Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Absicht, um geglaubt zu werden. Sagt
einer zu dem andern: ich bin erfreut, Sie
wohl zu sehen,
so heißt das weiter nichts, als:
es ist mir gleichgültig, ob Sie wohl sind,
oder nicht.
Ein Glük, wenn es nicht gar
heißt: wolte Gott, daß sie nicht wohl wären!
Sagt er: ich empfehle mich Ihnen, so heißt
das nichts mehr und nichts weniger, als: ich
wil nun nach Hause gehen.
Da nun alle
über den Werth solcher Ausdrükke eins sind; so
kan gar kein Misverständniß entstehen, und wer
sie nach der Devalvazionstabelle in Kurs bringt,
handelt weder falsch noch unredlich. Wer ein
abgeseztes, zu 18 Pf. heruntergewürdigtes 3 gGr.
Stük zu 18 Pf. in Umlauf bringt, vervortheilt
niemand. Nur der würde mich betrügen, der es
zu 3 gGr. mir aufhängen wolte."

"Ohnstreitig ist hierin Konvenzion der
zuverläßige Maaßstab, zumahl der Werth aller
Dinge, die Tugend allein ausgenommen, kon-
venzional ist. Alle Menschen können also ohne
Zweifel durch einen algemeinen Vertrag eben
so gut ausmachen, daß künftig: Ihr Diener,

bedeuten
H 5

in der Abſicht, um geglaubt zu werden. Sagt
einer zu dem andern: ich bin erfreut, Sie
wohl zu ſehen,
ſo heißt das weiter nichts, als:
es iſt mir gleichguͤltig, ob Sie wohl ſind,
oder nicht.
Ein Gluͤk, wenn es nicht gar
heißt: wolte Gott, daß ſie nicht wohl waͤren!
Sagt er: ich empfehle mich Ihnen, ſo heißt
das nichts mehr und nichts weniger, als: ich
wil nun nach Hauſe gehen.
Da nun alle
uͤber den Werth ſolcher Ausdruͤkke eins ſind; ſo
kan gar kein Misverſtaͤndniß entſtehen, und wer
ſie nach der Devalvazionstabelle in Kurs bringt,
handelt weder falſch noch unredlich. Wer ein
abgeſeztes, zu 18 Pf. heruntergewuͤrdigtes 3 gGr.
Stuͤk zu 18 Pf. in Umlauf bringt, vervortheilt
niemand. Nur der wuͤrde mich betruͤgen, der es
zu 3 gGr. mir aufhaͤngen wolte.„

“Ohnſtreitig iſt hierin Konvenzion der
zuverlaͤßige Maaßſtab, zumahl der Werth aller
Dinge, die Tugend allein ausgenommen, kon-
venzional iſt. Alle Menſchen koͤnnen alſo ohne
Zweifel durch einen algemeinen Vertrag eben
ſo gut ausmachen, daß kuͤnftig: Ihr Diener,

bedeuten
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0151" n="121"/>
in der Ab&#x017F;icht, um geglaubt zu werden. Sagt<lb/>
einer zu dem andern: <hi rendition="#fr">ich bin erfreut, Sie<lb/>
wohl zu &#x017F;ehen,</hi> &#x017F;o heißt das weiter nichts, als:<lb/><hi rendition="#fr">es i&#x017F;t mir gleichgu&#x0364;ltig, ob Sie wohl &#x017F;ind,<lb/>
oder nicht.</hi> Ein Glu&#x0364;k, wenn es nicht gar<lb/>
heißt: <hi rendition="#fr">wolte Gott, daß &#x017F;ie nicht wohl wa&#x0364;ren!</hi><lb/>
Sagt er: <hi rendition="#fr">ich empfehle mich Ihnen,</hi> &#x017F;o heißt<lb/>
das nichts mehr und nichts weniger, als: <hi rendition="#fr">ich<lb/>
wil nun nach Hau&#x017F;e gehen.</hi> Da nun alle<lb/>
u&#x0364;ber den Werth &#x017F;olcher Ausdru&#x0364;kke eins &#x017F;ind; &#x017F;o<lb/>
kan gar kein Misver&#x017F;ta&#x0364;ndniß ent&#x017F;tehen, und wer<lb/>
&#x017F;ie nach der Devalvazionstabelle in Kurs bringt,<lb/>
handelt weder fal&#x017F;ch noch unredlich. Wer ein<lb/>
abge&#x017F;eztes, zu 18 Pf. heruntergewu&#x0364;rdigtes 3 gGr.<lb/>
Stu&#x0364;k zu 18 Pf. in Umlauf bringt, vervortheilt<lb/>
niemand. Nur der wu&#x0364;rde mich betru&#x0364;gen, der es<lb/>
zu 3 gGr. mir aufha&#x0364;ngen wolte.&#x201E;</p><lb/>
        <p>&#x201C;Ohn&#x017F;treitig i&#x017F;t hierin <hi rendition="#fr">Konvenzion</hi> der<lb/>
zuverla&#x0364;ßige Maaß&#x017F;tab, zumahl der Werth aller<lb/>
Dinge, die Tugend allein ausgenommen, kon-<lb/>
venzional i&#x017F;t. Alle Men&#x017F;chen ko&#x0364;nnen al&#x017F;o ohne<lb/>
Zweifel durch einen algemeinen Vertrag eben<lb/>
&#x017F;o gut ausmachen, daß ku&#x0364;nftig: <hi rendition="#fr">Ihr Diener,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 5</fw><fw place="bottom" type="catch">bedeuten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0151] in der Abſicht, um geglaubt zu werden. Sagt einer zu dem andern: ich bin erfreut, Sie wohl zu ſehen, ſo heißt das weiter nichts, als: es iſt mir gleichguͤltig, ob Sie wohl ſind, oder nicht. Ein Gluͤk, wenn es nicht gar heißt: wolte Gott, daß ſie nicht wohl waͤren! Sagt er: ich empfehle mich Ihnen, ſo heißt das nichts mehr und nichts weniger, als: ich wil nun nach Hauſe gehen. Da nun alle uͤber den Werth ſolcher Ausdruͤkke eins ſind; ſo kan gar kein Misverſtaͤndniß entſtehen, und wer ſie nach der Devalvazionstabelle in Kurs bringt, handelt weder falſch noch unredlich. Wer ein abgeſeztes, zu 18 Pf. heruntergewuͤrdigtes 3 gGr. Stuͤk zu 18 Pf. in Umlauf bringt, vervortheilt niemand. Nur der wuͤrde mich betruͤgen, der es zu 3 gGr. mir aufhaͤngen wolte.„ “Ohnſtreitig iſt hierin Konvenzion der zuverlaͤßige Maaßſtab, zumahl der Werth aller Dinge, die Tugend allein ausgenommen, kon- venzional iſt. Alle Menſchen koͤnnen alſo ohne Zweifel durch einen algemeinen Vertrag eben ſo gut ausmachen, daß kuͤnftig: Ihr Diener, bedeuten H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/151
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/151>, abgerufen am 17.05.2024.