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[Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700.

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Dient mir das/ was ich weiß von Satzung und Gerich-
ten/

Zu nichts als nach der Kunst der Bauren Streit zu
schlichten/

Zu rechnen was ein Feld mehr als das andre trägt/
Wie viel mir ohngefehr der Pachter unter schlägt?
Und hab ich der Natur Geheimniß forschen lernen
Von tiefstem Abgrund an/ biß zu dem Lauff der Sternen/
Allein zu diesen Zweck/ daß ich den rechten Tag/
Zum propffen und zur Saat im Monath treffen mag?
Wer nicht zu kleinem Guth ein grössers wil erwerben/
Der muß von Gram und Schaam/ wo nicht von Hunger
sterben;

Was ehmals einen Rust von grossem Reichthum gab/
Wirft itzt nach unser Art die Nothdurft selten ab.
Und solte denn nur das in meine Renthen fliessen/
Was mir durch fremden Schweiß der Frohndienst läßt
geniessen/

Wie kan ich sicher seyn/ daß nicht vielleicht noch heut/
Mich plötzlich überfällt die bittre Dürfftigkeit.
Wie? wenn mein mattes Vieh von Gifft und Seuche
schwindet/

Wie? wenn man leeres Stroh in meine Garben bindet/
Wie? wenn durch schnelle Gluth das Meinige verfleucht/
Wie?wenn ein kühner Feind durch unsre Gräntzen streicht.
WennSchoß und Steuer-Geld wird hefftig eingetrieben?
Wenn endlich was von Hitz und Frost ist übrig blieben/
Was Feuer/ Gifft und Feind/ an Vorrath hat verschont/
Raubt jener Freunde Schwarm/ der in der Nähe wohnt/
Wenn das Verhängniß wil/ daß sie mein Hauß zu ehren/
Aus nachbarlicher Gunst/ den kleinen Rest verzehren?
Wo aber ist der Ort der einen muntern Geist/
Geschwinder als der Hoff in seinem Vortheil weist/
Und täglich Anlaß giebt/ bey so verschiednen Fällen/
Was man begriffen hat/ ans volle Licht zu stellen?
Was fehlet einem wol der es so weit gebracht/
Daß
Dient mir das/ was ich weiß von Satzung und Gerich-
ten/

Zu nichts als nach der Kunſt der Bauren Streit zu
ſchlichten/

Zu rechnen was ein Feld mehr als das andre traͤgt/
Wie viel mir ohngefehr der Pachter unter ſchlaͤgt?
Und hab ich der Natur Geheimniß forſchen lernen
Von tiefſtem Abgrund an/ biß zu dem Lauff der Sternen/
Allein zu dieſen Zweck/ daß ich den rechten Tag/
Zum propffen und zur Saat im Monath treffen mag?
Wer nicht zu kleinem Guth ein groͤſſers wil erwerben/
Der muß von Gram und Schaam/ wo nicht von Hunger
ſterben;

Was ehmals einen Ruſt von groſſem Reichthum gab/
Wirft itzt nach unſer Art die Nothdurft ſelten ab.
Und ſolte denn nur das in meine Renthen flieſſen/
Was mir durch fremden Schweiß der Frohndienſt laͤßt
genieſſen/

Wie kan ich ſicher ſeyn/ daß nicht vielleicht noch heut/
Mich ploͤtzlich uͤberfaͤllt die bittre Duͤrfftigkeit.
Wie? wenn mein mattes Vieh von Gifft und Seuche
ſchwindet/

Wie? wenn man leeres Stroh in meine Garben bindet/
Wie? wenn durch ſchnelle Gluth das Meinige verfleucht/
Wie?weñ ein kuͤhner Feind durch unſre Graͤntzen ſtreicht.
WeñSchoß und Steuer-Geld wird hefftig eingetrieben?
Wenn endlich was von Hitz und Froſt iſt uͤbrig blieben/
Was Feuer/ Gifft und Feind/ an Vorrath hat verſchont/
Raubt jener Freunde Schwarm/ der in der Naͤhe wohnt/
Wenn das Verhaͤngniß wil/ daß ſie mein Hauß zu ehren/
Aus nachbarlicher Gunſt/ den kleinen Reſt verzehren?
Wo aber iſt der Ort der einen muntern Geiſt/
Geſchwinder als der Hoff in ſeinem Vortheil weiſt/
Und taͤglich Anlaß giebt/ bey ſo verſchiednen Faͤllen/
Was man begriffen hat/ ans volle Licht zu ſtellen?
Was fehlet einem wol der es ſo weit gebracht/
Daß
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[94/0107] Dient mir das/ was ich weiß von Satzung und Gerich- ten/ Zu nichts als nach der Kunſt der Bauren Streit zu ſchlichten/ Zu rechnen was ein Feld mehr als das andre traͤgt/ Wie viel mir ohngefehr der Pachter unter ſchlaͤgt? Und hab ich der Natur Geheimniß forſchen lernen Von tiefſtem Abgrund an/ biß zu dem Lauff der Sternen/ Allein zu dieſen Zweck/ daß ich den rechten Tag/ Zum propffen und zur Saat im Monath treffen mag? Wer nicht zu kleinem Guth ein groͤſſers wil erwerben/ Der muß von Gram und Schaam/ wo nicht von Hunger ſterben; Was ehmals einen Ruſt von groſſem Reichthum gab/ Wirft itzt nach unſer Art die Nothdurft ſelten ab. Und ſolte denn nur das in meine Renthen flieſſen/ Was mir durch fremden Schweiß der Frohndienſt laͤßt genieſſen/ Wie kan ich ſicher ſeyn/ daß nicht vielleicht noch heut/ Mich ploͤtzlich uͤberfaͤllt die bittre Duͤrfftigkeit. Wie? wenn mein mattes Vieh von Gifft und Seuche ſchwindet/ Wie? wenn man leeres Stroh in meine Garben bindet/ Wie? wenn durch ſchnelle Gluth das Meinige verfleucht/ Wie?weñ ein kuͤhner Feind durch unſre Graͤntzen ſtreicht. WeñSchoß und Steuer-Geld wird hefftig eingetrieben? Wenn endlich was von Hitz und Froſt iſt uͤbrig blieben/ Was Feuer/ Gifft und Feind/ an Vorrath hat verſchont/ Raubt jener Freunde Schwarm/ der in der Naͤhe wohnt/ Wenn das Verhaͤngniß wil/ daß ſie mein Hauß zu ehren/ Aus nachbarlicher Gunſt/ den kleinen Reſt verzehren? Wo aber iſt der Ort der einen muntern Geiſt/ Geſchwinder als der Hoff in ſeinem Vortheil weiſt/ Und taͤglich Anlaß giebt/ bey ſo verſchiednen Faͤllen/ Was man begriffen hat/ ans volle Licht zu ſtellen? Was fehlet einem wol der es ſo weit gebracht/ Daß

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Zitationshilfe: [Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von]: Neben-Stunden Unterschiedener Gedichte. [Hrsg. v. Joachim Lange]. Berlin, 1700, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/canitz_gedichte_1700/107>, abgerufen am 13.05.2024.