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Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783.

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guten Gesinnungen täglich mehr und mehr be-
festigen, und so von Stufe zu Stufe zu dem
höchsten Gipfel der Volkommenheit, welcher hie-
nieden für uns erreichbar ist, hinan klimmen zu
wollen: dan trete mit Gott und gutem Muthe
in die Laufbahn, welche die götliche Vorsehung
dir eröfnen wird, und zweifle nicht, daß du den
Lauf vollenden, und ein herliches Ziel erreichen
werdest.

Kanst du aber (und Gott verhüte, daß du
hierüber noch niemahls mit dir selbst soltest zu
Rathe gegangen, oder wohl gar in einer so
wichtigen, alles entscheidenden Sache der ge-
ringsten Verstellung fähig sein!) kanst du, sage
ich, dir selbst hierüber noch keine beruhigende
Antwort geben: o so halte dich doch ja noch nicht
für berufen, irgend ein anderes Geschäfte zu be-
ginnen, als dieses nöthigste unter allen -- das
Geschäft deiner eigenen sitlichen Ausbesserung!

Denn, glaube deinem alten Vater, der ja
wahrlich keine Ursache haben kan, dich hinter-
gehen zu wollen, und der es dir bei diesem sei-
nen grauen Haupte und bei der Hofnung einer

seeligen

guten Geſinnungen taͤglich mehr und mehr be-
feſtigen, und ſo von Stufe zu Stufe zu dem
hoͤchſten Gipfel der Volkommenheit, welcher hie-
nieden fuͤr uns erreichbar iſt, hinan klimmen zu
wollen: dan trete mit Gott und gutem Muthe
in die Laufbahn, welche die goͤtliche Vorſehung
dir eroͤfnen wird, und zweifle nicht, daß du den
Lauf vollenden, und ein herliches Ziel erreichen
werdeſt.

Kanſt du aber (und Gott verhuͤte, daß du
hieruͤber noch niemahls mit dir ſelbſt ſolteſt zu
Rathe gegangen, oder wohl gar in einer ſo
wichtigen, alles entſcheidenden Sache der ge-
ringſten Verſtellung faͤhig ſein!) kanſt du, ſage
ich, dir ſelbſt hieruͤber noch keine beruhigende
Antwort geben: o ſo halte dich doch ja noch nicht
fuͤr berufen, irgend ein anderes Geſchaͤfte zu be-
ginnen, als dieſes noͤthigſte unter allen — das
Geſchaͤft deiner eigenen ſitlichen Ausbeſſerung!

Denn, glaube deinem alten Vater, der ja
wahrlich keine Urſache haben kan, dich hinter-
gehen zu wollen, und der es dir bei dieſem ſei-
nen grauen Haupte und bei der Hofnung einer

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[10/0040] guten Geſinnungen taͤglich mehr und mehr be- feſtigen, und ſo von Stufe zu Stufe zu dem hoͤchſten Gipfel der Volkommenheit, welcher hie- nieden fuͤr uns erreichbar iſt, hinan klimmen zu wollen: dan trete mit Gott und gutem Muthe in die Laufbahn, welche die goͤtliche Vorſehung dir eroͤfnen wird, und zweifle nicht, daß du den Lauf vollenden, und ein herliches Ziel erreichen werdeſt. Kanſt du aber (und Gott verhuͤte, daß du hieruͤber noch niemahls mit dir ſelbſt ſolteſt zu Rathe gegangen, oder wohl gar in einer ſo wichtigen, alles entſcheidenden Sache der ge- ringſten Verſtellung faͤhig ſein!) kanſt du, ſage ich, dir ſelbſt hieruͤber noch keine beruhigende Antwort geben: o ſo halte dich doch ja noch nicht fuͤr berufen, irgend ein anderes Geſchaͤfte zu be- ginnen, als dieſes noͤthigſte unter allen — das Geſchaͤft deiner eigenen ſitlichen Ausbeſſerung! Denn, glaube deinem alten Vater, der ja wahrlich keine Urſache haben kan, dich hinter- gehen zu wollen, und der es dir bei dieſem ſei- nen grauen Haupte und bei der Hofnung einer ſeeligen

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 1. Hamburg, 1783, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron01_1783/40>, abgerufen am 02.05.2024.