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Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846.

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Entwicklung und Verhältnisse eines selbst zu solcher Höhe
gelangten Geistes nachdenken um gewahr zu werden, wie
genau und eng die Verbindung ist, in welcher auch er
während des Lebens mit allen unbewußten Strahlungen
der Seele immerfort bleibt. Wie wir früher sagten, daß
es keine stärkere Regung des Unbewußten gebe, welche nicht
auf irgend eine Weise bis hinauf in die Höhe des Bewußt¬
seins ihre Schwingungen verbreite, so erkennen wir, daß
auch der kräftigste hellste Geist immerfort von dem Unbe¬
wußten seiner Seele unzertrennlich bleiben und fortwährend
von demselben entschieden influenzirt werden müsse. Ein
Gift, welches das Unbewußte zerstört, wird auch das
Bewußtsein umnachten, und eine Krankheit, welche im
Bewußtlosen sich entwickelt, wird allemal in irgend einer
Weise Fühlen, Denken und Thun des bewußten Geistes
alteriren.

Freilich hat die Macht des im Bewußtsein erstarkten
Geistes auch umgekehrt wieder einen großen Einfluß auf
das Unbewußte, es geht von ihm aus, wie oben schon bei
Betrachtung der Seelengesundheit gezeigt wurde, daß durch
seine Wachsamkeit das Unbewußte behütet und bewahrt wird,
und man kann mit Entschiedenheit sagen, daß diese Macht
durchaus vermögen wird das Unbewußte wenigstens in so
weit zu schützen, daß, wenn nicht alle Krankheit ihm fern
gehalten werden kann, doch diejenige ihm wirklich fern ge¬
halten wird, welche vom Unbewußten auf das Bewußtsein,
auf die Gedanken, Gefühle und Thaten des Geistes der¬
gestalt hinüber wirken könnte, daß bleibende Verrückungen,
wahre Krankheitserscheinungen dort sich hervorthun dürften.
Der helle Geist eines Aristoteles, Kant, Leibnitz und
Aehnliche, wird daher nicht die Möglichkeit von Krankheit
aufheben, aber Bürge sein daß Erscheinungen von Geistes¬
krankheiten in ihm gewiß nicht vorkommen. Wo dagegen
eine geringere Energie des bewußten Geistes vorliegt, wo
derselbe in derjenigen Periode des Lebens, in welcher er

Entwicklung und Verhältniſſe eines ſelbſt zu ſolcher Höhe
gelangten Geiſtes nachdenken um gewahr zu werden, wie
genau und eng die Verbindung iſt, in welcher auch er
während des Lebens mit allen unbewußten Strahlungen
der Seele immerfort bleibt. Wie wir früher ſagten, daß
es keine ſtärkere Regung des Unbewußten gebe, welche nicht
auf irgend eine Weiſe bis hinauf in die Höhe des Bewußt¬
ſeins ihre Schwingungen verbreite, ſo erkennen wir, daß
auch der kräftigſte hellſte Geiſt immerfort von dem Unbe¬
wußten ſeiner Seele unzertrennlich bleiben und fortwährend
von demſelben entſchieden influenzirt werden müſſe. Ein
Gift, welches das Unbewußte zerſtört, wird auch das
Bewußtſein umnachten, und eine Krankheit, welche im
Bewußtloſen ſich entwickelt, wird allemal in irgend einer
Weiſe Fühlen, Denken und Thun des bewußten Geiſtes
alteriren.

Freilich hat die Macht des im Bewußtſein erſtarkten
Geiſtes auch umgekehrt wieder einen großen Einfluß auf
das Unbewußte, es geht von ihm aus, wie oben ſchon bei
Betrachtung der Seelengeſundheit gezeigt wurde, daß durch
ſeine Wachſamkeit das Unbewußte behütet und bewahrt wird,
und man kann mit Entſchiedenheit ſagen, daß dieſe Macht
durchaus vermögen wird das Unbewußte wenigſtens in ſo
weit zu ſchützen, daß, wenn nicht alle Krankheit ihm fern
gehalten werden kann, doch diejenige ihm wirklich fern ge¬
halten wird, welche vom Unbewußten auf das Bewußtſein,
auf die Gedanken, Gefühle und Thaten des Geiſtes der¬
geſtalt hinüber wirken könnte, daß bleibende Verrückungen,
wahre Krankheitserſcheinungen dort ſich hervorthun dürften.
Der helle Geiſt eines Ariſtoteles, Kant, Leibnitz und
Aehnliche, wird daher nicht die Möglichkeit von Krankheit
aufheben, aber Bürge ſein daß Erſcheinungen von Geiſtes¬
krankheiten in ihm gewiß nicht vorkommen. Wo dagegen
eine geringere Energie des bewußten Geiſtes vorliegt, wo
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[438/0454] Entwicklung und Verhältniſſe eines ſelbſt zu ſolcher Höhe gelangten Geiſtes nachdenken um gewahr zu werden, wie genau und eng die Verbindung iſt, in welcher auch er während des Lebens mit allen unbewußten Strahlungen der Seele immerfort bleibt. Wie wir früher ſagten, daß es keine ſtärkere Regung des Unbewußten gebe, welche nicht auf irgend eine Weiſe bis hinauf in die Höhe des Bewußt¬ ſeins ihre Schwingungen verbreite, ſo erkennen wir, daß auch der kräftigſte hellſte Geiſt immerfort von dem Unbe¬ wußten ſeiner Seele unzertrennlich bleiben und fortwährend von demſelben entſchieden influenzirt werden müſſe. Ein Gift, welches das Unbewußte zerſtört, wird auch das Bewußtſein umnachten, und eine Krankheit, welche im Bewußtloſen ſich entwickelt, wird allemal in irgend einer Weiſe Fühlen, Denken und Thun des bewußten Geiſtes alteriren. Freilich hat die Macht des im Bewußtſein erſtarkten Geiſtes auch umgekehrt wieder einen großen Einfluß auf das Unbewußte, es geht von ihm aus, wie oben ſchon bei Betrachtung der Seelengeſundheit gezeigt wurde, daß durch ſeine Wachſamkeit das Unbewußte behütet und bewahrt wird, und man kann mit Entſchiedenheit ſagen, daß dieſe Macht durchaus vermögen wird das Unbewußte wenigſtens in ſo weit zu ſchützen, daß, wenn nicht alle Krankheit ihm fern gehalten werden kann, doch diejenige ihm wirklich fern ge¬ halten wird, welche vom Unbewußten auf das Bewußtſein, auf die Gedanken, Gefühle und Thaten des Geiſtes der¬ geſtalt hinüber wirken könnte, daß bleibende Verrückungen, wahre Krankheitserſcheinungen dort ſich hervorthun dürften. Der helle Geiſt eines Ariſtoteles, Kant, Leibnitz und Aehnliche, wird daher nicht die Möglichkeit von Krankheit aufheben, aber Bürge ſein daß Erſcheinungen von Geiſtes¬ krankheiten in ihm gewiß nicht vorkommen. Wo dagegen eine geringere Energie des bewußten Geiſtes vorliegt, wo derſelbe in derjenigen Periode des Lebens, in welcher er

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Zitationshilfe: Carus, Carl Gustav: Psyche. Zur Entwicklungsgeschichte der Seele. Pforzheim, 1846, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_psyche_1846/454>, abgerufen am 22.11.2024.