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Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652].

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Ein Liebsehnlich Klagschreiben.
115.
Ein ander Liebklagendes Schrei-
ben an sein Liebchen.

WErde Jch denn nimmer-
mehr das Ende meiner Marter/
Angst und Noht/ ersehen? Es bedünket
mich/ meine Schöne/ daß/ ie länger Jch le-
be/ ie länger sich auch meine Tage erstrek-
ken; und/ daß zugleich verliebt und unglük-
selig Jch noch länger im Leben bleiben sol
und muß. Was sol Jch anfahen? Dero
alzugroße Härtigkeit leitet mich zu solchen
eusersten Mitteln/ daß ich selbst an meinem
Leben einen Verdruß führe; und liebend
nach meinem Tode seufftze; weil Jch dieses
vor das bewehrteste Mittel und Artzney
meiner Pein empfinde. Sie uhrteile/ ob Jch
nicht stund fur stund/ als von der Klahr-
heit ihrer Augen/ welche die wahrhafte
Sonne meines Lebens/ beraubt/ ein Ekel
für dem Tage haben sol; und ob nicht die
finstere und dunkele Nächte/ meine Tage
seyn; und schlüßlich/ die Traurigkeit und
hertzrührender Unmuht meine Freude. Mich
verlanget nicht/ daß diese meines Unglükkes
Erzehlung Jhr zu Mitleiden anfeuchten
sol: denn/ ohne dero Gefallen/ ist das Le-
ben mier verdrüßlich/ und der Tod an-
nehmlich. Sie eile doch geschwinde fort/

mier
Ggg iiij
Ein Liebſehnlich Klagſchreiben.
115.
Ein ander Liebklagendes Schrei-
ben an ſein Liebchen.

WErde Jch denn nimmer-
mehr das Ende meiner Marter/
Angſt und Noht/ erſéhen? Es beduͤnket
mich/ meine Schoͤne/ daß/ ie laͤnger Jch lé-
be/ ie laͤnger ſich auch meine Tage erſtrek-
ken; und/ daß zugleich verliebt und ungluͤk-
ſélig Jch noch laͤnger im Lében bleiben ſol
und muß. Was ſol Jch anfahen? Déro
alzugroße Haͤrtigkeit leitet mich zu ſolchen
euſerſten Mitteln/ daß ich ſelbſt an meinem
Lében einen Verdruß fuͤhre; und liebend
nach meinem Tode ſeufftze; weil Jch dieſes
vor das bewehrteſte Mittel und Artzney
meiner Pein empfinde. Sie uhrteile/ ob Jch
nicht ſtund fůr ſtund/ als von der Klahr-
heit ihrer Augen/ welche die wahrhafte
Sonne meines Lébens/ beraubt/ ein Ekel
fuͤr dem Tage haben ſol; und ob nicht die
finſtere und dunkele Naͤchte/ meine Tage
ſeyn; und ſchluͤßlich/ die Traurigkeit und
hertzruͤhrender Unmuht meine Freude. Mich
verlanget nicht/ daß dieſe meines Ungluͤkkes
Erzehlung Jhr zu Mitleiden anfeuchten
ſol: denn/ ohne déro Gefallen/ iſt das Lé-
ben mier verdruͤßlich/ und der Tod an-
nehmlich. Sie eile doch geſchwinde fort/

mier
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[131/0297] Ein Liebſehnlich Klagſchreiben. 115. Ein ander Liebklagendes Schrei- ben an ſein Liebchen. WErde Jch denn nimmer- mehr das Ende meiner Marter/ Angſt und Noht/ erſéhen? Es beduͤnket mich/ meine Schoͤne/ daß/ ie laͤnger Jch lé- be/ ie laͤnger ſich auch meine Tage erſtrek- ken; und/ daß zugleich verliebt und ungluͤk- ſélig Jch noch laͤnger im Lében bleiben ſol und muß. Was ſol Jch anfahen? Déro alzugroße Haͤrtigkeit leitet mich zu ſolchen euſerſten Mitteln/ daß ich ſelbſt an meinem Lében einen Verdruß fuͤhre; und liebend nach meinem Tode ſeufftze; weil Jch dieſes vor das bewehrteſte Mittel und Artzney meiner Pein empfinde. Sie uhrteile/ ob Jch nicht ſtund fůr ſtund/ als von der Klahr- heit ihrer Augen/ welche die wahrhafte Sonne meines Lébens/ beraubt/ ein Ekel fuͤr dem Tage haben ſol; und ob nicht die finſtere und dunkele Naͤchte/ meine Tage ſeyn; und ſchluͤßlich/ die Traurigkeit und hertzruͤhrender Unmuht meine Freude. Mich verlanget nicht/ daß dieſe meines Ungluͤkkes Erzehlung Jhr zu Mitleiden anfeuchten ſol: denn/ ohne déro Gefallen/ iſt das Lé- ben mier verdruͤßlich/ und der Tod an- nehmlich. Sie eile doch geſchwinde fort/ mier Ggg iiij

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Zitationshilfe: Butschky, Samuel von: Die Hochdeutsche Kantzeley. Breslau u. a., [1652], S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/butschky_kantzeley_1649/297>, abgerufen am 22.11.2024.