Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
War Galiläi nicht ein Galiläer
Als er der Wahrheit wegen ward geplaget?
Du bist ja alle Wahrheit, hoher Meister,
Und warst das Licht wo immer es getaget.
Von dem was dein ist nahm der Himmelsspäher
Als er zu neuem Schauen rief die Geister.
Dein sind die großen Leister
Beim Werke der Vermenschheitung der Erde,
Die da bewältigen die Aussendinge
Daß mehr und mehr durchdringe
Sein Leibliches der Mensch und König werde,
Und ach! den meisten flocht die Welt zum Lohne
Nach heißem Tagwerk eine Dornenkrone.
Als Schleiermachers göttliche Erscheinung.
Den rohen Sinn der Zeitgenossen strafend,
Mit wunderbarem Licht dein Bild erhellte,
Vesthielt was wankend, weckte was da schlafend,
Ja Selbstverneinung abzwang der Verneinung,
Und deine Freiheit, die die Brust ihm schwellte,
Der Welt entgegenstellte,
Den Mittler neuvermittelnd an die Neuen,
Warst du es nicht der diesen Mann beseelte
Und in ihm war? Ihn quälte
Jedoch die Welt, statt seiner sich zu freuen,
Die Buchstabselige! und schwache Fliegen,
Doch böse, mußt' er mühevoll besiegen.
War Galiläi nicht ein Galiläer
Als er der Wahrheit wegen ward geplaget?
Du biſt ja alle Wahrheit, hoher Meiſter,
Und warſt das Licht wo immer es getaget.
Von dem was dein iſt nahm der Himmelsſpäher
Als er zu neuem Schauen rief die Geiſter.
Dein ſind die großen Leiſter
Beim Werke der Vermenſchheitung der Erde,
Die da bewältigen die Auſſendinge
Daß mehr und mehr durchdringe
Sein Leibliches der Menſch und König werde,
Und ach! den meiſten flocht die Welt zum Lohne
Nach heißem Tagwerk eine Dornenkrone.
Als Schleiermachers göttliche Erſcheinung.
Den rohen Sinn der Zeitgenoſſen ſtrafend,
Mit wunderbarem Licht dein Bild erhellte,
Veſthielt was wankend, weckte was da ſchlafend,
Ja Selbſtverneinung abzwang der Verneinung,
Und deine Freiheit, die die Bruſt ihm ſchwellte,
Der Welt entgegenſtellte,
Den Mittler neuvermittelnd an die Neuen,
Warſt du es nicht der dieſen Mann beſeelte
Und in ihm war? Ihn quälte
Jedoch die Welt, ſtatt ſeiner ſich zu freuen,
Die Buchſtabſelige! und ſchwache Fliegen,
Doch böſe, mußt' er mühevoll beſiegen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0079" n="65"/>
            <lg n="6">
              <l>War Galiläi nicht ein Galiläer</l><lb/>
              <l>Als er der Wahrheit wegen ward geplaget?</l><lb/>
              <l>Du bi&#x017F;t ja alle Wahrheit, hoher Mei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Und war&#x017F;t das Licht wo immer es getaget.</l><lb/>
              <l>Von dem was dein i&#x017F;t nahm der Himmels&#x017F;päher</l><lb/>
              <l>Als er zu neuem Schauen rief die Gei&#x017F;ter.</l><lb/>
              <l>Dein &#x017F;ind die großen Lei&#x017F;ter</l><lb/>
              <l>Beim Werke der Vermen&#x017F;chheitung der Erde,</l><lb/>
              <l>Die da bewältigen die Au&#x017F;&#x017F;endinge</l><lb/>
              <l>Daß mehr und mehr durchdringe</l><lb/>
              <l>Sein Leibliches der Men&#x017F;ch und König werde,</l><lb/>
              <l>Und ach! den mei&#x017F;ten flocht die Welt zum Lohne</l><lb/>
              <l>Nach heißem Tagwerk eine Dornenkrone.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="7">
              <l>Als Schleiermachers göttliche Er&#x017F;cheinung.</l><lb/>
              <l>Den rohen Sinn der Zeitgeno&#x017F;&#x017F;en &#x017F;trafend,</l><lb/>
              <l>Mit wunderbarem Licht dein Bild erhellte,</l><lb/>
              <l>Ve&#x017F;thielt was wankend, weckte was da &#x017F;chlafend,</l><lb/>
              <l>Ja Selb&#x017F;tverneinung abzwang der Verneinung,</l><lb/>
              <l>Und deine Freiheit, die die Bru&#x017F;t ihm &#x017F;chwellte,</l><lb/>
              <l>Der Welt entgegen&#x017F;tellte,</l><lb/>
              <l>Den Mittler neuvermittelnd an die Neuen,</l><lb/>
              <l>War&#x017F;t du es nicht der die&#x017F;en Mann be&#x017F;eelte</l><lb/>
              <l>Und in ihm war? Ihn quälte</l><lb/>
              <l>Jedoch die Welt, &#x017F;tatt &#x017F;einer &#x017F;ich zu freuen,</l><lb/>
              <l>Die Buch&#x017F;tab&#x017F;elige! und &#x017F;chwache Fliegen,</l><lb/>
              <l>Doch bö&#x017F;e, mußt' er mühevoll be&#x017F;iegen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0079] War Galiläi nicht ein Galiläer Als er der Wahrheit wegen ward geplaget? Du biſt ja alle Wahrheit, hoher Meiſter, Und warſt das Licht wo immer es getaget. Von dem was dein iſt nahm der Himmelsſpäher Als er zu neuem Schauen rief die Geiſter. Dein ſind die großen Leiſter Beim Werke der Vermenſchheitung der Erde, Die da bewältigen die Auſſendinge Daß mehr und mehr durchdringe Sein Leibliches der Menſch und König werde, Und ach! den meiſten flocht die Welt zum Lohne Nach heißem Tagwerk eine Dornenkrone. Als Schleiermachers göttliche Erſcheinung. Den rohen Sinn der Zeitgenoſſen ſtrafend, Mit wunderbarem Licht dein Bild erhellte, Veſthielt was wankend, weckte was da ſchlafend, Ja Selbſtverneinung abzwang der Verneinung, Und deine Freiheit, die die Bruſt ihm ſchwellte, Der Welt entgegenſtellte, Den Mittler neuvermittelnd an die Neuen, Warſt du es nicht der dieſen Mann beſeelte Und in ihm war? Ihn quälte Jedoch die Welt, ſtatt ſeiner ſich zu freuen, Die Buchſtabſelige! und ſchwache Fliegen, Doch böſe, mußt' er mühevoll beſiegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/79
Zitationshilfe: Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/79>, abgerufen am 21.11.2024.