aSchüler Rafaels malte er die Propheten über den Sibyllen in der Pace; wie viel ihm aber vorgezeichnet wurde, ist nicht bekannt und am Ende gehören diese Figuren, die ohne die Nähe der Sibyllen als Capitalwerke erscheinen würden, wesentlich ihm selbst.
Auch ein anderer Schüler Francia's und Rafaels, Bartol. Ra- menghi (Bagnacavallo) ist in solchen einzelnen idealen Gestal- bten bisweilen grossartig (Sacristei von S. Micchele in bosco zu Bo- logna: die Nischenfiguren; vgl. das berühmte Bild der 4 Heiligen in cDresden), bisweilen auch etwas gewaltsam (S. M. della Pace in Rom: zwei Heilige gegenüber den Propheten des Timoteo). Seine beste Composition s. S. 842, b; dagegen ist die Madonna mit Heiligen in der dPinacoteca zu Bologna schon ein sehr mittelbares Werk und die Art wie er (in der genannten Sacristei) Rafaels Transfiguration umdeutet, evollends kümmerlich. (Ein schönes frühes Bild, der Gekreuzigte mit 3 Heiligen, in der Sacristei von S. Pietro zu Bologna.)
Innocenzo da Imola dagegen travestirte Rafaels Compositio- nen nicht, sondern "entschloss sich kühn, sie grenzenlos zu lieben". Von seinen zahlreichen Werken, fast sämmtlich in Bologna, sind einige fwenige früh und naiv (Pinac.: Madonna der Gläubigen) oder frei im rafaelischen Geiste geschaffen (Pinac.: Madonna mit beiden Kindern, S. Franz und S. Clara), die meisten dagegen reine Anthologien aus Rafael, fleissig, sauber und im Arrangement so geschickt als man es bei dem Nicht-Zusammengehörigen billiger Weise verlangen kann. (Pinac.: Heilige Familie sammt Donator und Gattin; -- S. Michael gmit andern Heiligen; -- S. Salvatore, 3. Cap. 1., der Gekreuzigte mit 4 Heiligen, auf frühern Werken Rafaels beruhend, u. A. m.) Etwas hunabhängiger: S. Giacomo magg., 7. Alt. r., Vermählung der h. Catha- irina; -- Servi, 7. Alt. 1., grosse Verkündigung; -- endlich die nicht kzu verachtenden Fresken in S. Micchele in bosco, Cap. del coro not- turno, welche beweisen, wie gerne Innocenzo etwas Einfach-Bedeu- tendes geschaffen hätte 1).
1) Eine ähnliche Aneignung von Motiven Rafaels, nur mehr aus dessen früherer Zeit, findet sich bei einem Luccheser, Zacchia il vecchio. Aus seinen *Bildern (Himmelfahrt Christi, in S. Salvatore zu Lucca; -- Assunta, in S. Ago- stino, 1527; -- Assunta, in S. Pietro Somaldi, 1532, etc.) tönt Einzelnes aus
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafaelisten.
aSchüler Rafaels malte er die Propheten über den Sibyllen in der Pace; wie viel ihm aber vorgezeichnet wurde, ist nicht bekannt und am Ende gehören diese Figuren, die ohne die Nähe der Sibyllen als Capitalwerke erscheinen würden, wesentlich ihm selbst.
Auch ein anderer Schüler Francia’s und Rafaels, Bartol. Ra- menghi (Bagnacavallo) ist in solchen einzelnen idealen Gestal- bten bisweilen grossartig (Sacristei von S. Micchele in bosco zu Bo- logna: die Nischenfiguren; vgl. das berühmte Bild der 4 Heiligen in cDresden), bisweilen auch etwas gewaltsam (S. M. della Pace in Rom: zwei Heilige gegenüber den Propheten des Timoteo). Seine beste Composition s. S. 842, b; dagegen ist die Madonna mit Heiligen in der dPinacoteca zu Bologna schon ein sehr mittelbares Werk und die Art wie er (in der genannten Sacristei) Rafaels Transfiguration umdeutet, evollends kümmerlich. (Ein schönes frühes Bild, der Gekreuzigte mit 3 Heiligen, in der Sacristei von S. Pietro zu Bologna.)
