lung durch innere und äußere Mittel empfohlen werden. Wir rechnen dahin, bey kräftigen vollsaftigen Individuen, die von Zeit zu Zeit wiederholten Blutentziehungen und kühlen- den Abführungen aus Mittelsalzen, Pulpa tamarindorum u. s. w., die kühlen Bäder, die kalten Waschungen der Ge- nitalien, die Umschläge von Camphoressig über dieselben. Ferner wirken antagonistisch erregte Absonderungen sehr vor- theilhaft, als: die Ekelkur durch häufige kleine Dosen der Ipecacuanha, ja selbst Merkurialeinreibungen in die Leistenge- gend, sogar bis zur Erregung eines leichten Speichelflußes, oder oberflächliche Eiterungen durch Einreibungen von Tar- tarus emeticus (welche wir hier in höhern Graden des Uebels empfehlen möchten). -- Was nun den höchsten Grad der Krankheit und oft schon den zweyten betrifft, so kann allerdings, namentlich bey schon beträchtlicher Dauer oft über- haupt keine vollkommne Heilung gehofft werden, und zwar immer um so weniger, je mehr sich die geistigen Thätigkei- ten dabey gestört zeigen, und dann bleibt das Unterbrin- gen solcher Unglücklichen in eine zweckmäßige Versorgungs- anstalt, um sie den Augen der neugierigen Menge zu ent- ziehen, oft das einzige Geschäft des Arztes; obwohl man vielleicht auch hier noch die Frage aufwerfen könnte, ob nicht durch eine längere Zeit noch anhaltend fortgesetzte antiphlo- gistische Behandlung, ja im äußersten Falle wohl selbst durch die Exstirpation der Ovarien (eine anerkanntermaaßen ohne allzugroße Gefahr des Lebens vorzunehmende Operation) Hülfe möglich sey? --
4) Unfruchtbarkeit (Sterilitas).
§. 287.
Wir bezeichnen auf diese Weise denjenigen Zustand des dem Alter nach zeugungsfähig seyn sollenden weiblichen Kör- pers, wo unter den äußern, im Normalverhältniß die Em- pfängniß zur Folge habenden Bedingungen dieselbe demohn- erachtet gar nicht erfolgt; diejenigen Fälle daher schließen wir vom Begriffe der Unfruchtbarkeit aus, wo die Empfängniß
lung durch innere und aͤußere Mittel empfohlen werden. Wir rechnen dahin, bey kraͤftigen vollſaftigen Individuen, die von Zeit zu Zeit wiederholten Blutentziehungen und kuͤhlen- den Abfuͤhrungen aus Mittelſalzen, Pulpa tamarindorum u. ſ. w., die kuͤhlen Baͤder, die kalten Waſchungen der Ge- nitalien, die Umſchlaͤge von Camphoreſſig uͤber dieſelben. Ferner wirken antagoniſtiſch erregte Abſonderungen ſehr vor- theilhaft, als: die Ekelkur durch haͤufige kleine Doſen der Ipecacuanha, ja ſelbſt Merkurialeinreibungen in die Leiſtenge- gend, ſogar bis zur Erregung eines leichten Speichelflußes, oder oberflaͤchliche Eiterungen durch Einreibungen von Tar- tarus emeticus (welche wir hier in hoͤhern Graden des Uebels empfehlen moͤchten). — Was nun den hoͤchſten Grad der Krankheit und oft ſchon den zweyten betrifft, ſo kann allerdings, namentlich bey ſchon betraͤchtlicher Dauer oft uͤber- haupt keine vollkommne Heilung gehofft werden, und zwar immer um ſo weniger, je mehr ſich die geiſtigen Thaͤtigkei- ten dabey geſtoͤrt zeigen, und dann bleibt das Unterbrin- gen ſolcher Ungluͤcklichen in eine zweckmaͤßige Verſorgungs- anſtalt, um ſie den Augen der neugierigen Menge zu ent- ziehen, oft das einzige Geſchaͤft des Arztes; obwohl man vielleicht auch hier noch die Frage aufwerfen koͤnnte, ob nicht durch eine laͤngere Zeit noch anhaltend fortgeſetzte antiphlo- giſtiſche Behandlung, ja im aͤußerſten Falle wohl ſelbſt durch die Exſtirpation der Ovarien (eine anerkanntermaaßen ohne allzugroße Gefahr des Lebens vorzunehmende Operation) Huͤlfe moͤglich ſey? —
4) Unfruchtbarkeit (Sterilitas).
