Silen mit dem Schlauch, hinter welchem ein Bäumchen zwei Lampen trug; ein Amor auf einem Delphin, über dessen Schweif die Lampe aschwebte, u. s. w. (Ein Candelaberfuss in den Uffizien, 10. Schrank, besteht aus drei zusammenspringenden Luchsen mit Masken dazwischen.)
Die Füsse der Geräthe sind ideale und dabei höchst kräftige, doch -- dem Stoffe gemäss -- leichte Thierfüsse, welche die Zehen des Löwen mit dem schlanken Fussbau des Rehes vereinigen. Wie frei die Alten mit solchen Bildungen umgingen, zeigt der herrliche Altar des dritten Zimmers, dessen drei Thierfüsse über einem Absatz ebensoviele Sphinxe und hinter diesen Blumenstengel tragen, auf welchen dann die runde Platte mit ihrem Fries von Stierköpfen und Guirlanden ruht; unter sich sind die Füsse durch schöne, schwungreiche Pflanzenbildungen verbunden.
An den meist aus Pompeji stammenden Helmen und Harnischen b(viertes Zimmer) findet sich theilweise ein reicher, prachtvoller Relief- schmuck. Die ganzen Figuren und Geschichten, z. B. verschiedene Scenen der Einnahme von Ilion, sind mit Recht dem Helm vorbehal- ten, während Arm- und Beinschienen mit Ausnahme einer vorn ange- brachten ganzen Götterfigur nur Masken, Adler, Arabesken, Füllhör- ner etc. darbieten. Andere Helme, von roherer römischer Ausführung, enthalten bloss Trophäen, Köpfe von Göttern u. dgl. An einem schön griechischen Brustharnisch (aus Pästum?) wird man das Haupt der Pallas Athene finden. -- Die archäologische Bedeutung dieser beträcht- lichen Sammlung von Waffen, Pferdezeug u. dgl. darf hier nicht weiter erörtert werden; genug, dass auch in diesen Werkzeugen des Krieges cdie schöne antike Formenbildung sich nicht vorläugnet. (Im Museo patrio zu Brescia der figurirte Brustschild eines Pferdes.)
Im Ganzen darf man immer von Neuem sich wundern, dass ein Volk, welches seine Zierformen so leicht und meisterhaft bildete, doch fast durchgängig Maass hielt und des Guten nicht zu viel that. Es genügt ein vergleichender Blick auf die Renaissance, die sich dessen nicht rühmen kann, die ihre tragenden Theile im Styl der Flächen verzierte und an ihren Gefässen vollends nur eine angenehme Pracht erstrebte, ohne auf eine lebendige Entwicklung bedacht zu sein. Wie gerne verzeiht man daneben den Pompejanern, wenn sie das Gewicht an ihrer (römischen) Wage als Satyrskopf, als Haupt des Handels-
Antike Decoration. Eherne Geräthe.
Silen mit dem Schlauch, hinter welchem ein Bäumchen zwei Lampen trug; ein Amor auf einem Delphin, über dessen Schweif die Lampe aschwebte, u. s. w. (Ein Candelaberfuss in den Uffizien, 10. Schrank, besteht aus drei zusammenspringenden Luchsen mit Masken dazwischen.)
Die Füsse der Geräthe sind ideale und dabei höchst kräftige, doch — dem Stoffe gemäss — leichte Thierfüsse, welche die Zehen des Löwen mit dem schlanken Fussbau des Rehes vereinigen. Wie frei die Alten mit solchen Bildungen umgingen, zeigt der herrliche Altar des dritten Zimmers, dessen drei Thierfüsse über einem Absatz ebensoviele Sphinxe und hinter diesen Blumenstengel tragen, auf welchen dann die runde Platte mit ihrem Fries von Stierköpfen und Guirlanden ruht; unter sich sind die Füsse durch schöne, schwungreiche Pflanzenbildungen verbunden.
