ken, ja nur an Palladio's Basilica zu Vicenza. Immerhin ist es eine der glänzendsten Doppelhallen auf Erden, wenn nicht die glänzendste.
Die Bewunderung war denn auch so gross, dass später (1584) Scamozzi zum Bau seiner "neuen Procurazien", welche von dera Biblioteca aus den Marcusplatz entlang gehen, geradezu das Motiv dieser letztern wiederholte. Zum Unglück aber bedurfte sein Bau eines dritten Stockwerkes, welches er aus eigener Macht hinzu com- ponirte. Kein Zeitgenosse hätte etwas viel Besseres hingesetzt; aber man durfte auf Sansovins Halle überhaupt nichts setzen, da ihr de- corativer Sinn mit den beiden Stockwerken vollkommen abgeschlossen ist. -- Die zweite Fortsetzung, auf der Seite gegenüber S. Marco, (zum Theil an der Stelle der demolirten Kirche S. Geminiano) ist in ihrer jetzigen Gestalt aus der Zeit Napoleons. (Von Soli, der indess nicht ganz dafür verantwortlich ist.) -- Als das anerkannte Prachtstück von Venedig übte der Bau Sansovins eine dauernde Herrschaft über die Phantasie der Spätern aus. Es ist nicht schwer, denselben, mit einem Erdgeschoss von facettirter Rustica vermehrt, wieder zu erkennen, z. B. in der reichen und mächtigen Fassade von Pal. Pesaro am Canal grandeb (schief gegenüber von Ca Doro), erbaut von Longhena (um 1650); ebenso in dem Pal. Rezzonico desselben Architekten, mit einem Erd-c geschoss von Rustica mit Säulen. Schon Scamozzi hatte in den etwas öden Formen seines Pal. Contarini dagli Scrigni eine Art von Repro-d duction versucht. (Beide letztgenannten Paläste am Canal grande links nicht weit von Pal. Foscari.)
Selbst an Kirchen kehrt jene für unübertrefflich gehaltene Anord- nung von Wandsäulen und Fenstersäulen in zwei Stockwerken noch ganz spät wieder. So an S. Maria Zobenigo, 1680 von Sardi er-e baut, der sein Vorbild an erstickendem Reichthum zu übertreffen wusste. (Die Wandsäulen verdoppelt; die Piedestale oben mit See- schlachten, unten mit Festungsplänen in Relief bedeckt.)
Die übrigen Paläste Sansovin's sind wenig mehr als Umkleidungen der venezianischen Renaissance mit seinen strengern Formen. So Pal.f Manin, unweit vom Rialto, u. a. m.
Die Biblioteca und ihre Nachahmungen.
ken, ja nur an Palladio’s Basilica zu Vicenza. Immerhin ist es eine der glänzendsten Doppelhallen auf Erden, wenn nicht die glänzendste.
Die Bewunderung war denn auch so gross, dass später (1584) Scamozzi zum Bau seiner „neuen Procurazien“, welche von dera Biblioteca aus den Marcusplatz entlang gehen, geradezu das Motiv dieser letztern wiederholte. Zum Unglück aber bedurfte sein Bau eines dritten Stockwerkes, welches er aus eigener Macht hinzu com- ponirte. Kein Zeitgenosse hätte etwas viel Besseres hingesetzt; aber man durfte auf Sansovins Halle überhaupt nichts setzen, da ihr de- corativer Sinn mit den beiden Stockwerken vollkommen abgeschlossen ist. — Die zweite Fortsetzung, auf der Seite gegenüber S. Marco, (zum Theil an der Stelle der demolirten Kirche S. Geminiano) ist in ihrer jetzigen Gestalt aus der Zeit Napoleons. (Von Soli, der indess nicht ganz dafür verantwortlich ist.) — Als das anerkannte Prachtstück von Venedig übte der Bau Sansovins eine dauernde Herrschaft über die Phantasie der Spätern aus. Es ist nicht schwer, denselben, mit einem Erdgeschoss von facettirter Rustica vermehrt, wieder zu erkennen, z. B. in der reichen und mächtigen Fassade von Pal. Pesaro am Canal grandeb (schief gegenüber von Ca Doro), erbaut von Longhena (um 1650); ebenso in dem Pal. Rezzonico desselben Architekten, mit einem Erd-c geschoss von Rustica mit Säulen. Schon Scamozzi hatte in den etwas öden Formen seines Pal. Contarini dagli Scrigni eine Art von Repro-d duction versucht. (Beide letztgenannten Paläste am Canal grande links nicht weit von Pal. Foscari.)
Selbst an Kirchen kehrt jene für unübertrefflich gehaltene Anord- nung von Wandsäulen und Fenstersäulen in zwei Stockwerken noch ganz spät wieder. So an S. Maria Zobenigo, 1680 von Sardi er-e baut, der sein Vorbild an erstickendem Reichthum zu übertreffen wusste. (Die Wandsäulen verdoppelt; die Piedestale oben mit See- schlachten, unten mit Festungsplänen in Relief bedeckt.)
Die übrigen Paläste Sansovin’s sind wenig mehr als Umkleidungen der venezianischen Renaissance mit seinen strengern Formen. So Pal.f Manin, unweit vom Rialto, u. a. m.
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Die Biblioteca und ihre Nachahmungen.
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der glänzendsten Doppelhallen auf Erden, wenn nicht die glänzendste.
Die Bewunderung war denn auch so gross, dass später (1584)
Scamozzi zum Bau seiner „neuen Procurazien“, welche von der
Biblioteca aus den Marcusplatz entlang gehen, geradezu das Motiv
dieser letztern wiederholte. Zum Unglück aber bedurfte sein Bau
eines dritten Stockwerkes, welches er aus eigener Macht hinzu com-
ponirte. Kein Zeitgenosse hätte etwas viel Besseres hingesetzt; aber
man durfte auf Sansovins Halle überhaupt nichts setzen, da ihr de-
corativer Sinn mit den beiden Stockwerken vollkommen abgeschlossen
ist. — Die zweite Fortsetzung, auf der Seite gegenüber S. Marco,
(zum Theil an der Stelle der demolirten Kirche S. Geminiano) ist in
ihrer jetzigen Gestalt aus der Zeit Napoleons. (Von Soli, der indess
nicht ganz dafür verantwortlich ist.) — Als das anerkannte Prachtstück
von Venedig übte der Bau Sansovins eine dauernde Herrschaft über die
Phantasie der Spätern aus. Es ist nicht schwer, denselben, mit einem
Erdgeschoss von facettirter Rustica vermehrt, wieder zu erkennen, z. B. in
der reichen und mächtigen Fassade von Pal. Pesaro am Canal grande
(schief gegenüber von Ca Doro), erbaut von Longhena (um 1650);
ebenso in dem Pal. Rezzonico desselben Architekten, mit einem Erd-
geschoss von Rustica mit Säulen. Schon Scamozzi hatte in den etwas
öden Formen seines Pal. Contarini dagli Scrigni eine Art von Repro-
duction versucht. (Beide letztgenannten Paläste am Canal grande links
nicht weit von Pal. Foscari.)
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nung von Wandsäulen und Fenstersäulen in zwei Stockwerken noch
ganz spät wieder. So an S. Maria Zobenigo, 1680 von Sardi er-
baut, der sein Vorbild an erstickendem Reichthum zu übertreffen
wusste. (Die Wandsäulen verdoppelt; die Piedestale oben mit See-
schlachten, unten mit Festungsplänen in Relief bedeckt.)
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/349>, abgerufen am 05.12.2024.
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