Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
So will ich ernst und trauernd überlegen
Was maßen ward dein Leib für mich gebrochen,
Und freudig wird alsbald mein Sinn sich heben
Und liebender mein Herz und reiner pochen.
Ist doch, weil nur dein Tod es zu erregen
Vermocht, mir doppelt wert das höchste Leben,
Und wenn uns tief durchbeben,
Beim heil'gen Mahle deine tausend Schmerzen,
Wird gleichsehr, deine Ziele zu erjagen
So lang es uns will tagen,
Ein hoher Mut befeuern alle Herzen.
Und also wird dein Leib auf geist'ge Weise
In Wahrheit Himmelsstärkung uns und Speise.
Ihr aber wollt das Abendmahl ja rein nur
Vom blutgeschichtlich tragischen Geschmacke.
Als "Liebesmahl" nur mögt ihr es "mitmachen."
Traun! ist wo Gold, so wollt ihr's ohne Schlacke.
Nun ist zwar Leiden ohne Leib ein Schein nur,
Und Christi Leiden Stärkung für mich Schwachen,
Doch sei's! Spitzfindig flachen
Lehrwust gar selbst nicht mag ich alter Zeiten.
Nur sagt mir auch, ihr Guten! wie man könnte,
Wenn Undank es begönnte,
Zu einem Liebesmahle sich bereiten.
Wie mag ich euch doch meine Liebe schenken
Wenn ich des großen Freunds nicht soll gedenken?
So will ich ernſt und trauernd überlegen
Was maßen ward dein Leib für mich gebrochen,
Und freudig wird alsbald mein Sinn ſich heben
Und liebender mein Herz und reiner pochen.
Iſt doch, weil nur dein Tod es zu erregen
Vermocht, mir doppelt wert das höchſte Leben,
Und wenn uns tief durchbeben,
Beim heil'gen Mahle deine tauſend Schmerzen,
Wird gleichſehr, deine Ziele zu erjagen
So lang es uns will tagen,
Ein hoher Mut befeuern alle Herzen.
Und alſo wird dein Leib auf geiſt'ge Weiſe
In Wahrheit Himmelsſtärkung uns und Speiſe.
Ihr aber wollt das Abendmahl ja rein nur
Vom blutgeſchichtlich tragiſchen Geſchmacke.
Als „Liebesmahl“ nur mögt ihr es „mitmachen.“
Traun! iſt wo Gold, ſo wollt ihr's ohne Schlacke.
Nun iſt zwar Leiden ohne Leib ein Schein nur,
Und Chriſti Leiden Stärkung für mich Schwachen,
Doch ſei's! Spitzfindig flachen
Lehrwuſt gar ſelbſt nicht mag ich alter Zeiten.
Nur ſagt mir auch, ihr Guten! wie man könnte,
Wenn Undank es begönnte,
Zu einem Liebesmahle ſich bereiten.
Wie mag ich euch doch meine Liebe ſchenken
Wenn ich des großen Freunds nicht ſoll gedenken?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0080" n="66"/>
            <lg n="8">
              <l>So will ich ern&#x017F;t und trauernd überlegen</l><lb/>
              <l>Was maßen ward dein Leib für mich gebrochen,</l><lb/>
              <l>Und freudig wird alsbald mein Sinn &#x017F;ich heben</l><lb/>
              <l>Und liebender mein Herz und reiner pochen.</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t doch, weil nur dein Tod es zu erregen</l><lb/>
              <l>Vermocht, mir doppelt wert das höch&#x017F;te Leben,</l><lb/>
              <l>Und wenn uns tief durchbeben,</l><lb/>
              <l>Beim heil'gen Mahle deine tau&#x017F;end Schmerzen,</l><lb/>
              <l>Wird gleich&#x017F;ehr, deine Ziele zu erjagen</l><lb/>
              <l>So lang es uns will tagen,</l><lb/>
              <l>Ein hoher Mut befeuern alle Herzen.</l><lb/>
              <l>Und al&#x017F;o wird dein Leib auf gei&#x017F;t'ge Wei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>In Wahrheit Himmels&#x017F;tärkung uns und Spei&#x017F;e.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="9">
              <l>Ihr aber wollt das Abendmahl ja rein nur</l><lb/>
              <l>Vom blutge&#x017F;chichtlich tragi&#x017F;chen Ge&#x017F;chmacke.</l><lb/>
              <l>Als &#x201E;<hi rendition="#g">Liebesmahl</hi>&#x201C; nur mögt ihr es &#x201E;<hi rendition="#g">mitmachen</hi>.&#x201C;</l><lb/>
              <l>Traun! i&#x017F;t wo Gold, &#x017F;o wollt ihr's ohne Schlacke.</l><lb/>
              <l>Nun i&#x017F;t zwar Leiden ohne Leib ein Schein nur,</l><lb/>
              <l>Und Chri&#x017F;ti Leiden Stärkung für mich Schwachen,</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;ei's! Spitzfindig flachen</l><lb/>
              <l>Lehrwu&#x017F;t gar &#x017F;elb&#x017F;t nicht mag ich alter Zeiten.</l><lb/>
              <l>Nur &#x017F;agt mir auch, ihr Guten! wie man könnte,</l><lb/>
              <l>Wenn Undank es begönnte,</l><lb/>
              <l>Zu einem Liebesmahle &#x017F;ich bereiten.</l><lb/>
              <l>Wie mag ich euch doch meine Liebe &#x017F;chenken</l><lb/>
              <l>Wenn ich des großen Freunds nicht &#x017F;oll gedenken?</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0080] So will ich ernſt und trauernd überlegen Was maßen ward dein Leib für mich gebrochen, Und freudig wird alsbald mein Sinn ſich heben Und liebender mein Herz und reiner pochen. Iſt doch, weil nur dein Tod es zu erregen Vermocht, mir doppelt wert das höchſte Leben, Und wenn uns tief durchbeben, Beim heil'gen Mahle deine tauſend Schmerzen, Wird gleichſehr, deine Ziele zu erjagen So lang es uns will tagen, Ein hoher Mut befeuern alle Herzen. Und alſo wird dein Leib auf geiſt'ge Weiſe In Wahrheit Himmelsſtärkung uns und Speiſe. Ihr aber wollt das Abendmahl ja rein nur Vom blutgeſchichtlich tragiſchen Geſchmacke. Als „Liebesmahl“ nur mögt ihr es „mitmachen.“ Traun! iſt wo Gold, ſo wollt ihr's ohne Schlacke. Nun iſt zwar Leiden ohne Leib ein Schein nur, Und Chriſti Leiden Stärkung für mich Schwachen, Doch ſei's! Spitzfindig flachen Lehrwuſt gar ſelbſt nicht mag ich alter Zeiten. Nur ſagt mir auch, ihr Guten! wie man könnte, Wenn Undank es begönnte, Zu einem Liebesmahle ſich bereiten. Wie mag ich euch doch meine Liebe ſchenken Wenn ich des großen Freunds nicht ſoll gedenken?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/80
Zitationshilfe: Candidus, Karl: Der deutsche Christus. Fünfzehn Canzonen. Leipzig, 1844, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/candidus_christus_1854/80>, abgerufen am 21.11.2024.