§. 287.
Wir bezeichnen auf dieſe Weiſe denjenigen Zuſtand des dem Alter nach zeugungsfaͤhig ſeyn ſollenden weiblichen Koͤr- pers, wo unter den aͤußern, im Normalverhaͤltniß die Em- pfaͤngniß zur Folge habenden Bedingungen dieſelbe demohn- erachtet gar nicht erfolgt; diejenigen Faͤlle daher ſchließen wir vom Begriffe der Unfruchtbarkeit aus, wo die Empfaͤngniß
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lung durch innere und aͤußere Mittel empfohlen werden.
Wir rechnen dahin, bey kraͤftigen vollſaftigen Individuen, die
von Zeit zu Zeit wiederholten Blutentziehungen und kuͤhlen-
den Abfuͤhrungen aus Mittelſalzen, Pulpa tamarindorum
u. ſ. w., die kuͤhlen Baͤder, die kalten Waſchungen der Ge-
nitalien, die Umſchlaͤge von Camphoreſſig uͤber dieſelben.
Ferner wirken antagoniſtiſch erregte Abſonderungen ſehr vor-
theilhaft, als: die Ekelkur durch haͤufige kleine Doſen der
Ipecacuanha, ja ſelbſt Merkurialeinreibungen in die Leiſtenge-
gend, ſogar bis zur Erregung eines leichten Speichelflußes,
oder oberflaͤchliche Eiterungen durch Einreibungen von Tar-
tarus emeticus (welche wir hier in hoͤhern Graden des
Uebels empfehlen moͤchten). — Was nun den hoͤchſten Grad
der Krankheit und oft ſchon den zweyten betrifft, ſo kann
allerdings, namentlich bey ſchon betraͤchtlicher Dauer oft uͤber-
haupt keine vollkommne Heilung gehofft werden, und zwar
immer um ſo weniger, je mehr ſich die geiſtigen Thaͤtigkei-
ten dabey geſtoͤrt zeigen, und dann bleibt das Unterbrin-
gen ſolcher Ungluͤcklichen in eine zweckmaͤßige Verſorgungs-
anſtalt, um ſie den Augen der neugierigen Menge zu ent-
ziehen, oft das einzige Geſchaͤft des Arztes; obwohl man
vielleicht auch hier noch die Frage aufwerfen koͤnnte, ob nicht
durch eine laͤngere Zeit noch anhaltend fortgeſetzte antiphlo-
giſtiſche Behandlung, ja im aͤußerſten Falle wohl ſelbſt durch
die Exſtirpation der Ovarien (eine anerkanntermaaßen ohne
allzugroße Gefahr des Lebens vorzunehmende Operation) Huͤlfe
moͤglich ſey? —
4) Unfruchtbarkeit (Sterilitas).
§. 287.
Wir bezeichnen auf dieſe Weiſe denjenigen Zuſtand des
dem Alter nach zeugungsfaͤhig ſeyn ſollenden weiblichen Koͤr-
pers, wo unter den aͤußern, im Normalverhaͤltniß die Em-
pfaͤngniß zur Folge habenden Bedingungen dieſelbe demohn-
erachtet gar nicht erfolgt; diejenigen Faͤlle daher ſchließen
wir vom Begriffe der Unfruchtbarkeit aus, wo die Empfaͤngniß
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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