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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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das unsrige gegen alle in lichten Flammen
stehn.

O mein Sohn, wie ruhig wolt' ich dich mit-
ten in das Gedränge der Menschen eintreten sehen,
könt' ich versichert sein, daß du in jede künftige
Lage deines Lebens ein leichtes fröhliches Herz und
eine nie versiegende Quelle guter Laune bringen
würdest! Wie sicher wolt' ich wegen der Auf-
nahme, die du überal finden würdest, wie beru-
higet über deine ganze künftige Wohlfahrt sein!

Freilich ist diese heitere und fröhliche Ge-
müthsverfassung eine Gottesgabe, die kostbarste
und wünschenswürdigste unter allen, die einem
Menschen hienieden zu Theil werden können:
aber müssen wir, weil sie das ist, die Hände in
den Schooß legen, und unthätig erwarten, daß
sie ohne alles unser Zuthun und gleichsam im
Schlaf uns werde verliehen werden? Sind Ge-
sundheit, Talente und Glüksgüter nicht gleichfals
Ausflüsse der götlichen Milde: aber wer sagt, daß
unser Bestreben darnach und unsere Bemühung,
sie zu erhalten, und zu vermehren, um deswillen
überflüssig wären? Die Vorsehung theilt ihre

Gaben

das unſrige gegen alle in lichten Flammen
ſtehn.

O mein Sohn, wie ruhig wolt’ ich dich mit-
ten in das Gedraͤnge der Menſchen eintreten ſehen,
koͤnt’ ich verſichert ſein, daß du in jede kuͤnftige
Lage deines Lebens ein leichtes froͤhliches Herz und
eine nie verſiegende Quelle guter Laune bringen
wuͤrdeſt! Wie ſicher wolt’ ich wegen der Auf-
nahme, die du uͤberal finden wuͤrdeſt, wie beru-
higet uͤber deine ganze kuͤnftige Wohlfahrt ſein!

Freilich iſt dieſe heitere und froͤhliche Ge-
muͤthsverfaſſung eine Gottesgabe, die koſtbarſte
und wuͤnſchenswuͤrdigſte unter allen, die einem
Menſchen hienieden zu Theil werden koͤnnen:
aber muͤſſen wir, weil ſie das iſt, die Haͤnde in
den Schooß legen, und unthaͤtig erwarten, daß
ſie ohne alles unſer Zuthun und gleichſam im
Schlaf uns werde verliehen werden? Sind Ge-
ſundheit, Talente und Gluͤksguͤter nicht gleichfals
Ausfluͤſſe der goͤtlichen Milde: aber wer ſagt, daß
unſer Beſtreben darnach und unſere Bemuͤhung,
ſie zu erhalten, und zu vermehren, um deswillen
uͤberfluͤſſig waͤren? Die Vorſehung theilt ihre

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[164/0194] das unſrige gegen alle in lichten Flammen ſtehn. O mein Sohn, wie ruhig wolt’ ich dich mit- ten in das Gedraͤnge der Menſchen eintreten ſehen, koͤnt’ ich verſichert ſein, daß du in jede kuͤnftige Lage deines Lebens ein leichtes froͤhliches Herz und eine nie verſiegende Quelle guter Laune bringen wuͤrdeſt! Wie ſicher wolt’ ich wegen der Auf- nahme, die du uͤberal finden wuͤrdeſt, wie beru- higet uͤber deine ganze kuͤnftige Wohlfahrt ſein! Freilich iſt dieſe heitere und froͤhliche Ge- muͤthsverfaſſung eine Gottesgabe, die koſtbarſte und wuͤnſchenswuͤrdigſte unter allen, die einem Menſchen hienieden zu Theil werden koͤnnen: aber muͤſſen wir, weil ſie das iſt, die Haͤnde in den Schooß legen, und unthaͤtig erwarten, daß ſie ohne alles unſer Zuthun und gleichſam im Schlaf uns werde verliehen werden? Sind Ge- ſundheit, Talente und Gluͤksguͤter nicht gleichfals Ausfluͤſſe der goͤtlichen Milde: aber wer ſagt, daß unſer Beſtreben darnach und unſere Bemuͤhung, ſie zu erhalten, und zu vermehren, um deswillen uͤberfluͤſſig waͤren? Die Vorſehung theilt ihre Gaben

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/194>, abgerufen am 17.05.2024.