Was nun die entfernten Ursachen des chlorotischen Zustandes betrifft, so sind diese vorzüglich nach dem im vo- rigen Paragraph beygebrachten Theilungsgrunde in zwei Klas- sen zu bringen; zu der ersten gehören diejenigen, welche auf die allgemeine produktive Thätigkeit störend einwirken, als: 1) ungesunde Luft, Feuchtigkeit, Kälte, Mangel an Licht; 2) unzweckmäßige, schwer verdauliche, schlecht nährende Kost und erschlaffende Getränke (vorzüglich Uebermaaß in Thee und Kaffee); 3) Unthätigkeit oder übermäßige Anstrengung, Unreinlichkeit, Gram, zu früh erregter Geschlechtstrieb u. s. w., Einflüße, welche insgesammt die Wurzeln der Assimilation, die Unterleibseingeweide und das Lymphsystem angreifen, und besondere, so häufig der Bleichsucht vorausgehende Krank- heitszustände, als Status pituitosus, Würmer, Obstruktion, oder Durchfall, ja Lienterie, Scrofeln, Wasseransammlungen hervorbringen. 4) Andere Krankheiten und Einflüße, welche die Reproduktion schwächen, als Blutflüße, wohin auch die zu starke Menstruation gehört, Schleimflüße, typhöse oder in- termittirende Fieber, welche eine sehr langsame Reconvales- zenz zur Folge haben, anhaltende Eiterungen, unzweckmäßig angewendete Blutentziehungen oder Abführmittel. Zur zwei- ten Klasse hingegen rechnen wir die organischen Fehler, welche die Erscheinung der Regeln hindern oder ganz unmöglich ma- chen, als: Verschließungen des Muttermundes oder der Scheide, unvollkommne Entwicklung des Uterus, oder Ausartung des- selben oder der Ovarien (Zustände, welche vorzüglich durch zu zeitigen und unnatürlichen Geschlechtsreitz veranlaßt wer- den *)); endlich aber auch die Hemmungen der bereits ent- wickelten Menstrualfunktion durch gewaltsame Einwirkungen, als heftige Gemüthsbewegungen, Erkältungen u. s. w., oder plötzliche Entziehung eines zu Bedürfniß gewordenen Geschlechts- genußes (daher die Krankheit auch zuweilen bey jungen Witt- wen beobachtet wurde).
*) S. darüber Autenrieth Untersuchung ausgearteter Eyerstöcke in Reil's Archiy f. d. Phys. VII. Bd. 2s Hft.
§. 218.
Was nun die entfernten Urſachen des chlorotiſchen Zuſtandes betrifft, ſo ſind dieſe vorzuͤglich nach dem im vo- rigen Paragraph beygebrachten Theilungsgrunde in zwei Klaſ- ſen zu bringen; zu der erſten gehoͤren diejenigen, welche auf die allgemeine produktive Thaͤtigkeit ſtoͤrend einwirken, als: 1) ungeſunde Luft, Feuchtigkeit, Kaͤlte, Mangel an Licht; 2) unzweckmaͤßige, ſchwer verdauliche, ſchlecht naͤhrende Koſt und erſchlaffende Getraͤnke (vorzuͤglich Uebermaaß in Thee und Kaffee); 3) Unthaͤtigkeit oder uͤbermaͤßige Anſtrengung, Unreinlichkeit, Gram, zu fruͤh erregter Geſchlechtstrieb u. ſ. w., Einfluͤße, welche insgeſammt die Wurzeln der Aſſimilation, die Unterleibseingeweide und das Lymphſyſtem angreifen, und beſondere, ſo haͤufig der Bleichſucht vorausgehende Krank- heitszuſtaͤnde, als Status pituitosus, Wuͤrmer, Obſtruktion, oder Durchfall, ja Lienterie, Scrofeln, Waſſeranſammlungen hervorbringen. 4) Andere Krankheiten und Einfluͤße, welche die Reproduktion ſchwaͤchen, als Blutfluͤße, wohin auch die zu ſtarke Menſtruation gehoͤrt, Schleimfluͤße, typhoͤſe oder in- termittirende Fieber, welche eine ſehr langſame Reconvales- zenz zur Folge haben, anhaltende Eiterungen, unzweckmaͤßig angewendete Blutentziehungen oder Abfuͤhrmittel. Zur zwei- ten Klaſſe hingegen rechnen wir die organiſchen Fehler, welche die Erſcheinung der Regeln hindern oder ganz unmoͤglich ma- chen, als: Verſchließungen des Muttermundes oder der Scheide, unvollkommne Entwicklung des Uterus, oder Ausartung deſ- ſelben oder der Ovarien (Zuſtaͤnde, welche vorzuͤglich durch zu zeitigen und unnatuͤrlichen Geſchlechtsreitz veranlaßt wer- den *)); endlich aber auch die Hemmungen der bereits ent- wickelten Menſtrualfunktion durch gewaltſame Einwirkungen, als heftige Gemuͤthsbewegungen, Erkaͤltungen u. ſ. w., oder ploͤtzliche Entziehung eines zu Beduͤrfniß gewordenen Geſchlechts- genußes (daher die Krankheit auch zuweilen bey jungen Witt- wen beobachtet wurde).
