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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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auf dieses Urtheil der Erkenntniß folgen könnte (z. B. wenn
bei nach deutlicher Erkenntniß von Verhältniß zu Kindern
oder Geliebten ein unbesiegbares Wollen hervortritt sie zu
tödten) so wie diejenigen, welche auf ein so oder so beschaf¬
fenes Wollen eine ganz andere thatsächliche Ausführung
folgen lassen (wenn z. B. statt daß ein Wort ausgesprochen
werden sollte, ein anderes gesprochen wird, oder statt daß
nach einer Richtung gegangen werden sollte, unwillkürlich
die Füße nach anderer Richtung sich bewegen.) -- Der
erstere Zustand ist immer Folge allgemeiner Geisteskrankheit,
und diese Zustände bedürfen einer besondern Erwägung aus
dem Ganzen, wovon später. -- Hier war die Erwähnung
desselben nur in so fern unerläßlich, um zu zeigen, welche
wunderliche Verschiebungen zwischen wesentlichsten Strahlun¬
gen des Geistes doch vorkommen können. Der andere
Zustand beruht immer auf einer irgend wie gestörten Statik
der Innervationsströmungen. Bei alle dem ist es eine sehr
merkwürdige Erscheinung, daß der Geist in dem Reiche
seiner eigenen Gebilde wirklich dergestalte Verwirrungen er¬
leben kann. Bedenkt man nämlich, welche Reihe von sehr
complicirten Nervenströmungen und Muskelbewegungen das
Aussprechen nur eines einzigen Wortes voraussetzt, so ist
damit, daß ein sich unwillkürlich an die Stelle des gewollten
Wortes einschiebendes Wort gesprochen werde, doch am Ende
eine eben so in sich geregelte Folge von Bewegungen nöthig
als um das eigentlich beabsichtigte Wort zu sagen. Nichts
desto weniger kommt dieses innerliche "sich vergreifen" gar
nicht selten vor und ist immer als eine der sonderbarsten
Abnormitäten des Willens aufzuführen.

Wir hören ferner noch von einem zu schwachen, von
einem zu heftigen Willen, und von einem bösen Willen
und haben zu bedenken, ob auch diese in der Betrachtung
des krankhaften Willens Platz finden müssen? Genauer
erwogen, gehören diese Zustände der Seele zum bei weitem
größten Theile der Geistesrichtung der Erkenntniß und des

auf dieſes Urtheil der Erkenntniß folgen könnte (z. B. wenn
bei nach deutlicher Erkenntniß von Verhältniß zu Kindern
oder Geliebten ein unbeſiegbares Wollen hervortritt ſie zu
tödten) ſo wie diejenigen, welche auf ein ſo oder ſo beſchaf¬
fenes Wollen eine ganz andere thatſächliche Ausführung
folgen laſſen (wenn z. B. ſtatt daß ein Wort ausgeſprochen
werden ſollte, ein anderes geſprochen wird, oder ſtatt daß
nach einer Richtung gegangen werden ſollte, unwillkürlich
die Füße nach anderer Richtung ſich bewegen.) — Der
erſtere Zuſtand iſt immer Folge allgemeiner Geiſteskrankheit,
und dieſe Zuſtände bedürfen einer beſondern Erwägung aus
dem Ganzen, wovon ſpäter. — Hier war die Erwähnung
deſſelben nur in ſo fern unerläßlich, um zu zeigen, welche
wunderliche Verſchiebungen zwiſchen weſentlichſten Strahlun¬
gen des Geiſtes doch vorkommen können. Der andere
Zuſtand beruht immer auf einer irgend wie geſtörten Statik
der Innervationsſtrömungen. Bei alle dem iſt es eine ſehr
merkwürdige Erſcheinung, daß der Geiſt in dem Reiche
ſeiner eigenen Gebilde wirklich dergeſtalte Verwirrungen er¬
leben kann. Bedenkt man nämlich, welche Reihe von ſehr
complicirten Nervenſtrömungen und Muskelbewegungen das
Ausſprechen nur eines einzigen Wortes vorausſetzt, ſo iſt
damit, daß ein ſich unwillkürlich an die Stelle des gewollten
Wortes einſchiebendes Wort geſprochen werde, doch am Ende
eine eben ſo in ſich geregelte Folge von Bewegungen nöthig
als um das eigentlich beabſichtigte Wort zu ſagen. Nichts
deſto weniger kommt dieſes innerliche „ſich vergreifen“ gar
nicht ſelten vor und iſt immer als eine der ſonderbarſten
Abnormitäten des Willens aufzuführen.

Wir hören ferner noch von einem zu ſchwachen, von
einem zu heftigen Willen, und von einem böſen Willen
und haben zu bedenken, ob auch dieſe in der Betrachtung
des krankhaften Willens Platz finden müſſen? Genauer
erwogen, gehören dieſe Zuſtände der Seele zum bei weitem
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[367/0383] auf dieſes Urtheil der Erkenntniß folgen könnte (z. B. wenn bei nach deutlicher Erkenntniß von Verhältniß zu Kindern oder Geliebten ein unbeſiegbares Wollen hervortritt ſie zu tödten) ſo wie diejenigen, welche auf ein ſo oder ſo beſchaf¬ fenes Wollen eine ganz andere thatſächliche Ausführung folgen laſſen (wenn z. B. ſtatt daß ein Wort ausgeſprochen werden ſollte, ein anderes geſprochen wird, oder ſtatt daß nach einer Richtung gegangen werden ſollte, unwillkürlich die Füße nach anderer Richtung ſich bewegen.) — Der erſtere Zuſtand iſt immer Folge allgemeiner Geiſteskrankheit, und dieſe Zuſtände bedürfen einer beſondern Erwägung aus dem Ganzen, wovon ſpäter. — Hier war die Erwähnung deſſelben nur in ſo fern unerläßlich, um zu zeigen, welche wunderliche Verſchiebungen zwiſchen weſentlichſten Strahlun¬ gen des Geiſtes doch vorkommen können. Der andere Zuſtand beruht immer auf einer irgend wie geſtörten Statik der Innervationsſtrömungen. Bei alle dem iſt es eine ſehr merkwürdige Erſcheinung, daß der Geiſt in dem Reiche ſeiner eigenen Gebilde wirklich dergeſtalte Verwirrungen er¬ leben kann. Bedenkt man nämlich, welche Reihe von ſehr complicirten Nervenſtrömungen und Muskelbewegungen das Ausſprechen nur eines einzigen Wortes vorausſetzt, ſo iſt damit, daß ein ſich unwillkürlich an die Stelle des gewollten Wortes einſchiebendes Wort geſprochen werde, doch am Ende eine eben ſo in ſich geregelte Folge von Bewegungen nöthig als um das eigentlich beabſichtigte Wort zu ſagen. Nichts deſto weniger kommt dieſes innerliche „ſich vergreifen“ gar nicht ſelten vor und iſt immer als eine der ſonderbarſten Abnormitäten des Willens aufzuführen. Wir hören ferner noch von einem zu ſchwachen, von einem zu heftigen Willen, und von einem böſen Willen und haben zu bedenken, ob auch dieſe in der Betrachtung des krankhaften Willens Platz finden müſſen? Genauer erwogen, gehören dieſe Zuſtände der Seele zum bei weitem größten Theile der Geiſtesrichtung der Erkenntniß und des

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/383>, abgerufen am 22.11.2024.