Ausfluß aufgehört hat, gewöhnlich noch eine beträchtliche Erschlaffung der Genitalien und Neigung zu Wiedererzeugung der Krankheit zurückbleibt, weßhalb dann insbesondre theils noch für längere Zeit die in Obigem vorgeschriebene Lebens- ordnung pünktlich zu befolgen bleibt, theils mehrere der ge- nannten Mittel, und besonders bey geschwächten Körpern die China und der innere und äußere Gebrauch eisenhaltiger Wäs- ser längere Zeit fortgesetzt werden muß. Das, was indeß die Heilung dieser Krankheit gewöhnlich am meisten erschwert, ist, daß die Kranken in der frühern Zeit des Uebels theils aus Schamhaftigkeit, theils aus Unachtsamkeit die Hülfe des Arztes aufzusuchen verabsäumen, daß derselbe daher gewöhn- lich die krankhafte Absonderung bereits tief eingewurzelt fin- det, und endlich seine Anordnungen selbst zum großen Theil in diätetischen Vorschriften bestehen müssen, auf deren ge- naue Befolgung man sich oft sehr wenig verlassen darf.
§. 397.
Noch wäre denn auch davon zu sprechen, was dem Arzte dann zu berücksichtigen bleibe, wenn durch irgend eine gewaltsame Ursache eine plötzliche Unterdrückung dieser dem Körper vielleicht längere Zeit schon zur Gewohnheit geworde- nen Absonderung entstanden wäre. -- Im Ganzen werden hierbey wieder ziemlich dieselben Regeln, welche oben (§. 208.) für die Behandlung der unterdrückten Menstruation gegeben worden sind, Anwendung finden, und vorzüglich in den Fäl- len, wo die Leukorrhöe Folge einer im ganzen Organismus abnorm hervortretenden produktiven Kraft war, stellvertretende allgemeine Ausleerungen (Venäsektionen, Abführungen, Be- förderung der Transpiration u. s. w.), so wie, wenn Unord- nungen im Drüsensystem, Obstructionen u. s. w. eingetreten sind, die resolvirenden, bey hysterischen Zufällen hingegen die beruhigenden Mittel (Bäder, Ableitungen u. s. w.) Anwen- dung finden. Auch kann durch Injectionen aus aromatischen Aufgüssen, Rubefacientia an die Schenkelflächen, Dampf- bäder, gelinde Diuretica und Purgantia etwas zur erneuten Vermehrung der Secretion gethan werden, obwohl man,
Ausfluß aufgehoͤrt hat, gewoͤhnlich noch eine betraͤchtliche Erſchlaffung der Genitalien und Neigung zu Wiedererzeugung der Krankheit zuruͤckbleibt, weßhalb dann insbeſondre theils noch fuͤr laͤngere Zeit die in Obigem vorgeſchriebene Lebens- ordnung puͤnktlich zu befolgen bleibt, theils mehrere der ge- nannten Mittel, und beſonders bey geſchwaͤchten Koͤrpern die China und der innere und aͤußere Gebrauch eiſenhaltiger Waͤſ- ſer laͤngere Zeit fortgeſetzt werden muß. Das, was indeß die Heilung dieſer Krankheit gewoͤhnlich am meiſten erſchwert, iſt, daß die Kranken in der fruͤhern Zeit des Uebels theils aus Schamhaftigkeit, theils aus Unachtſamkeit die Huͤlfe des Arztes aufzuſuchen verabſaͤumen, daß derſelbe daher gewoͤhn- lich die krankhafte Abſonderung bereits tief eingewurzelt fin- det, und endlich ſeine Anordnungen ſelbſt zum großen Theil in diaͤtetiſchen Vorſchriften beſtehen muͤſſen, auf deren ge- naue Befolgung man ſich oft ſehr wenig verlaſſen darf.
§. 397.