An den meist aus Pompeji stammenden Helmen und Harnischen b(viertes Zimmer) findet sich theilweise ein reicher, prachtvoller Relief- schmuck. Die ganzen Figuren und Geschichten, z. B. verschiedene Scenen der Einnahme von Ilion, sind mit Recht dem Helm vorbehal- ten, während Arm- und Beinschienen mit Ausnahme einer vorn ange- brachten ganzen Götterfigur nur Masken, Adler, Arabesken, Füllhör- ner etc. darbieten. Andere Helme, von roherer römischer Ausführung, enthalten bloss Trophäen, Köpfe von Göttern u. dgl. An einem schön griechischen Brustharnisch (aus Pästum?) wird man das Haupt der Pallas Athene finden. — Die archäologische Bedeutung dieser beträcht- lichen Sammlung von Waffen, Pferdezeug u. dgl. darf hier nicht weiter erörtert werden; genug, dass auch in diesen Werkzeugen des Krieges cdie schöne antike Formenbildung sich nicht vorläugnet. (Im Museo patrio zu Brescia der figurirte Brustschild eines Pferdes.)
Im Ganzen darf man immer von Neuem sich wundern, dass ein Volk, welches seine Zierformen so leicht und meisterhaft bildete, doch fast durchgängig Maass hielt und des Guten nicht zu viel that. Es genügt ein vergleichender Blick auf die Renaissance, die sich dessen nicht rühmen kann, die ihre tragenden Theile im Styl der Flächen verzierte und an ihren Gefässen vollends nur eine angenehme Pracht erstrebte, ohne auf eine lebendige Entwicklung bedacht zu sein. Wie gerne verzeiht man daneben den Pompejanern, wenn sie das Gewicht an ihrer (römischen) Wage als Satyrskopf, als Haupt des Handels-
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Antike Decoration. Eherne Geräthe.
Silen mit dem Schlauch, hinter welchem ein Bäumchen zwei Lampen
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besteht aus drei zusammenspringenden Luchsen mit Masken dazwischen.)
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Die Füsse der Geräthe sind ideale und dabei höchst kräftige, doch —
dem Stoffe gemäss — leichte Thierfüsse, welche die Zehen des Löwen
mit dem schlanken Fussbau des Rehes vereinigen. Wie frei die Alten
mit solchen Bildungen umgingen, zeigt der herrliche Altar des dritten
Zimmers, dessen drei Thierfüsse über einem Absatz ebensoviele Sphinxe
und hinter diesen Blumenstengel tragen, auf welchen dann die runde
Platte mit ihrem Fries von Stierköpfen und Guirlanden ruht; unter
sich sind die Füsse durch schöne, schwungreiche Pflanzenbildungen
verbunden.
An den meist aus Pompeji stammenden Helmen und Harnischen
(viertes Zimmer) findet sich theilweise ein reicher, prachtvoller Relief-
schmuck. Die ganzen Figuren und Geschichten, z. B. verschiedene
Scenen der Einnahme von Ilion, sind mit Recht dem Helm vorbehal-
ten, während Arm- und Beinschienen mit Ausnahme einer vorn ange-
brachten ganzen Götterfigur nur Masken, Adler, Arabesken, Füllhör-
ner etc. darbieten. Andere Helme, von roherer römischer Ausführung,
enthalten bloss Trophäen, Köpfe von Göttern u. dgl. An einem schön
griechischen Brustharnisch (aus Pästum?) wird man das Haupt der
Pallas Athene finden. — Die archäologische Bedeutung dieser beträcht-
lichen Sammlung von Waffen, Pferdezeug u. dgl. darf hier nicht weiter
erörtert werden; genug, dass auch in diesen Werkzeugen des Krieges
die schöne antike Formenbildung sich nicht vorläugnet. (Im Museo
patrio zu Brescia der figurirte Brustschild eines Pferdes.)
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c
Im Ganzen darf man immer von Neuem sich wundern, dass ein
Volk, welches seine Zierformen so leicht und meisterhaft bildete, doch
fast durchgängig Maass hielt und des Guten nicht zu viel that. Es
genügt ein vergleichender Blick auf die Renaissance, die sich dessen
nicht rühmen kann, die ihre tragenden Theile im Styl der Flächen
verzierte und an ihren Gefässen vollends nur eine angenehme Pracht
erstrebte, ohne auf eine lebendige Entwicklung bedacht zu sein. Wie
gerne verzeiht man daneben den Pompejanern, wenn sie das Gewicht
an ihrer (römischen) Wage als Satyrskopf, als Haupt des Handels-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/94>, abgerufen am 04.12.2024.
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