Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Wirthin, schwazt von schönen Gesinnungen und
guten Sitten, durchspikt das mit Kurzweile, und
gibt dir Seitenblikke, die dir sagen, du dürftest
mit der Zeit nicht verzweifeln, ihr besonderer
Günstling zu werden.

Nach dem Abendessen wird zufalsweise von
Pharao, Lansquenet oder Quince Erwäh-
nung gethan. Der Ritter thut den Vorschlag,
eins davon auf ein halbes Stündchen zu spielen.
Die Marquisin schreit dawider, und schwört, sie
wird es nimmermehr zugeben. Doch läßt sie
sich zulezt bewegen, weil man ihr versichert, es
sol nur um eine Kleinigkeit gespielt werden.

Nun ist denn der erwünschte Augenblik ge-
kommen. Das große Unternehmen hebt sich an.
Du wirst wenigstens um alles dein bares Geld
betrogen; und bleibst du späte dort, so maust
man dir vermuthlich Uhr und Tabaksdose, oder
nimt dir wohl, größerer Sicherheit halben, gar
das Leben.

Das ist, ich versichere dich, keine übertriebene,
sondern eine buchstäbliche Beschreibung dessen,
was in großen Hauptstädten rohen, unerfahrnen

Fremden

Wirthin, ſchwazt von ſchoͤnen Geſinnungen und
guten Sitten, durchſpikt das mit Kurzweile, und
gibt dir Seitenblikke, die dir ſagen, du duͤrfteſt
mit der Zeit nicht verzweifeln, ihr beſonderer
Guͤnſtling zu werden.

Nach dem Abendeſſen wird zufalsweiſe von
Pharao, Lanſquenet oder Quince Erwaͤh-
nung gethan. Der Ritter thut den Vorſchlag,
eins davon auf ein halbes Stuͤndchen zu ſpielen.
Die Marquiſin ſchreit dawider, und ſchwoͤrt, ſie
wird es nimmermehr zugeben. Doch laͤßt ſie
ſich zulezt bewegen, weil man ihr verſichert, es
ſol nur um eine Kleinigkeit geſpielt werden.

Nun iſt denn der erwuͤnſchte Augenblik ge-
kommen. Das große Unternehmen hebt ſich an.
Du wirſt wenigſtens um alles dein bares Geld
betrogen; und bleibſt du ſpaͤte dort, ſo maust
man dir vermuthlich Uhr und Tabaksdoſe, oder
nimt dir wohl, groͤßerer Sicherheit halben, gar
das Leben.

Das iſt, ich verſichere dich, keine uͤbertriebene,
ſondern eine buchſtaͤbliche Beſchreibung deſſen,
was in großen Hauptſtaͤdten rohen, unerfahrnen

Fremden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="173"/>
Wirthin, &#x017F;chwazt von &#x017F;cho&#x0364;nen Ge&#x017F;innungen und<lb/>
guten Sitten, durch&#x017F;pikt das mit Kurzweile, und<lb/>
gibt dir Seitenblikke, die dir &#x017F;agen, du du&#x0364;rfte&#x017F;t<lb/>
mit der Zeit nicht verzweifeln, ihr be&#x017F;onderer<lb/>
Gu&#x0364;n&#x017F;tling zu werden.</p><lb/>
        <p>Nach dem Abende&#x017F;&#x017F;en wird zufalswei&#x017F;e von<lb/><hi rendition="#fr">Pharao, Lan&#x017F;quenet</hi> oder <hi rendition="#fr">Quince</hi> Erwa&#x0364;h-<lb/>
nung gethan. Der Ritter thut den Vor&#x017F;chlag,<lb/>
eins davon auf ein halbes Stu&#x0364;ndchen zu &#x017F;pielen.<lb/>
Die Marqui&#x017F;in &#x017F;chreit dawider, und &#x017F;chwo&#x0364;rt, &#x017F;ie<lb/>
wird es nimmermehr zugeben. Doch la&#x0364;ßt &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich zulezt bewegen, weil man ihr ver&#x017F;ichert, es<lb/>
&#x017F;ol nur um eine Kleinigkeit ge&#x017F;pielt werden.</p><lb/>
        <p>Nun i&#x017F;t denn der erwu&#x0364;n&#x017F;chte Augenblik ge-<lb/>
kommen. Das große Unternehmen hebt &#x017F;ich an.<lb/>
Du wir&#x017F;t wenig&#x017F;tens um alles dein bares Geld<lb/>
betrogen; und bleib&#x017F;t du &#x017F;pa&#x0364;te dort, &#x017F;o maust<lb/>
man dir vermuthlich Uhr und Tabaksdo&#x017F;e, oder<lb/>
nimt dir wohl, gro&#x0364;ßerer Sicherheit halben, gar<lb/>
das Leben.</p><lb/>
        <p>Das i&#x017F;t, ich ver&#x017F;ichere dich, keine u&#x0364;bertriebene,<lb/>
&#x017F;ondern eine buch&#x017F;ta&#x0364;bliche Be&#x017F;chreibung de&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
was in großen Haupt&#x017F;ta&#x0364;dten rohen, unerfahrnen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Fremden</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0179] Wirthin, ſchwazt von ſchoͤnen Geſinnungen und guten Sitten, durchſpikt das mit Kurzweile, und gibt dir Seitenblikke, die dir ſagen, du duͤrfteſt mit der Zeit nicht verzweifeln, ihr beſonderer Guͤnſtling zu werden. Nach dem Abendeſſen wird zufalsweiſe von Pharao, Lanſquenet oder Quince Erwaͤh- nung gethan. Der Ritter thut den Vorſchlag, eins davon auf ein halbes Stuͤndchen zu ſpielen. Die Marquiſin ſchreit dawider, und ſchwoͤrt, ſie wird es nimmermehr zugeben. Doch laͤßt ſie ſich zulezt bewegen, weil man ihr verſichert, es ſol nur um eine Kleinigkeit geſpielt werden. Nun iſt denn der erwuͤnſchte Augenblik ge- kommen. Das große Unternehmen hebt ſich an. Du wirſt wenigſtens um alles dein bares Geld betrogen; und bleibſt du ſpaͤte dort, ſo maust man dir vermuthlich Uhr und Tabaksdoſe, oder nimt dir wohl, groͤßerer Sicherheit halben, gar das Leben. Das iſt, ich verſichere dich, keine uͤbertriebene, ſondern eine buchſtaͤbliche Beſchreibung deſſen, was in großen Hauptſtaͤdten rohen, unerfahrnen Fremden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/179
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Theophron oder der erfahrne Rathgeber für die unerfahrne Jugend. Bd. 2. Hamburg, 1783, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_theophron02_1783/179>, abgerufen am 11.12.2024.