Noch waͤre denn auch davon zu ſprechen, was dem Arzte dann zu beruͤckſichtigen bleibe, wenn durch irgend eine gewaltſame Urſache eine ploͤtzliche Unterdruͤckung dieſer dem Koͤrper vielleicht laͤngere Zeit ſchon zur Gewohnheit geworde- nen Abſonderung entſtanden waͤre. — Im Ganzen werden hierbey wieder ziemlich dieſelben Regeln, welche oben (§. 208.) fuͤr die Behandlung der unterdruͤckten Menſtruation gegeben worden ſind, Anwendung finden, und vorzuͤglich in den Faͤl- len, wo die Leukorrhoͤe Folge einer im ganzen Organismus abnorm hervortretenden produktiven Kraft war, ſtellvertretende allgemeine Ausleerungen (Venaͤſektionen, Abfuͤhrungen, Be- foͤrderung der Tranſpiration u. ſ. w.), ſo wie, wenn Unord- nungen im Druͤſenſyſtem, Obſtructionen u. ſ. w. eingetreten ſind, die reſolvirenden, bey hyſteriſchen Zufaͤllen hingegen die beruhigenden Mittel (Baͤder, Ableitungen u. ſ. w.) Anwen- dung finden. Auch kann durch Injectionen aus aromatiſchen Aufguͤſſen, Rubefacientia an die Schenkelflaͤchen, Dampf- baͤder, gelinde Diuretica und Purgantia etwas zur erneuten Vermehrung der Secretion gethan werden, obwohl man,
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Ausfluß aufgehoͤrt hat, gewoͤhnlich noch eine betraͤchtliche
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noch fuͤr laͤngere Zeit die in Obigem vorgeſchriebene Lebens-
ordnung puͤnktlich zu befolgen bleibt, theils mehrere der ge-
nannten Mittel, und beſonders bey geſchwaͤchten Koͤrpern die
China und der innere und aͤußere Gebrauch eiſenhaltiger Waͤſ-
ſer laͤngere Zeit fortgeſetzt werden muß. Das, was indeß
die Heilung dieſer Krankheit gewoͤhnlich am meiſten erſchwert,
iſt, daß die Kranken in der fruͤhern Zeit des Uebels theils
aus Schamhaftigkeit, theils aus Unachtſamkeit die Huͤlfe des
Arztes aufzuſuchen verabſaͤumen, daß derſelbe daher gewoͤhn-
lich die krankhafte Abſonderung bereits tief eingewurzelt fin-
det, und endlich ſeine Anordnungen ſelbſt zum großen Theil
in diaͤtetiſchen Vorſchriften beſtehen muͤſſen, auf deren ge-
naue Befolgung man ſich oft ſehr wenig verlaſſen darf.
§. 397.
Noch waͤre denn auch davon zu ſprechen, was dem
Arzte dann zu beruͤckſichtigen bleibe, wenn durch irgend eine
gewaltſame Urſache eine ploͤtzliche Unterdruͤckung dieſer dem
Koͤrper vielleicht laͤngere Zeit ſchon zur Gewohnheit geworde-
nen Abſonderung entſtanden waͤre. — Im Ganzen werden
hierbey wieder ziemlich dieſelben Regeln, welche oben (§. 208.)
fuͤr die Behandlung der unterdruͤckten Menſtruation gegeben
worden ſind, Anwendung finden, und vorzuͤglich in den Faͤl-
len, wo die Leukorrhoͤe Folge einer im ganzen Organismus
abnorm hervortretenden produktiven Kraft war, ſtellvertretende
allgemeine Ausleerungen (Venaͤſektionen, Abfuͤhrungen, Be-
foͤrderung der Tranſpiration u. ſ. w.), ſo wie, wenn Unord-
nungen im Druͤſenſyſtem, Obſtructionen u. ſ. w. eingetreten
ſind, die reſolvirenden, bey hyſteriſchen Zufaͤllen hingegen die
beruhigenden Mittel (Baͤder, Ableitungen u. ſ. w.) Anwen-
dung finden. Auch kann durch Injectionen aus aromatiſchen
Aufguͤſſen, Rubefacientia an die Schenkelflaͤchen, Dampf-
baͤder, gelinde Diuretica und Purgantia etwas zur erneuten
Vermehrung der Secretion gethan werden, obwohl man,
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Carus, Carl Gustav: Lehrbuch der Gynäkologie. Bd. 1. Leipzig, 1820, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_gynaekologie01_1820/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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