*) S. daruͤber Autenrieth Unterſuchung ausgearteter Eyerſtoͤcke in Reil’s Archiy f. d. Phyſ. VII. Bd. 2s Hft.
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§. 218.
Was nun die entfernten Urſachen des chlorotiſchen
Zuſtandes betrifft, ſo ſind dieſe vorzuͤglich nach dem im vo-
rigen Paragraph beygebrachten Theilungsgrunde in zwei Klaſ-
ſen zu bringen; zu der erſten gehoͤren diejenigen, welche auf
die allgemeine produktive Thaͤtigkeit ſtoͤrend einwirken, als:
1) ungeſunde Luft, Feuchtigkeit, Kaͤlte, Mangel an Licht;
2) unzweckmaͤßige, ſchwer verdauliche, ſchlecht naͤhrende Koſt
und erſchlaffende Getraͤnke (vorzuͤglich Uebermaaß in Thee
und Kaffee); 3) Unthaͤtigkeit oder uͤbermaͤßige Anſtrengung,
Unreinlichkeit, Gram, zu fruͤh erregter Geſchlechtstrieb u. ſ. w.,
Einfluͤße, welche insgeſammt die Wurzeln der Aſſimilation,
die Unterleibseingeweide und das Lymphſyſtem angreifen, und
beſondere, ſo haͤufig der Bleichſucht vorausgehende Krank-
heitszuſtaͤnde, als Status pituitosus, Wuͤrmer, Obſtruktion,
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hervorbringen. 4) Andere Krankheiten und Einfluͤße, welche
die Reproduktion ſchwaͤchen, als Blutfluͤße, wohin auch die
zu ſtarke Menſtruation gehoͤrt, Schleimfluͤße, typhoͤſe oder in-
termittirende Fieber, welche eine ſehr langſame Reconvales-
zenz zur Folge haben, anhaltende Eiterungen, unzweckmaͤßig
angewendete Blutentziehungen oder Abfuͤhrmittel. Zur zwei-
ten Klaſſe hingegen rechnen wir die organiſchen Fehler, welche
die Erſcheinung der Regeln hindern oder ganz unmoͤglich ma-
chen, als: Verſchließungen des Muttermundes oder der Scheide,
unvollkommne Entwicklung des Uterus, oder Ausartung deſ-
ſelben oder der Ovarien (Zuſtaͤnde, welche vorzuͤglich durch
zu zeitigen und unnatuͤrlichen Geſchlechtsreitz veranlaßt wer-
den *)); endlich aber auch die Hemmungen der bereits ent-
wickelten Menſtrualfunktion durch gewaltſame Einwirkungen,
als heftige Gemuͤthsbewegungen, Erkaͤltungen u. ſ. w., oder
ploͤtzliche Entziehung eines zu Beduͤrfniß gewordenen Geſchlechts-
genußes (daher die Krankheit auch zuweilen bey jungen Witt-
wen beobachtet wurde).
*) S. daruͤber Autenrieth Unterſuchung ausgearteter Eyerſtoͤcke in
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/183>, abgerufen am 21.11.2024.
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