bildung des Gefässes selbst mit Thierfüssen, Fruchtschnüren, Muschel-
profilen etc., als die aufgemalten Zierrathen. Für die letztern war die
Beschränkung in den Farben offenbar eine jener wohlthätigen Schran-
ken, welche das Entstehen eines festen und sichern Styles begünstigen.
Das schon etwas vorgerückte XVI. Jahrhundert verräth sich allerdings
in einzelnen barocken Formen, allein im Ganzen ist das Ornament
doch vom besten dieser Zeit (namentlich wo es zart und dünn auf
einem vorherrschenden weissen Grunde steht).
Was giebt diesen einfachen Geschirren einen solchen Werth?
unsere jetzige Fabrication liefert ja ihre Sachen viel sauberer und
raffinirter. — Die Majoliken sind eben keine Fabricate, sondern Hand-
arbeit, aus einer Zeit allverbreiteten Formgefühls; in jeder Scherbe
lebt ein Funke persönlicher Theilnahme und Anstrengung. Sodann
sind sie wirkliche Gefässe; das Schreibzeug (es giebt deren sehr
schöne) will keinen Altar, die Butterbüchse kein Grabdenkmal vor-
stellen.
Im Museum von Neapel (a. a. O.) ist auch noch das einfach
prächtige Service des Cardinals Alessandro Farnese (blau mit auf-
gemalten Goldornamenten) zu beachten.
Von der gemalten Decoration endlich und von ihren wich-
tigsten Leistungen muss hier in einigem Zusammenhang die Rede sein.
(Der Verfasser bedauert, diesem Capitel aus Mangel an Kenntnissen
bei weitem nicht die wünschbare Reichhaltigkeit geben zu können.)
Die Gattung als solche ruht hauptsächlich auf den Schultern eini-
ger grossen Historienmaler, deren Sache sie auch in Zukunft sein und
immer wieder werden wird. Alle blossen Decoratoren, welches auch
ihr Schick und ihre Keckheit sein möge, können sie auf die Länge
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/298>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.