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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

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Demetrie Kantemirs
Fürstenthume, als bis das kantemirische Geschlecht gänzlich erloschen wäre,
gelassen werden sollte. Diese Bedingungen, nebst noch einigen andern, wurden
von dem Zare zu Lüsk in Polen, am 13 (24) April des Jahres 1711, bestätiget,
unter Beydrückung des Reichssiegels ausgefertiget, und mit einem eigenen Bo-
ten an den Fürsten gesendet. Diesem Vergleiche zufolge gab Demetrie von Zeit
zu Zeit dem Zare dienliche Nachrichten wegen der Völker, die er ihm zubringen
würde; und wegen der Art und Weise, wie er seine Unternehmung ins Werk
richten sollte.

Mittlerweile ermangelte derselbe nicht, mit dem Brückenbaue über die Do-
nau fortzufahren, als dessen Veranstaltung (auf Kosten der Türken, so daß
Moldau und Walachey das Zimmerholz dazu liefern mußten) ihm völlig auf-
getragen war: so daß es bey ihm stunde, das Werk zu verzögern; welches er
auch aus äußersten Kräften that, ohne den mindesten Verdacht einer Gemein-
schaft mit Rußland auf sich zu laden: dabey er den Zar beständig trieb, seinen
Zug zu beschleunigen, ehe die Brücke vollendet wäre. Zu allem Unglücke aber
wurde seinem Rathe, als eines Mannes, dessen Treue noch nicht bewähret war,
nicht genau nachgelebet: so daß der Zar, den der Fürst in der Walachey,
Brankowan, durch seine gemachte Hoffnung betrog, viel zu spät anlangte, als
daß er den Uebergang der Türken über die Donau hätte verhindern können.
Der Zar kam nach Jassij im Junius des Jahres 1711, da der Adel und das1711
Volk von Moldau ihn für ihren Oberherrn erkenneten, und ihm den Eid der Treue
öffentlich schwuren. Weil der ganze Verlauf der Sache in der vorhergehenden
Geschichte umständlich erzählet ist: so wird hier genug seyn, nur so viel zu mel-
den; daß der Zar wegen Mangels an Lebensmitteln genöthiget wurde, einen
nachtheiligen Frieden mit den Türken einzugehen: iedoch, zu seinem unsterbli-
chen Ruhme, die Forderung, den Fürsten Kantemir auszuliefern, abschluge;
ungeachtet er selbst, sein Haus und Kriegesheer sich in der äußersten Noth be-
fanden. Sein Gevollmächtigter bekam Befehl, den Türken zu sagen: der Fürst
sey nicht in seinem Lager; da derselbe inzwischen während der Unterhandlungen
in der Kutsche der Zarinn verstecket war, welches niemand wußte, als ein Die-
ner, der ihm das Essen brachte.

Weil nun der Fürst sahe, daß er nicht in Moldau bleiben konnte: so er-
hielte derselbe einen offenen Brief von dem Zare, darinnen der Zar ihm und
den moldauischen Edelleuten wegen ihres erleidenden Verlustes Vergütung,
und eine sichere Zuflucht in seinen Ländern, versprach. Durch diese Urkunde
(die unterzeichnet ist zu Mohilow, am 1 (12) August, 1711) erklärete er Demetrie
und seine Erben zu Fürsten des russischen Reichs, mit dem Titel hochfürstliche
Durchlaucht, und ertheilte ihm die Befreyung, daß er niemandem, als dem

Zare
5 O 3

Demetrie Kantemirs
Fuͤrſtenthume, als bis das kantemiriſche Geſchlecht gaͤnzlich erloſchen waͤre,
gelaſſen werden ſollte. Dieſe Bedingungen, nebſt noch einigen andern, wurden
von dem Zare zu Luͤſk in Polen, am 13 (24) April des Jahres 1711, beſtaͤtiget,
unter Beydruͤckung des Reichsſiegels ausgefertiget, und mit einem eigenen Bo-
ten an den Fuͤrſten geſendet. Dieſem Vergleiche zufolge gab Demetrie von Zeit
zu Zeit dem Zare dienliche Nachrichten wegen der Voͤlker, die er ihm zubringen
wuͤrde; und wegen der Art und Weiſe, wie er ſeine Unternehmung ins Werk
richten ſollte.

Mittlerweile ermangelte derſelbe nicht, mit dem Bruͤckenbaue uͤber die Do-
nau fortzufahren, als deſſen Veranſtaltung (auf Koſten der Tuͤrken, ſo daß
Moldau und Walachey das Zimmerholz dazu liefern mußten) ihm voͤllig auf-
getragen war: ſo daß es bey ihm ſtunde, das Werk zu verzoͤgern; welches er
auch aus aͤußerſten Kraͤften that, ohne den mindeſten Verdacht einer Gemein-
ſchaft mit Rußland auf ſich zu laden: dabey er den Zar beſtaͤndig trieb, ſeinen
Zug zu beſchleunigen, ehe die Bruͤcke vollendet waͤre. Zu allem Ungluͤcke aber
wurde ſeinem Rathe, als eines Mannes, deſſen Treue noch nicht bewaͤhret war,
nicht genau nachgelebet: ſo daß der Zar, den der Fuͤrſt in der Walachey,
Brankowan, durch ſeine gemachte Hoffnung betrog, viel zu ſpaͤt anlangte, als
daß er den Uebergang der Tuͤrken uͤber die Donau haͤtte verhindern koͤnnen.
Der Zar kam nach Jaſſij im Junius des Jahres 1711, da der Adel und das1711
Volk von Moldau ihn fuͤr ihren Oberherrn erkenneten, und ihm den Eid der Treue
oͤffentlich ſchwuren. Weil der ganze Verlauf der Sache in der vorhergehenden
Geſchichte umſtaͤndlich erzaͤhlet iſt: ſo wird hier genug ſeyn, nur ſo viel zu mel-
den; daß der Zar wegen Mangels an Lebensmitteln genoͤthiget wurde, einen
nachtheiligen Frieden mit den Tuͤrken einzugehen: iedoch, zu ſeinem unſterbli-
chen Ruhme, die Forderung, den Fuͤrſten Kantemir auszuliefern, abſchluge;
ungeachtet er ſelbſt, ſein Haus und Kriegesheer ſich in der aͤußerſten Noth be-
fanden. Sein Gevollmaͤchtigter bekam Befehl, den Tuͤrken zu ſagen: der Fuͤrſt
ſey nicht in ſeinem Lager; da derſelbe inzwiſchen waͤhrend der Unterhandlungen
in der Kutſche der Zarinn verſtecket war, welches niemand wußte, als ein Die-
ner, der ihm das Eſſen brachte.

