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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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3. Abschnitt.Boccaccio's (a. a. O.) der diese laurea pisana nicht als
vollgültig anerkennen will. Man konnte in der That fragen,
wie der Halb-Slave dazu komme, über den Werth italie-
nischer Dichter zu Gerichte zu sitzen. Allein fortan krönten
doch reisende Kaiser bald hier bald dort einen Poeten,
worauf im XV. Jahrhundert die Päpste und andere Fürsten
auch nicht mehr zurückbleiben wollten, bis zuletzt auf Ort
und Umstände gar nichts mehr ankam. In Rom ertheilte
zur Zeit Sixtus IV. die Academie 1) des Pomponius Laetus
von sich aus Lorbeerkränze. Die Florentiner hatten den
Tact, ihre berühmten Humanisten zu krönen, aber erst im
Tode; so wurde Carlo Aretino, so Lionardo Aretino be-
kränzt; dem erstern hielt Matteo Palmieri, dem letztern
Giannozzo Mannetti die Lobrede vor allem Volk, in Ge-
genwart der Concilsherren; der Redner stand zu Häupten
der Bahre, auf welcher im seidenen Gewande die Leiche
lag 2). Außerdem ist Carlo Aretino durch ein Grabmal
(in S. Croce) geehrt worden, welches zu den herrlichsten
der ganzen Renaissance gehört.

Die Universi-
täten.
Die Einwirkung des Alterthumes auf die Bildung,
wovon nunmehr zu handeln ist, setzte zunächst voraus, daß
der Humanismus sich der Universitäten bemächtigte. Dieß
geschah, doch nicht in dem Maaße und nicht mit der Wir-
kung wie man glauben möchte.

Die meisten Universitäten in Italien 3) tauchen im Lauf

1) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 185.
2) Vespas. Fior. p. 575. 589. -- Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX,
Col.
543. -- Die Berühmtheit Lion. Aretino's war bei Lebzeiten
freilich so groß gewesen, daß Leute aus allen Gegenden kamen nur
um ihn zu sehen und daß sich ein Spanier vor ihm auf die Knie
warf. Vespas. p. 568. -- Für Guarino's Denkmal setzte der
Magistrat von Ferrara 1461 die damals bedeutende Summe von
100 Ducaten aus.
3) Vgl. Libri, Histoire des sciences mathem. II, p. 92. s. --
Bologna war bekanntlich älter, Pisa dagegen eine späte Gründung

3. Abſchnitt.Boccaccio's (a. a. O.) der dieſe laurea pisana nicht als
vollgültig anerkennen will. Man konnte in der That fragen,
wie der Halb-Slave dazu komme, über den Werth italie-
niſcher Dichter zu Gerichte zu ſitzen. Allein fortan krönten
doch reiſende Kaiſer bald hier bald dort einen Poeten,
worauf im XV. Jahrhundert die Päpſte und andere Fürſten
auch nicht mehr zurückbleiben wollten, bis zuletzt auf Ort
und Umſtände gar nichts mehr ankam. In Rom ertheilte
zur Zeit Sixtus IV. die Academie 1) des Pomponius Laetus
von ſich aus Lorbeerkränze. Die Florentiner hatten den
Tact, ihre berühmten Humaniſten zu krönen, aber erſt im
Tode; ſo wurde Carlo Aretino, ſo Lionardo Aretino be-
kränzt; dem erſtern hielt Matteo Palmieri, dem letztern
Giannozzo Mannetti die Lobrede vor allem Volk, in Ge-
genwart der Concilsherren; der Redner ſtand zu Häupten
der Bahre, auf welcher im ſeidenen Gewande die Leiche
lag 2). Außerdem iſt Carlo Aretino durch ein Grabmal
(in S. Croce) geehrt worden, welches zu den herrlichſten
der ganzen Renaiſſance gehört.

Die Univerſi-
täten.
Die Einwirkung des Alterthumes auf die Bildung,
wovon nunmehr zu handeln iſt, ſetzte zunächſt voraus, daß
der Humanismus ſich der Univerſitäten bemächtigte. Dieß
geſchah, doch nicht in dem Maaße und nicht mit der Wir-
kung wie man glauben möchte.

Die meiſten Univerſitäten in Italien 3) tauchen im Lauf

1) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 185.
2) Vespas. Fior. p. 575. 589. — Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX,
Col.
543. — Die Berühmtheit Lion. Aretino's war bei Lebzeiten
freilich ſo groß geweſen, daß Leute aus allen Gegenden kamen nur
um ihn zu ſehen und daß ſich ein Spanier vor ihm auf die Knie
warf. Vespas. p. 568. — Für Guarino's Denkmal ſetzte der
Magiſtrat von Ferrara 1461 die damals bedeutende Summe von
100 Ducaten aus.
3) Vgl. Libri, Histoire des sciences mathém. II, p. 92. s.
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[204/0214] Boccaccio's (a. a. O.) der dieſe laurea pisana nicht als vollgültig anerkennen will. Man konnte in der That fragen, wie der Halb-Slave dazu komme, über den Werth italie- niſcher Dichter zu Gerichte zu ſitzen. Allein fortan krönten doch reiſende Kaiſer bald hier bald dort einen Poeten, worauf im XV. Jahrhundert die Päpſte und andere Fürſten auch nicht mehr zurückbleiben wollten, bis zuletzt auf Ort und Umſtände gar nichts mehr ankam. In Rom ertheilte zur Zeit Sixtus IV. die Academie 1) des Pomponius Laetus von ſich aus Lorbeerkränze. Die Florentiner hatten den Tact, ihre berühmten Humaniſten zu krönen, aber erſt im Tode; ſo wurde Carlo Aretino, ſo Lionardo Aretino be- kränzt; dem erſtern hielt Matteo Palmieri, dem letztern Giannozzo Mannetti die Lobrede vor allem Volk, in Ge- genwart der Concilsherren; der Redner ſtand zu Häupten der Bahre, auf welcher im ſeidenen Gewande die Leiche lag 2). Außerdem iſt Carlo Aretino durch ein Grabmal (in S. Croce) geehrt worden, welches zu den herrlichſten der ganzen Renaiſſance gehört. 3. Abſchnitt. Die Einwirkung des Alterthumes auf die Bildung, wovon nunmehr zu handeln iſt, ſetzte zunächſt voraus, daß der Humanismus ſich der Univerſitäten bemächtigte. Dieß geſchah, doch nicht in dem Maaße und nicht mit der Wir- kung wie man glauben möchte. Die Univerſi- täten. Die meiſten Univerſitäten in Italien 3) tauchen im Lauf 1) Jac. Volaterran. bei Murat. XXIII, Col. 185. 2) Vespas. Fior. p. 575. 589. — Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX, Col. 543. — Die Berühmtheit Lion. Aretino's war bei Lebzeiten freilich ſo groß geweſen, daß Leute aus allen Gegenden kamen nur um ihn zu ſehen und daß ſich ein Spanier vor ihm auf die Knie warf. Vespas. p. 568. — Für Guarino's Denkmal ſetzte der Magiſtrat von Ferrara 1461 die damals bedeutende Summe von 100 Ducaten aus. 3) Vgl. Libri, Histoire des sciences mathém. II, p. 92. s. — Bologna war bekanntlich älter, Piſa dagegen eine ſpäte Gründung

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/214>, abgerufen am 27.11.2024.