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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Erster Theil.
genheit studiren; aber sie muß sich zu sehr mit dem Ein-
zelnen begnügen, sie steht fern von allgemeinen, höhern
Ansichten, und bleibt deshalb ewig nur Bruchstück.

§ 131.

Ergreift sie den systematischen Dogmatismus, so wird
sie durch Beschränktheit der Ansicht, einseitig; es wird durch
Festhalten eines einzigen nicht allgemein gültigen Princips
der Geist eingeengt, und alle freye Untersuchung gehemmt.

§ 132.

Beurtheilt sie aber ein solches System nicht als das
höchste Ziel des menschlichen Geistes, sondern nur als tem-
poraires Hülfsmittel, um Einheit und Ordnung in unsere
Vorstellungen von der Natur zu bringen, als Leitfaden, die
Erscheinungen zu beobachten und zu beurtheilen, als Hülfs-
mittel, dessen Gebrauch dereinst bey vollkommnerer Kenntniß
der Natur verschwinden wird, -- so verschafft sie sich die
Vortheile des Systems, ohne seinen Nachtheilen ausgesetzt
zu seyn.

§ 133.

5. Der Skepticismus ist es, welcher auf diesem Wege
sich bildet. In ihm treffen die Ansichten des Eklekticismus
und des systematischen Dogmatismus zusammen, und da er
durch unablässiges Forschen die sinnlichen Erscheinungen mit
den Gesetzen unsers Verstandes in Harmonie zu setzen sucht,
und rastlos nach Entdeckung der Wahrheit strebt, so ist er
der einzige Pfad, auf welchem die Heilkunst zu vervollkom-
men, und jenes vollendete System zu erringen ist.

§ 134.

Hiermit darf aber nicht der unächte Skepticismus ver-
wechselt werden. Dieser ist nemlich a) gegen die Gewißheit

der

Erſter Theil.
genheit ſtudiren; aber ſie muß ſich zu ſehr mit dem Ein-
zelnen begnuͤgen, ſie ſteht fern von allgemeinen, hoͤhern
Anſichten, und bleibt deshalb ewig nur Bruchſtuͤck.

§ 131.

Ergreift ſie den ſyſtematiſchen Dogmatismus, ſo wird
ſie durch Beſchraͤnktheit der Anſicht, einſeitig; es wird durch
Feſthalten eines einzigen nicht allgemein guͤltigen Princips
der Geiſt eingeengt, und alle freye Unterſuchung gehemmt.

§ 132.

Beurtheilt ſie aber ein ſolches Syſtem nicht als das
hoͤchſte Ziel des menſchlichen Geiſtes, ſondern nur als tem-
poraires Huͤlfsmittel, um Einheit und Ordnung in unſere
Vorſtellungen von der Natur zu bringen, als Leitfaden, die
Erſcheinungen zu beobachten und zu beurtheilen, als Huͤlfs-
mittel, deſſen Gebrauch dereinſt bey vollkommnerer Kenntniß
der Natur verſchwinden wird, — ſo verſchafft ſie ſich die
Vortheile des Syſtems, ohne ſeinen Nachtheilen ausgeſetzt
zu ſeyn.

§ 133.

5. Der Skepticismus iſt es, welcher auf dieſem Wege
ſich bildet. In ihm treffen die Anſichten des Eklekticismus
und des ſyſtematiſchen Dogmatismus zuſammen, und da er
durch unablaͤſſiges Forſchen die ſinnlichen Erſcheinungen mit
den Geſetzen unſers Verſtandes in Harmonie zu ſetzen ſucht,
und raſtlos nach Entdeckung der Wahrheit ſtrebt, ſo iſt er
der einzige Pfad, auf welchem die Heilkunſt zu vervollkom-
men, und jenes vollendete Syſtem zu erringen iſt.

§ 134.

Hiermit darf aber nicht der unaͤchte Skepticismus ver-
wechſelt werden. Dieſer iſt nemlich a) gegen die Gewißheit

der
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[44/0062] Erſter Theil. genheit ſtudiren; aber ſie muß ſich zu ſehr mit dem Ein- zelnen begnuͤgen, ſie ſteht fern von allgemeinen, hoͤhern Anſichten, und bleibt deshalb ewig nur Bruchſtuͤck. § 131. Ergreift ſie den ſyſtematiſchen Dogmatismus, ſo wird ſie durch Beſchraͤnktheit der Anſicht, einſeitig; es wird durch Feſthalten eines einzigen nicht allgemein guͤltigen Princips der Geiſt eingeengt, und alle freye Unterſuchung gehemmt. § 132. Beurtheilt ſie aber ein ſolches Syſtem nicht als das hoͤchſte Ziel des menſchlichen Geiſtes, ſondern nur als tem- poraires Huͤlfsmittel, um Einheit und Ordnung in unſere Vorſtellungen von der Natur zu bringen, als Leitfaden, die Erſcheinungen zu beobachten und zu beurtheilen, als Huͤlfs- mittel, deſſen Gebrauch dereinſt bey vollkommnerer Kenntniß der Natur verſchwinden wird, — ſo verſchafft ſie ſich die Vortheile des Syſtems, ohne ſeinen Nachtheilen ausgeſetzt zu ſeyn. § 133. 5. Der Skepticismus iſt es, welcher auf dieſem Wege ſich bildet. In ihm treffen die Anſichten des Eklekticismus und des ſyſtematiſchen Dogmatismus zuſammen, und da er durch unablaͤſſiges Forſchen die ſinnlichen Erſcheinungen mit den Geſetzen unſers Verſtandes in Harmonie zu ſetzen ſucht, und raſtlos nach Entdeckung der Wahrheit ſtrebt, ſo iſt er der einzige Pfad, auf welchem die Heilkunſt zu vervollkom- men, und jenes vollendete Syſtem zu erringen iſt. § 134. Hiermit darf aber nicht der unaͤchte Skepticismus ver- wechſelt werden. Dieſer iſt nemlich a) gegen die Gewißheit der

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/62>, abgerufen am 23.11.2024.