Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 146.

Ein Heilverfahren kann bey zu früher Menstruation
nur wo sie in Folge anderer Krankheitszustände oder durch
fehlerhafte Lebensweise bedingt ist, Statt finden, indem, wo
sie als Folge ursprünglich veränderter Bildungsrichtung er-
scheint, sich höchstens durch Auswahl leicht verdaulicher nahr-
hafter Diät, durch Landluft, Bäder und nöthigenfalls durch
den Apparat stärkender Arzneymittel, die allgemeine Repro-
duktion unterstützen, aber die eigentliche abnorm zeitig eintre-
tende Pubertätsentwicklung durch keine Art angewendeter Mit-
tel sich hemmen, oder die Organisation sich gänzlich zurück-
bilden läßt.

§. 147.

Die Anordnung des Heilplans übrigens für die beyden
andern Fälle ergiebt sich schon beynahe von selbst. Zuerst die scro-
fulösen Leiden, die mannigfaltigen Obstruktionen u. s. w. an-
gehend, so können und müssen sie vorzüglich durch angeregte
erhöhte Thätigkeit des Darmkanals gehoben werden. Der
längere Zeit fortgesetzte Gebrauch gelind abführender Mittel,
namentlich der Mittelsalze, des Rheum, des Tamarinden-
Aufgußes, der seifenhaften Extracte, die Seife selbst in Pil-
lenform, auch wohl mit Antimonialpräparaten verbunden,
wirkt hier ausgezeichnet, indem diese Methode bey vermehrter
Secretion der innern Darmwände, sehr viel zur Zertheilung
angeschwollener Drüsen, und Herstellung regelmäßiger Säfte-
bewegung in den Unterleibsgefäßen beytragen wird, ja, wenn
sie durch Einreibungen des flüchtigen Liniments in den Unter-
leib, sorgfältige Hautkultur, Gebrauch von Seifen- oder auch
wohl von salinischen Bädern, durch freie Luft, hinlängliche
Bewegung, und eine geregelte leicht verdauliche Diät unter-
stützt wird, vorzüglich geeignet ist, die völlige Gesundheit
wieder herzustellen, und so auch das Symptom jenes Krank-
heitszustandes, die zu früh erschienene Menstruation zu beseitigen;
eben so wie wir auf ähnliche Behandlung andere, in Leiden
einzelner Unterleibsorgane begründete Blutergießungen der Un-
terleibsgefäße (z. B. Hämorrhoidalflüße, Blutbrechen, Mor-
bus niger
) verschwinden sehen. Complicationen mit Wurm-

§. 146.

Ein Heilverfahren kann bey zu fruͤher Menſtruation
nur wo ſie in Folge anderer Krankheitszuſtaͤnde oder durch
fehlerhafte Lebensweiſe bedingt iſt, Statt finden, indem, wo
ſie als Folge urſpruͤnglich veraͤnderter Bildungsrichtung er-
ſcheint, ſich hoͤchſtens durch Auswahl leicht verdaulicher nahr-
hafter Diaͤt, durch Landluft, Baͤder und noͤthigenfalls durch
den Apparat ſtaͤrkender Arzneymittel, die allgemeine Repro-
duktion unterſtuͤtzen, aber die eigentliche abnorm zeitig eintre-
tende Pubertaͤtsentwicklung durch keine Art angewendeter Mit-
tel ſich hemmen, oder die Organiſation ſich gaͤnzlich zuruͤck-
bilden laͤßt.

§. 147.

