abgehalten. Die vordern Gruppen, bei spätern Künstlern oft sogar im besten Fall nur schöne Füllstücke, sind hier der wesentliche und höchst lebendige Ausdruck der Freude des ungenirten römischen Vol- kes. Alle Ergebenheitsmienen von reihenweis aufgestellten Behörden könnten diesen Ausdruck nicht ersetzen; das römische Privatleben sollte seinen persönlichen Jubel aussprechen. Die Architektur der alten S. Peterskirche ist frei und sehr schön benützt.
Die Figuren der heiligen Päpste und der Tugenden haben schon grösserntheils den gleichgültigen allgemeinen Styl der römischen Schule und gerathen desshalb in Nachtheil z. B. gegenüber von den Zwischen- figuren an der Decke der Sistina, welche die eigenhändige Macht- übung ihres Meisters in so hohem Grade an der Stirn tragen. Von Rafael selbst und in Öl ausgeführt würden sie gewiss eigenthümlich grandios gewirkt haben. (Der Kopf S. Urbans angeblich von Rafael.)
Die obenstehenden Bemerkungen, weit entfernt den geistigen Ge- halt dieser unermesslich reichen Fresken erschöpfen zu wollen, suchen bloss einige wesentliche Anhaltspunkte festzustellen. Nebenbei musste darauf aufmerksam gemacht werden, wie Rafael nur theilweise frei verfügen konnte. Das Einzelne, was hierüber zu sagen war, sind allerdings blosse Vermuthungen, aber der Inhalt des Vorhandenen nöthigt dazu. Diese moralische Seite der Entstehung der Fresken wird über ihrer Vortrefflichkeit zu oft übersehen.
Schon bei Anlass der Architektur wurde der vaticanischena Loggien gedacht, d. h. der ersten Arcadenreihe des zweiten Stock- werkes im vordern grossen Hofe des Vaticans, als des ersten Mei- sterwerkes der modernen Decoration (S. 283, a). Wir gelangen nun zu den biblischen Darstellungen, welche je zu vieren in den Kuppelwöl- bungen der ersten 13 Arcaden angebracht sind. Sie wurden nach Rafaels Zeichnungen ausgeführt von Giulio Romano, Francesco Penni, Pellegrino da Modena, Perin del Vaga und Raffaelle dal Colle. Die Figur der Eva im Sündenfall gilt bekanntlich als R.'s eigene Arbeit. Es ist nicht bekannt, wie gross und wie genau ausgeführt die Ent-
Sala di Costantino. Loggien.
abgehalten. Die vordern Gruppen, bei spätern Künstlern oft sogar im besten Fall nur schöne Füllstücke, sind hier der wesentliche und höchst lebendige Ausdruck der Freude des ungenirten römischen Vol- kes. Alle Ergebenheitsmienen von reihenweis aufgestellten Behörden könnten diesen Ausdruck nicht ersetzen; das römische Privatleben sollte seinen persönlichen Jubel aussprechen. Die Architektur der alten S. Peterskirche ist frei und sehr schön benützt.
Die Figuren der heiligen Päpste und der Tugenden haben schon grösserntheils den gleichgültigen allgemeinen Styl der römischen Schule und gerathen desshalb in Nachtheil z. B. gegenüber von den Zwischen- figuren an der Decke der Sistina, welche die eigenhändige Macht- übung ihres Meisters in so hohem Grade an der Stirn tragen. Von Rafael selbst und in Öl ausgeführt würden sie gewiss eigenthümlich grandios gewirkt haben. (Der Kopf S. Urbans angeblich von Rafael.)
Die obenstehenden Bemerkungen, weit entfernt den geistigen Ge- halt dieser unermesslich reichen Fresken erschöpfen zu wollen, suchen bloss einige wesentliche Anhaltspunkte festzustellen. Nebenbei musste darauf aufmerksam gemacht werden, wie Rafael nur theilweise frei verfügen konnte. Das Einzelne, was hierüber zu sagen war, sind allerdings blosse Vermuthungen, aber der Inhalt des Vorhandenen nöthigt dazu. Diese moralische Seite der Entstehung der Fresken wird über ihrer Vortrefflichkeit zu oft übersehen.
Schon bei Anlass der Architektur wurde der vaticanischena Loggien gedacht, d. h. der ersten Arcadenreihe des zweiten Stock- werkes im vordern grossen Hofe des Vaticans, als des ersten Mei- sterwerkes der modernen Decoration (S. 283, a). Wir gelangen nun zu den biblischen Darstellungen, welche je zu vieren in den Kuppelwöl- bungen der ersten 13 Arcaden angebracht sind. Sie wurden nach Rafaels Zeichnungen ausgeführt von Giulio Romano, Francesco Penni, Pellegrino da Modena, Perin del Vaga und Raffaelle dal Colle. Die Figur der Eva im Sündenfall gilt bekanntlich als R.’s eigene Arbeit. Es ist nicht bekannt, wie gross und wie genau ausgeführt die Ent-
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Sala di Costantino. Loggien.
abgehalten. Die vordern Gruppen, bei spätern Künstlern oft sogar
im besten Fall nur schöne Füllstücke, sind hier der wesentliche und
höchst lebendige Ausdruck der Freude des ungenirten römischen Vol-
kes. Alle Ergebenheitsmienen von reihenweis aufgestellten Behörden
könnten diesen Ausdruck nicht ersetzen; das römische Privatleben
sollte seinen persönlichen Jubel aussprechen. Die Architektur der
alten S. Peterskirche ist frei und sehr schön benützt.
Die Figuren der heiligen Päpste und der Tugenden haben schon
grösserntheils den gleichgültigen allgemeinen Styl der römischen Schule
und gerathen desshalb in Nachtheil z. B. gegenüber von den Zwischen-
figuren an der Decke der Sistina, welche die eigenhändige Macht-
übung ihres Meisters in so hohem Grade an der Stirn tragen. Von
Rafael selbst und in Öl ausgeführt würden sie gewiss eigenthümlich
grandios gewirkt haben. (Der Kopf S. Urbans angeblich von Rafael.)
Die obenstehenden Bemerkungen, weit entfernt den geistigen Ge-
halt dieser unermesslich reichen Fresken erschöpfen zu wollen, suchen
bloss einige wesentliche Anhaltspunkte festzustellen. Nebenbei musste
darauf aufmerksam gemacht werden, wie Rafael nur theilweise frei
verfügen konnte. Das Einzelne, was hierüber zu sagen war, sind
allerdings blosse Vermuthungen, aber der Inhalt des Vorhandenen
nöthigt dazu. Diese moralische Seite der Entstehung der Fresken
wird über ihrer Vortrefflichkeit zu oft übersehen.
Schon bei Anlass der Architektur wurde der vaticanischen
Loggien gedacht, d. h. der ersten Arcadenreihe des zweiten Stock-
werkes im vordern grossen Hofe des Vaticans, als des ersten Mei-
sterwerkes der modernen Decoration (S. 283, a). Wir gelangen nun zu
den biblischen Darstellungen, welche je zu vieren in den Kuppelwöl-
bungen der ersten 13 Arcaden angebracht sind. Sie wurden nach
Rafaels Zeichnungen ausgeführt von Giulio Romano, Francesco Penni,
Pellegrino da Modena, Perin del Vaga und Raffaelle dal Colle. Die
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 925. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/947>, abgerufen am 05.12.2024.
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