mit Fruchtschnüren und Masken ausgefüllt wurden. Nirgends mehr hat sich Michelangelo so völlig dem Alterthum angeschlossen; hier lag die Genialität darin, sich unterzuordnen. (Die hässlichen Doppelgesimse in den Hallen kommen wohl noch auf Sangallo's Rechnung S. 315, f.) Das oberste Stockwerk des Hofes scheint von Giacomo della Porta hinzugefügt. Als dieser die Loggia an der Hinterseite des Palastes zu bauen hatte, wusste er keinen andern Rath, als das grandiose Motiv von Michelangelo's Hofe nach aussen zu wiederholen, und er that wohl daran, nur hätte er das Gesimse mit den anstossenden Stücken des grossen Gesimses nicht so vermitteln dürfen. -- Die grandiose Absicht, den Blick aus dem Hofe zu einem architektoni- schen Durchblick bis an die Longara zu erweitern, blieb ohne Folge.
a
Aus den letzten Lebensjahren Michelangelo's rührt sodann Porta Pia her. (Der Oberbau erst neuerlich und wohl nicht genau nach seiner Absicht vollendet.) Ein verrufenes Gebäude, scheinbar reine Caprice; aber ein inneres Gesetz, das der Meister sich selber schafft, lebt in den Verhältnissen und in der örtlichen Wirkung der an sich ganz willkürlichen Einzelformen. Diese Fenster, dieser starkschattige Thorgiebel u. s. w. geben mit den Hauptlinien zusammen ein Ganzes, das man auf den ersten Blick nur einem grossen, wenn auch verirrten Künstler zutrauen wird. Innerhalb der Willkür herrscht eine Ent- schiedenheit, welche fast Nothwendigkeit scheint.
b
Der Umbau der Diocletiansthermen zur Kirche S. Maria degli Angeli ist durch einen neuen Umbau des vorigen Jahrhunderts un- kenntlich geworden. Erhalten blieb jedoch in dem dazu gehörenden Carthäuserkloster der einfache hundertsäulige Gartenhof, dessen mitt- lere Cypressen sogar von Michelangelo gepflanzt sein sollen. Die für den Orden traditionelle Anlage findet sich, wenn auch nicht in der- selben Ausdehnung, mehrfach wieder, aber dann mit reichem Detail, das zu der Gesammtwirkung gar keine Beziehung hat. (Aufgemalte cOrnamente am Gartenhof der Certosa bei Florenz, plastische an dem dvon S. Martino in Neapel.) Hier ist nur gegeben, was zum Ganzen beiträgt.
Auch die jetzige Anordnung und zum Theil auch die Gestalt der capitolinischen Bauten rührt von Michelangelo her. So wie sie sind, entsprechen sie gewiss nicht seinem ursprünglichen Gedanken,
Hochrenaissance. Michelangelo. Rom.
mit Fruchtschnüren und Masken ausgefüllt wurden. Nirgends mehr hat sich Michelangelo so völlig dem Alterthum angeschlossen; hier lag die Genialität darin, sich unterzuordnen. (Die hässlichen Doppelgesimse in den Hallen kommen wohl noch auf Sangallo’s Rechnung S. 315, f.) Das oberste Stockwerk des Hofes scheint von Giacomo della Porta hinzugefügt. Als dieser die Loggia an der Hinterseite des Palastes zu bauen hatte, wusste er keinen andern Rath, als das grandiose Motiv von Michelangelo’s Hofe nach aussen zu wiederholen, und er that wohl daran, nur hätte er das Gesimse mit den anstossenden Stücken des grossen Gesimses nicht so vermitteln dürfen. — Die grandiose Absicht, den Blick aus dem Hofe zu einem architektoni- schen Durchblick bis an die Longara zu erweitern, blieb ohne Folge.
