einer Person, oder von der Fertigkeit, eine ge- wisse Sprache der Begeisterung zu reden, welche allen Dingen andere Nahmen gibt, ohne, daß die Dinge selbst darum etwas anders, als unter ihren gewöhnlichen Nahmen sind -- der Schluß, den man hiervon auf eine ausserordentliche Vor- treflichkeit des Karakters einer solchen Person zu machen pflegt, ist eben so falsch, als das Vorur- theil, welches viele gegen eine gelassene und be- scheidene Tugend gefaßt haben, eine Tugend, welche (ohne sich durch feierliches Gepränge, hoch- fliegende Ideen, anmaßliche Befreiung von den Gebrechen der menschlichen Natur, und unerbit- liche Strenge gegen dieselbe anzukündigen) nur darum wenig zu versprechen scheint, um im Werk desto mehr zu leisten."
Es mag indes der Grund des Karakters dieser Leute auch noch so gut und edel sein: so muß ich dir dennoch rathen, dich in keine enge Vertraulichkeit mit ihnen einzulassen, weil ich mit mehr, als bloßer Wahrscheinlichkeit, voraussehe, daß eure Verbindung entweder nicht dauerhaft sein, oder zu deinem Schaden ausschlagen würde;
jenes
einer Perſon, oder von der Fertigkeit, eine ge- wiſſe Sprache der Begeiſterung zu reden, welche allen Dingen andere Nahmen gibt, ohne, daß die Dinge ſelbſt darum etwas anders, als unter ihren gewoͤhnlichen Nahmen ſind — der Schluß, den man hiervon auf eine auſſerordentliche Vor- treflichkeit des Karakters einer ſolchen Perſon zu machen pflegt, iſt eben ſo falſch, als das Vorur- theil, welches viele gegen eine gelaſſene und be- ſcheidene Tugend gefaßt haben, eine Tugend, welche (ohne ſich durch feierliches Gepraͤnge, hoch- fliegende Ideen, anmaßliche Befreiung von den Gebrechen der menſchlichen Natur, und unerbit- liche Strenge gegen dieſelbe anzukuͤndigen) nur darum wenig zu verſprechen ſcheint, um im Werk deſto mehr zu leiſten.„
Es mag indes der Grund des Karakters dieſer Leute auch noch ſo gut und edel ſein: ſo muß ich dir dennoch rathen, dich in keine enge Vertraulichkeit mit ihnen einzulaſſen, weil ich mit mehr, als bloßer Wahrſcheinlichkeit, vorausſehe, daß eure Verbindung entweder nicht dauerhaft ſein, oder zu deinem Schaden ausſchlagen wuͤrde;
jenes
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0219"n="189"/>
einer Perſon, oder von der Fertigkeit, eine ge-<lb/>
wiſſe Sprache der Begeiſterung zu reden, welche<lb/>
allen Dingen andere Nahmen gibt, ohne, daß<lb/>
die Dinge ſelbſt darum etwas anders, als unter<lb/>
ihren gewoͤhnlichen Nahmen ſind — der Schluß,<lb/>
den man hiervon auf eine auſſerordentliche Vor-<lb/>
treflichkeit des Karakters einer ſolchen Perſon zu<lb/>
machen pflegt, iſt eben ſo falſch, als das Vorur-<lb/>
theil, welches viele gegen eine gelaſſene und be-<lb/>ſcheidene Tugend gefaßt haben, eine Tugend,<lb/>
welche (ohne ſich durch feierliches Gepraͤnge, hoch-<lb/>
fliegende Ideen, anmaßliche Befreiung von den<lb/>
Gebrechen der menſchlichen Natur, und unerbit-<lb/>
liche Strenge gegen dieſelbe anzukuͤndigen) nur<lb/>
darum wenig zu verſprechen ſcheint, um im Werk<lb/>
deſto mehr zu leiſten.„</p><lb/><p>Es mag indes der Grund des Karakters<lb/>
dieſer Leute auch noch ſo gut und edel ſein: ſo<lb/>
muß ich dir dennoch rathen, dich in keine enge<lb/>
Vertraulichkeit mit ihnen einzulaſſen, weil ich mit<lb/>
mehr, als bloßer Wahrſcheinlichkeit, vorausſehe,<lb/>
daß eure Verbindung entweder nicht dauerhaft<lb/>ſein, oder zu deinem Schaden ausſchlagen wuͤrde;<lb/><fwplace="bottom"type="catch">jenes</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[189/0219]
einer Perſon, oder von der Fertigkeit, eine ge-
wiſſe Sprache der Begeiſterung zu reden, welche
allen Dingen andere Nahmen gibt, ohne, daß
die Dinge ſelbſt darum etwas anders, als unter
ihren gewoͤhnlichen Nahmen ſind — der Schluß,
den man hiervon auf eine auſſerordentliche Vor-
treflichkeit des Karakters einer ſolchen Perſon zu
machen pflegt, iſt eben ſo falſch, als das Vorur-
theil, welches viele gegen eine gelaſſene und be-
ſcheidene Tugend gefaßt haben, eine Tugend,
welche (ohne ſich durch feierliches Gepraͤnge, hoch-
fliegende Ideen, anmaßliche Befreiung von den
Gebrechen der menſchlichen Natur, und unerbit-
liche Strenge gegen dieſelbe anzukuͤndigen) nur
darum wenig zu verſprechen ſcheint, um im Werk
deſto mehr zu leiſten.„
Es mag indes der Grund des Karakters
dieſer Leute auch noch ſo gut und edel ſein: ſo
muß ich dir dennoch rathen, dich in keine enge
Vertraulichkeit mit ihnen einzulaſſen, weil ich mit
mehr, als bloßer Wahrſcheinlichkeit, vorausſehe,
daß eure Verbindung entweder nicht dauerhaft
ſein, oder zu deinem Schaden ausſchlagen wuͤrde;
jenes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/219>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.