Innocenzo da Imola dagegen travestirte Rafaels Compositio- nen nicht, sondern „entschloss sich kühn, sie grenzenlos zu lieben“. Von seinen zahlreichen Werken, fast sämmtlich in Bologna, sind einige fwenige früh und naiv (Pinac.: Madonna der Gläubigen) oder frei im rafaelischen Geiste geschaffen (Pinac.: Madonna mit beiden Kindern, S. Franz und S. Clara), die meisten dagegen reine Anthologien aus Rafael, fleissig, sauber und im Arrangement so geschickt als man es bei dem Nicht-Zusammengehörigen billiger Weise verlangen kann. (Pinac.: Heilige Familie sammt Donator und Gattin; — S. Michael gmit andern Heiligen; — S. Salvatore, 3. Cap. 1., der Gekreuzigte mit 4 Heiligen, auf frühern Werken Rafaels beruhend, u. A. m.) Etwas hunabhängiger: S. Giacomo magg., 7. Alt. r., Vermählung der h. Catha- irina; — Servi, 7. Alt. 1., grosse Verkündigung; — endlich die nicht kzu verachtenden Fresken in S. Micchele in bosco, Cap. del coro not- turno, welche beweisen, wie gerne Innocenzo etwas Einfach-Bedeu- tendes geschaffen hätte 1).
1) Eine ähnliche Aneignung von Motiven Rafaels, nur mehr aus dessen früherer Zeit, findet sich bei einem Luccheser, Zacchia il vecchio. Aus seinen *Bildern (Himmelfahrt Christi, in S. Salvatore zu Lucca; — Assunta, in S. Ago- stino, 1527; — Assunta, in S. Pietro Somaldi, 1532, etc.) tönt Einzelnes aus
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafaelisten.
Schüler Rafaels malte er die Propheten über den Sibyllen in der
Pace; wie viel ihm aber vorgezeichnet wurde, ist nicht bekannt und
am Ende gehören diese Figuren, die ohne die Nähe der Sibyllen als
Capitalwerke erscheinen würden, wesentlich ihm selbst.
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Auch ein anderer Schüler Francia’s und Rafaels, Bartol. Ra-
menghi (Bagnacavallo) ist in solchen einzelnen idealen Gestal-
ten bisweilen grossartig (Sacristei von S. Micchele in bosco zu Bo-
logna: die Nischenfiguren; vgl. das berühmte Bild der 4 Heiligen in
Dresden), bisweilen auch etwas gewaltsam (S. M. della Pace in Rom:
zwei Heilige gegenüber den Propheten des Timoteo). Seine beste
Composition s. S. 842, b; dagegen ist die Madonna mit Heiligen in der
Pinacoteca zu Bologna schon ein sehr mittelbares Werk und die Art
wie er (in der genannten Sacristei) Rafaels Transfiguration umdeutet,
vollends kümmerlich. (Ein schönes frühes Bild, der Gekreuzigte mit
3 Heiligen, in der Sacristei von S. Pietro zu Bologna.)
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Innocenzo da Imola dagegen travestirte Rafaels Compositio-
nen nicht, sondern „entschloss sich kühn, sie grenzenlos zu lieben“.
Von seinen zahlreichen Werken, fast sämmtlich in Bologna, sind einige
wenige früh und naiv (Pinac.: Madonna der Gläubigen) oder frei im
rafaelischen Geiste geschaffen (Pinac.: Madonna mit beiden Kindern,
S. Franz und S. Clara), die meisten dagegen reine Anthologien aus
Rafael, fleissig, sauber und im Arrangement so geschickt als man es
bei dem Nicht-Zusammengehörigen billiger Weise verlangen kann.
(Pinac.: Heilige Familie sammt Donator und Gattin; — S. Michael
mit andern Heiligen; — S. Salvatore, 3. Cap. 1., der Gekreuzigte mit
4 Heiligen, auf frühern Werken Rafaels beruhend, u. A. m.) Etwas
unabhängiger: S. Giacomo magg., 7. Alt. r., Vermählung der h. Catha-
rina; — Servi, 7. Alt. 1., grosse Verkündigung; — endlich die nicht
zu verachtenden Fresken in S. Micchele in bosco, Cap. del coro not-
turno, welche beweisen, wie gerne Innocenzo etwas Einfach-Bedeu-
tendes geschaffen hätte 1).
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1) Eine ähnliche Aneignung von Motiven Rafaels, nur mehr aus dessen früherer
Zeit, findet sich bei einem Luccheser, Zacchia il vecchio. Aus seinen
Bildern (Himmelfahrt Christi, in S. Salvatore zu Lucca; — Assunta, in S. Ago-
stino, 1527; — Assunta, in S. Pietro Somaldi, 1532, etc.) tönt Einzelnes aus
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 940. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/962>, abgerufen am 05.12.2024.
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