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Aus den letzten Lebensjahren Michelangelo’s rührt sodann Porta Pia her. (Der Oberbau erst neuerlich und wohl nicht genau nach seiner Absicht vollendet.) Ein verrufenes Gebäude, scheinbar reine Caprice; aber ein inneres Gesetz, das der Meister sich selber schafft, lebt in den Verhältnissen und in der örtlichen Wirkung der an sich ganz willkürlichen Einzelformen. Diese Fenster, dieser starkschattige Thorgiebel u. s. w. geben mit den Hauptlinien zusammen ein Ganzes, das man auf den ersten Blick nur einem grossen, wenn auch verirrten Künstler zutrauen wird. Innerhalb der Willkür herrscht eine Ent- schiedenheit, welche fast Nothwendigkeit scheint.
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Der Umbau der Diocletiansthermen zur Kirche S. Maria degli Angeli ist durch einen neuen Umbau des vorigen Jahrhunderts un- kenntlich geworden. Erhalten blieb jedoch in dem dazu gehörenden Carthäuserkloster der einfache hundertsäulige Gartenhof, dessen mitt- lere Cypressen sogar von Michelangelo gepflanzt sein sollen. Die für den Orden traditionelle Anlage findet sich, wenn auch nicht in der- selben Ausdehnung, mehrfach wieder, aber dann mit reichem Detail, das zu der Gesammtwirkung gar keine Beziehung hat. (Aufgemalte cOrnamente am Gartenhof der Certosa bei Florenz, plastische an dem dvon S. Martino in Neapel.) Hier ist nur gegeben, was zum Ganzen beiträgt.
Auch die jetzige Anordnung und zum Theil auch die Gestalt der capitolinischen Bauten rührt von Michelangelo her. So wie sie sind, entsprechen sie gewiss nicht seinem ursprünglichen Gedanken,
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[332/0354]
Hochrenaissance. Michelangelo. Rom.
mit Fruchtschnüren und Masken ausgefüllt wurden. Nirgends mehr hat
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Genialität darin, sich unterzuordnen. (Die hässlichen Doppelgesimse
in den Hallen kommen wohl noch auf Sangallo’s Rechnung S. 315, f.)
Das oberste Stockwerk des Hofes scheint von Giacomo della Porta
hinzugefügt. Als dieser die Loggia an der Hinterseite des Palastes
zu bauen hatte, wusste er keinen andern Rath, als das grandiose
Motiv von Michelangelo’s Hofe nach aussen zu wiederholen, und er
that wohl daran, nur hätte er das Gesimse mit den anstossenden
Stücken des grossen Gesimses nicht so vermitteln dürfen. — Die
grandiose Absicht, den Blick aus dem Hofe zu einem architektoni-
schen Durchblick bis an die Longara zu erweitern, blieb ohne Folge.
Aus den letzten Lebensjahren Michelangelo’s rührt sodann Porta
Pia her. (Der Oberbau erst neuerlich und wohl nicht genau nach
seiner Absicht vollendet.) Ein verrufenes Gebäude, scheinbar reine
Caprice; aber ein inneres Gesetz, das der Meister sich selber schafft,
lebt in den Verhältnissen und in der örtlichen Wirkung der an sich
ganz willkürlichen Einzelformen. Diese Fenster, dieser starkschattige
Thorgiebel u. s. w. geben mit den Hauptlinien zusammen ein Ganzes,
das man auf den ersten Blick nur einem grossen, wenn auch verirrten
Künstler zutrauen wird. Innerhalb der Willkür herrscht eine Ent-
schiedenheit, welche fast Nothwendigkeit scheint.
Der Umbau der Diocletiansthermen zur Kirche S. Maria degli
Angeli ist durch einen neuen Umbau des vorigen Jahrhunderts un-
kenntlich geworden. Erhalten blieb jedoch in dem dazu gehörenden
Carthäuserkloster der einfache hundertsäulige Gartenhof, dessen mitt-
lere Cypressen sogar von Michelangelo gepflanzt sein sollen. Die für
den Orden traditionelle Anlage findet sich, wenn auch nicht in der-
selben Ausdehnung, mehrfach wieder, aber dann mit reichem Detail,
das zu der Gesammtwirkung gar keine Beziehung hat. (Aufgemalte
Ornamente am Gartenhof der Certosa bei Florenz, plastische an dem
von S. Martino in Neapel.) Hier ist nur gegeben, was zum Ganzen
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/354>, abgerufen am 05.12.2024.
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