Weil nun der Fuͤrſt ſahe, daß er nicht in Moldau bleiben konnte: ſo er-
hielte derſelbe einen offenen Brief von dem Zare, darinnen der Zar ihm und
den moldauiſchen Edelleuten wegen ihres erleidenden Verluſtes Verguͤtung,
und eine ſichere Zuflucht in ſeinen Laͤndern, verſprach. Durch dieſe Urkunde
(die unterzeichnet iſt zu Mohilow, am 1 (12) Auguſt, 1711) erklaͤrete er Demetrie
und ſeine Erben zu Fuͤrſten des ruſſiſchen Reichs, mit dem Titel hochfuͤrſtliche
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Zare
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[845/0963] Demetrie Kantemirs Fuͤrſtenthume, als bis das kantemiriſche Geſchlecht gaͤnzlich erloſchen waͤre, gelaſſen werden ſollte. Dieſe Bedingungen, nebſt noch einigen andern, wurden von dem Zare zu Luͤſk in Polen, am 13 (24) April des Jahres 1711, beſtaͤtiget, unter Beydruͤckung des Reichsſiegels ausgefertiget, und mit einem eigenen Bo- ten an den Fuͤrſten geſendet. Dieſem Vergleiche zufolge gab Demetrie von Zeit zu Zeit dem Zare dienliche Nachrichten wegen der Voͤlker, die er ihm zubringen wuͤrde; und wegen der Art und Weiſe, wie er ſeine Unternehmung ins Werk richten ſollte. Mittlerweile ermangelte derſelbe nicht, mit dem Bruͤckenbaue uͤber die Do- nau fortzufahren, als deſſen Veranſtaltung (auf Koſten der Tuͤrken, ſo daß Moldau und Walachey das Zimmerholz dazu liefern mußten) ihm voͤllig auf- getragen war: ſo daß es bey ihm ſtunde, das Werk zu verzoͤgern; welches er auch aus aͤußerſten Kraͤften that, ohne den mindeſten Verdacht einer Gemein- ſchaft mit Rußland auf ſich zu laden: dabey er den Zar beſtaͤndig trieb, ſeinen Zug zu beſchleunigen, ehe die Bruͤcke vollendet waͤre. Zu allem Ungluͤcke aber wurde ſeinem Rathe, als eines Mannes, deſſen Treue noch nicht bewaͤhret war, nicht genau nachgelebet: ſo daß der Zar, den der Fuͤrſt in der Walachey, Brankowan, durch ſeine gemachte Hoffnung betrog, viel zu ſpaͤt anlangte, als daß er den Uebergang der Tuͤrken uͤber die Donau haͤtte verhindern koͤnnen. Der Zar kam nach Jaſſij im Junius des Jahres 1711, da der Adel und das Volk von Moldau ihn fuͤr ihren Oberherrn erkenneten, und ihm den Eid der Treue oͤffentlich ſchwuren. Weil der ganze Verlauf der Sache in der vorhergehenden Geſchichte umſtaͤndlich erzaͤhlet iſt: ſo wird hier genug ſeyn, nur ſo viel zu mel- den; daß der Zar wegen Mangels an Lebensmitteln genoͤthiget wurde, einen nachtheiligen Frieden mit den Tuͤrken einzugehen: iedoch, zu ſeinem unſterbli- chen Ruhme, die Forderung, den Fuͤrſten Kantemir auszuliefern, abſchluge; ungeachtet er ſelbſt, ſein Haus und Kriegesheer ſich in der aͤußerſten Noth be- fanden. Sein Gevollmaͤchtigter bekam Befehl, den Tuͤrken zu ſagen: der Fuͤrſt ſey nicht in ſeinem Lager; da derſelbe inzwiſchen waͤhrend der Unterhandlungen in der Kutſche der Zarinn verſtecket war, welches niemand wußte, als ein Die- ner, der ihm das Eſſen brachte. 1711 Weil nun der Fuͤrſt ſahe, daß er nicht in Moldau bleiben konnte: ſo er- hielte derſelbe einen offenen Brief von dem Zare, darinnen der Zar ihm und den moldauiſchen Edelleuten wegen ihres erleidenden Verluſtes Verguͤtung, und eine ſichere Zuflucht in ſeinen Laͤndern, verſprach. Durch dieſe Urkunde (die unterzeichnet iſt zu Mohilow, am 1 (12) Auguſt, 1711) erklaͤrete er Demetrie und ſeine Erben zu Fuͤrſten des ruſſiſchen Reichs, mit dem Titel hochfuͤrſtliche Durchlaucht, und ertheilte ihm die Befreyung, daß er niemandem, als dem Zare 5 O 3

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Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/963>, abgerufen am 21.11.2024.