Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775.Vorrede. Den Unterschied also vorausgesetzt, unter dem, 1. Sie muß ein wirkliches Gebet seyn: d. i. sie 2. Eine Gebets-Vorschrift für Kinder muß Zu-
Vorrede. Den Unterſchied alſo vorausgeſetzt, unter dem, 1. Sie muß ein wirkliches Gebet ſeyn: d. i. ſie 2. Eine Gebets-Vorſchrift fuͤr Kinder muß Zu-
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Vorrede.
Den Unterſchied alſo vorausgeſetzt, unter dem,
was junge Kinder entweder zum wirklichen Ge-
brauch oder zum zukuͤnftigen Gebrauch zu lernen
haben — iſt ferner die Frage: Wie muͤſſen die
Gebete und Verſe beſchaffen ſeyn, welche man den
Kindern zum gegenwaͤrtigen Gebrauch angeben
will? Meiner Meinung nach ſind die hauptſaͤchlich-
ſte Eigenſchaften einer Gebets-Vorſchrift, wenn
ſie fuͤr Kinder taugen ſoll, folgende:
1. Sie muß ein wirkliches Gebet ſeyn: d. i. ſie
muß die Art und Form einer Anrede an GOtt ha-
ben, entweder als eine Bitte um Gebung des Gu-
ten, — um Abwendung des Boͤſen — ſowol in
einem leiblichen als in einem geiſtlichen Anliegen:
oder, als ein Gebet, da man uͤberhaupt die Ge-
danken ſeines Herzens vor GOtt darlegt: oder,
als eine Fuͤrbitte fuͤr Andere: oder, als eine Dank-
ſagung wegen der Wohlthaten, die uns GOtt taͤg-
lich erzeiget. So hat Z. Ex. das Gebet des HErrn
die Art und Form einer Anrede an GOtt, es be-
greift ſieben Bitten — und den Beſchluß macht ein
Lob GOttes.
2. Eine Gebets-Vorſchrift fuͤr Kinder muß
nach den Faͤhigkeiten und dem Verhaͤltniß der
Kenntniſſe, die man ordentlicher Weiſe bey Kin-
dern vermuthen darf, oder wirklich antrift, einge-
richtet ſeyn. Denn wenn das Kind nicht mit dem
Munde allein, ſondern auch mit Beyſtimmung
des Herzens beten ſoll, ſo muß es Gedanken mit
ſeinen Worten verbinden koͤnnen. Ohne Gedanken
iſt keine Andacht moͤglich. — Wer es entſchuldigen
oder vertheidigen kann, daß er ſeine Kinder Gebete
oder Verſe als gebetet herſagen laͤſſt, die ihnen
nicht verſtaͤndlich ſind, mit dem will ich nicht
ſtreiten — und will auch nichts dawider ſagen —
als der Sache ihren rechten Namen geben, und es
ein Beten ohne Verſtand, ein bloſſes Mundge-
het und leeres Lippen-Werk nennen. (Vergl. die
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(2023-05-24T12:24:22Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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