Die Anordnung des Heilplans uͤbrigens fuͤr die beyden
andern Faͤlle ergiebt ſich ſchon beynahe von ſelbſt. Zuerſt die ſcro-
fuloͤſen Leiden, die mannigfaltigen Obſtruktionen u. ſ. w. an-
gehend, ſo koͤnnen und muͤſſen ſie vorzuͤglich durch angeregte
erhoͤhte Thaͤtigkeit des Darmkanals gehoben werden. Der
laͤngere Zeit fortgeſetzte Gebrauch gelind abfuͤhrender Mittel,
namentlich der Mittelſalze, des Rheum, des Tamarinden-
Aufgußes, der ſeifenhaften Extracte, die Seife ſelbſt in Pil-
lenform, auch wohl mit Antimonialpraͤparaten verbunden,
wirkt hier ausgezeichnet, indem dieſe Methode bey vermehrter
Secretion der innern Darmwaͤnde, ſehr viel zur Zertheilung
angeſchwollener Druͤſen, und Herſtellung regelmaͤßiger Saͤfte-
bewegung in den Unterleibsgefaͤßen beytragen wird, ja, wenn
ſie durch Einreibungen des fluͤchtigen Liniments in den Unter-
leib, ſorgfaͤltige Hautkultur, Gebrauch von Seifen- oder auch
wohl von ſaliniſchen Baͤdern, durch freie Luft, hinlaͤngliche
Bewegung, und eine geregelte leicht verdauliche Diaͤt unter-
ſtuͤtzt wird, vorzuͤglich geeignet iſt, die voͤllige Geſundheit
wieder herzuſtellen, und ſo auch das Symptom jenes Krank-
heitszuſtandes, die zu fruͤh erſchienene Menſtruation zu beſeitigen;
eben ſo wie wir auf aͤhnliche Behandlung andere, in Leiden
einzelner Unterleibsorgane begruͤndete Blutergießungen der Un-
terleibsgefaͤße (z. B. Haͤmorrhoidalfluͤße, Blutbrechen, Mor-
bus niger
) verſchwinden ſehen. Complicationen mit Wurm-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0130" n="110"/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 146.</head><lb/>
                    <p>Ein <hi rendition="#g">Heilverfahren</hi> kann bey zu fru&#x0364;her Men&#x017F;truation<lb/>
nur wo &#x017F;ie in Folge anderer Krankheitszu&#x017F;ta&#x0364;nde oder durch<lb/>
fehlerhafte Lebenswei&#x017F;e bedingt i&#x017F;t, Statt finden, indem, wo<lb/>
&#x017F;ie als Folge ur&#x017F;pru&#x0364;nglich vera&#x0364;nderter Bildungsrichtung er-<lb/>
&#x017F;cheint, &#x017F;ich ho&#x0364;ch&#x017F;tens durch Auswahl leicht verdaulicher nahr-<lb/>
hafter Dia&#x0364;t, durch Landluft, Ba&#x0364;der und no&#x0364;thigenfalls durch<lb/>
den Apparat &#x017F;ta&#x0364;rkender Arzneymittel, die allgemeine Repro-<lb/>
duktion unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, aber die eigentliche abnorm zeitig eintre-<lb/>
tende Puberta&#x0364;tsentwicklung durch keine Art angewendeter Mit-<lb/>
tel &#x017F;ich hemmen, oder die Organi&#x017F;ation &#x017F;ich ga&#x0364;nzlich zuru&#x0364;ck-<lb/>
bilden la&#x0364;ßt.</p>
                  </div><lb/>
                  <div n="7">
                    <head>§. 147.</head><lb/>
                    <p>Die Anordnung des Heilplans u&#x0364;brigens fu&#x0364;r die beyden<lb/>
andern Fa&#x0364;lle ergiebt &#x017F;ich &#x017F;chon beynahe von &#x017F;elb&#x017F;t. Zuer&#x017F;t die &#x017F;cro-<lb/>
fulo&#x0364;&#x017F;en Leiden, die mannigfaltigen Ob&#x017F;truktionen u. &#x017F;. w. an-<lb/>
gehend, &#x017F;o ko&#x0364;nnen und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie vorzu&#x0364;glich durch angeregte<lb/>
erho&#x0364;hte Tha&#x0364;tigkeit des Darmkanals gehoben werden. Der<lb/>
la&#x0364;ngere Zeit fortge&#x017F;etzte Gebrauch gelind abfu&#x0364;hrender Mittel,<lb/>
namentlich der Mittel&#x017F;alze, des <hi rendition="#aq">Rheum,</hi> des Tamarinden-<lb/>
Aufgußes, der &#x017F;eifenhaften Extracte, die Seife &#x017F;elb&#x017F;t in Pil-<lb/>
lenform, auch wohl mit Antimonialpra&#x0364;paraten verbunden,<lb/>
wirkt hier ausgezeichnet, indem die&#x017F;e Methode bey vermehrter<lb/>
