Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.licher Freiheitsstrafe gerade so ungeeignet erscheinen muß, licher Freiheitsſtrafe gerade ſo ungeeignet erſcheinen muß, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="58"/> licher Freiheitsſtrafe gerade ſo ungeeignet erſcheinen muß,<lb/> als wenn man eine relative Strafe neben die Todesſtrafe<lb/> ſtellen wollte. Aber muß dieſe Strafbeſtimmung denn<lb/> nicht für eine maßloſe erachtet werden, wenn zwei Ehe-<lb/> leute ſich verabredet haben, ihr einſam gelegenes Haus an-<lb/> zuzünden, und durch die Brandlegung der Tod der Frau<lb/> — aus eigener Unvorſichtigkeit — herbeigeführt wird,<lb/> von welcher der Ehemann aus guten Gründen annahm,<lb/> daß ſie das Haus bereits verlaſſen habe, oder dasſelbe<lb/> noch werde verlaſſen können, als er es in Brand ſetzte?<lb/> Der Schütze, welcher in größter Frevelhaftigkeit einem Andern<lb/> die Pfeife aus dem Munde zu ſchießen gedachte, denſelben<lb/> aber durch ſeinen Schuß tödtete, wird wegen fahrläſſiger<lb/> Tödtung nur mit Gefängniß bis zu 3 Jahren geſtraft,<lb/> und die in Anſehung der Tödtung ſelbſt ganz ſchuldloſe<lb/> Tödtung durch Feuer ſoll ſogar mit lebenslänglicher Freiheits-<lb/> ſtrafe belegt werden können! Nicht einmal derjenige kann<lb/> eine ſolche Strafe erhalten, welcher vorſätzlich im Affect eine<lb/> noch ſo große Anzahl von Menſchen getödtet hat, inſofern<lb/> nur nicht ſeine Handlung zu den von dem Strafgeſetzbuche<lb/> als gemeingefährlich bezeichneten gehörte. Die von dem<lb/> Strafgeſetzbuche beigefügte Beſchränkung, daß ſich der getödtete<lb/> Menſch zur Zeit der That in einer der in Brand geſetzten<lb/> Räumlichkeiten befunden haben müſſe, iſt irrationell. Denn<lb/> da die Tödtung nicht im Zuſammenhang mit einer hierauf<lb/> gerichteten Verſchuldung des Willens zu ſtehen braucht, die<lb/> Strafe für Tödtung vielmehr lediglich durch das objective<lb/> Ergebniß der Handlung bedingt ſein ſoll, ſo müßte ſie auch<lb/> überall eintreten, wo nur überhaupt Cauſalzuſammenhang<lb/> zwiſchen der Brandſtiftung und Tödtung beſteht — auch<lb/> dann, wenn bei dem Löſchen des Feuers eine Perſon das<lb/> Leben verloren hat. — Die nämliche Strafe ſoll ausgeſprochen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0062]
licher Freiheitsſtrafe gerade ſo ungeeignet erſcheinen muß,
als wenn man eine relative Strafe neben die Todesſtrafe
ſtellen wollte. Aber muß dieſe Strafbeſtimmung denn
nicht für eine maßloſe erachtet werden, wenn zwei Ehe-
leute ſich verabredet haben, ihr einſam gelegenes Haus an-
zuzünden, und durch die Brandlegung der Tod der Frau
— aus eigener Unvorſichtigkeit — herbeigeführt wird,
von welcher der Ehemann aus guten Gründen annahm,
daß ſie das Haus bereits verlaſſen habe, oder dasſelbe
noch werde verlaſſen können, als er es in Brand ſetzte?
Der Schütze, welcher in größter Frevelhaftigkeit einem Andern
die Pfeife aus dem Munde zu ſchießen gedachte, denſelben
aber durch ſeinen Schuß tödtete, wird wegen fahrläſſiger
Tödtung nur mit Gefängniß bis zu 3 Jahren geſtraft,
und die in Anſehung der Tödtung ſelbſt ganz ſchuldloſe
Tödtung durch Feuer ſoll ſogar mit lebenslänglicher Freiheits-
ſtrafe belegt werden können! Nicht einmal derjenige kann
eine ſolche Strafe erhalten, welcher vorſätzlich im Affect eine
noch ſo große Anzahl von Menſchen getödtet hat, inſofern
nur nicht ſeine Handlung zu den von dem Strafgeſetzbuche
als gemeingefährlich bezeichneten gehörte. Die von dem
Strafgeſetzbuche beigefügte Beſchränkung, daß ſich der getödtete
Menſch zur Zeit der That in einer der in Brand geſetzten
Räumlichkeiten befunden haben müſſe, iſt irrationell. Denn
da die Tödtung nicht im Zuſammenhang mit einer hierauf
gerichteten Verſchuldung des Willens zu ſtehen braucht, die
Strafe für Tödtung vielmehr lediglich durch das objective
Ergebniß der Handlung bedingt ſein ſoll, ſo müßte ſie auch
überall eintreten, wo nur überhaupt Cauſalzuſammenhang
zwiſchen der Brandſtiftung und Tödtung beſteht — auch
dann, wenn bei dem Löſchen des Feuers eine Perſon das
Leben verloren hat. — Die nämliche Strafe ſoll ausgeſprochen
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