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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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jenes, wenn deine Sele über kurz oder lang zu
schwerfällig befunden würde, es der ihrigen zu
jeder Zeit an hoher Schwungkraft gleich zu
thun; dieses, wenn der Versuch, ihnen daran
ähnlich zu werden, dir wirklich von statten ginge,
und du endlich anfingest, an überspanten Em-
pfindungen und Vorstellungsarten selbst Geschmak
zu finden. Und glaube mir, mein Sohn, es
fehlt nicht an häufigen Beispielen, welche bewei-
sen, daß diese Selenseuche anstekkender, als irgend
eine andere, sei.

Hierzu komt, daß Leute dieses Schlages zu
den gewöhnlichen Geschäften des Lebens, be-
sonders wenn sie eine etwas anhaltende Streb-
samkeit erfordern, und von der Art sind, daß sie
auf der Bühne oder in einem Romane nicht
gut figuriren können, durchaus unfähig und un-
willig befunden werden; und daß also auch jede
Verbindung mit ihnen zu gemeinschaftlicher Be-
treibung solcher Geschäfte unmöglich dauerhaft
oder von guten Folgen sein kan. So oft du
daher etwas unternimst, wozu du der

Mit-

jenes, wenn deine Sele uͤber kurz oder lang zu
ſchwerfaͤllig befunden wuͤrde, es der ihrigen zu
jeder Zeit an hoher Schwungkraft gleich zu
thun; dieſes, wenn der Verſuch, ihnen daran
aͤhnlich zu werden, dir wirklich von ſtatten ginge,
und du endlich anfingeſt, an uͤberſpanten Em-
pfindungen und Vorſtellungsarten ſelbſt Geſchmak
zu finden. Und glaube mir, mein Sohn, es
fehlt nicht an haͤufigen Beiſpielen, welche bewei-
ſen, daß dieſe Selenſeuche anſtekkender, als irgend
eine andere, ſei.

Hierzu komt, daß Leute dieſes Schlages zu
den gewoͤhnlichen Geſchaͤften des Lebens, be-
ſonders wenn ſie eine etwas anhaltende Streb-
ſamkeit erfordern, und von der Art ſind, daß ſie
auf der Buͤhne oder in einem Romane nicht
gut figuriren koͤnnen, durchaus unfaͤhig und un-
willig befunden werden; und daß alſo auch jede
Verbindung mit ihnen zu gemeinſchaftlicher Be-
treibung ſolcher Geſchaͤfte unmoͤglich dauerhaft
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[190/0220] jenes, wenn deine Sele uͤber kurz oder lang zu ſchwerfaͤllig befunden wuͤrde, es der ihrigen zu jeder Zeit an hoher Schwungkraft gleich zu thun; dieſes, wenn der Verſuch, ihnen daran aͤhnlich zu werden, dir wirklich von ſtatten ginge, und du endlich anfingeſt, an uͤberſpanten Em- pfindungen und Vorſtellungsarten ſelbſt Geſchmak zu finden. Und glaube mir, mein Sohn, es fehlt nicht an haͤufigen Beiſpielen, welche bewei- ſen, daß dieſe Selenſeuche anſtekkender, als irgend eine andere, ſei. Hierzu komt, daß Leute dieſes Schlages zu den gewoͤhnlichen Geſchaͤften des Lebens, be- ſonders wenn ſie eine etwas anhaltende Streb- ſamkeit erfordern, und von der Art ſind, daß ſie auf der Buͤhne oder in einem Romane nicht gut figuriren koͤnnen, durchaus unfaͤhig und un- willig befunden werden; und daß alſo auch jede Verbindung mit ihnen zu gemeinſchaftlicher Be- treibung ſolcher Geſchaͤfte unmoͤglich dauerhaft oder von guten Folgen ſein kan. So oft du daher etwas unternimſt, wozu du der Mit-

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/220>, abgerufen am 16.05.2024.