Secretion der innern Darmwa&#x0364;nde, &#x017F;ehr viel zur Zertheilung<lb/>
ange&#x017F;chwollener Dru&#x0364;&#x017F;en, und Her&#x017F;tellung regelma&#x0364;ßiger Sa&#x0364;fte-<lb/>
bewegung in den Unterleibsgefa&#x0364;ßen beytragen wird, ja, wenn<lb/>
&#x017F;ie durch Einreibungen des flu&#x0364;chtigen Liniments in den Unter-<lb/>
leib, &#x017F;orgfa&#x0364;ltige Hautkultur, Gebrauch von Seifen- oder auch<lb/>
wohl von &#x017F;alini&#x017F;chen Ba&#x0364;dern, durch freie Luft, hinla&#x0364;ngliche<lb/>
Bewegung, und eine geregelte leicht verdauliche Dia&#x0364;t unter-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;tzt wird, vorzu&#x0364;glich geeignet i&#x017F;t, die vo&#x0364;llige Ge&#x017F;undheit<lb/>
wieder herzu&#x017F;tellen, und &#x017F;o auch das Symptom jenes Krank-<lb/>
heitszu&#x017F;tandes, die zu fru&#x0364;h er&#x017F;chienene Men&#x017F;truation zu be&#x017F;eitigen;<lb/>
eben &#x017F;o wie wir auf a&#x0364;hnliche Behandlung andere, in Leiden<lb/>
einzelner Unterleibsorgane begru&#x0364;ndete Blutergießungen der Un-<lb/>
terleibsgefa&#x0364;ße (z. B. Ha&#x0364;morrhoidalflu&#x0364;ße, Blutbrechen, <hi rendition="#aq">Mor-<lb/>
bus niger</hi>) ver&#x017F;chwinden &#x017F;ehen. Complicationen mit Wurm-<lb/></p>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0130] §. 146. Ein Heilverfahren kann bey zu fruͤher Menſtruation nur wo ſie in Folge anderer Krankheitszuſtaͤnde oder durch fehlerhafte Lebensweiſe bedingt iſt, Statt finden, indem, wo ſie als Folge urſpruͤnglich veraͤnderter Bildungsrichtung er- ſcheint, ſich hoͤchſtens durch Auswahl leicht verdaulicher nahr- hafter Diaͤt, durch Landluft, Baͤder und noͤthigenfalls durch den Apparat ſtaͤrkender Arzneymittel, die allgemeine Repro- duktion unterſtuͤtzen, aber die eigentliche abnorm zeitig eintre- tende Pubertaͤtsentwicklung durch keine Art angewendeter Mit- tel ſich hemmen, oder die Organiſation ſich gaͤnzlich zuruͤck- bilden laͤßt. §. 147. Die Anordnung des Heilplans uͤbrigens fuͤr die beyden andern Faͤlle ergiebt ſich ſchon beynahe von ſelbſt. Zuerſt die ſcro- fuloͤſen Leiden, die mannigfaltigen Obſtruktionen u. ſ. w. an- gehend, ſo koͤnnen und muͤſſen ſie vorzuͤglich durch angeregte erhoͤhte Thaͤtigkeit des Darmkanals gehoben werden. Der laͤngere Zeit fortgeſetzte Gebrauch gelind abfuͤhrender Mittel, namentlich der Mittelſalze, des Rheum, des Tamarinden- Aufgußes, der ſeifenhaften Extracte, die Seife ſelbſt in Pil- lenform, auch wohl mit Antimonialpraͤparaten verbunden, wirkt hier ausgezeichnet, indem dieſe Methode bey vermehrter Secretion der innern Darmwaͤnde, ſehr viel zur Zertheilung angeſchwollener Druͤſen, und Herſtellung regelmaͤßiger Saͤfte- bewegung in den Unterleibsgefaͤßen beytragen wird, ja, wenn ſie durch Einreibungen des fluͤchtigen Liniments in den Unter- leib, ſorgfaͤltige Hautkultur, Gebrauch von Seifen- oder auch wohl von ſaliniſchen Baͤdern, durch freie Luft, hinlaͤngliche Bewegung, und eine geregelte leicht verdauliche Diaͤt unter- ſtuͤtzt wird, vorzuͤglich geeignet iſt, die voͤllige Geſundheit wieder herzuſtellen, und ſo auch das Symptom jenes Krank- heitszuſtandes, die zu fruͤh erſchienene Menſtruation zu beſeitigen; eben ſo wie wir auf aͤhnliche Behandlung andere, in Leiden einzelner Unterleibsorgane begruͤndete Blutergießungen der Un- terleibsgefaͤße (z. B. Haͤmorrhoidalfluͤße, Blutbrechen, Mor- bus niger) verſchwinden ſehen. Complicationen mit Wurm-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/130
Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/130>, abgerufen am 21.11.2024.