Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Zoologische Kenntnisse des Alterthums. schnurgerade entgegengesetzt waren"109). Dabei übernahm man nochein gut Stück Aberglauben. Zu Constantin's Zeit schlug man den Vir- gil auf, wie später die Bibel, um aus zufällig sich dem Auge darbie- tenden Stellen Vorbedeutungen zu erhalten. Lactantius und Arnobius glauben an Zauberei und Magie. Letzterer sagt, der Unterschied zwi- schen Christus und einem Zauberer beruht darauf, daß Christus die Wunder durch die Kraft seines Namens, letzterer mit Hülfe von Dä- monen bewirke. Wo für griechisches und römisches Heidenthum, für Mithras- und Isisdienst, für punische und persische Religionsbilder Platz war, da konnte auch das Christenthum Raum finden. Die Sorge für ein Jenseits, auf welches schon ältere Philosophen hingewiesen hat- ten, war um so lebendiger geworden, als sich das Diesseits kaum noch zu durchleben verlohnte. Die Verfolgungen der Christen in den ersten zwei Jahrhunderten waren entweder rein politische Acte (wie z. B. der oft angeführte Brief des jüngeren Plinius offenbar zeigt), oder man griff der rohen nach Gräueln und Blut gierigen Menge gegenüber zu denen, welche sich zum Tode drängten. Wenn die Bischöfe selbst sich dagegen erklären müssen, diejenigen als Märtyrer zu feiern, welche sich ohne Noth dem Tode weihn, so läßt sich wohl annehmen, daß die fast allein von christlichen Schriftstellern ausgehenden Schilderungen nicht die Stimmung der Majorität des Volkes darstellen. Es mußte aber das durch Verachtung und Verfolgung verschärfte 109) Wie sich dies auch in Aeußerlichkeiten zeigte, beweist die Umwandlung in
der Bedeutung des Wortes Kosmos, welches bei den alten Schriftstellern stets die wohlgeordnete, schöne Welt, das Weltganze bezeichnet. Schon im neuen Testament wird es zur Bezeichnung der irdischen Welt gegenüber der himmlischen verwendet, und bei den frühen christlichen Schriftstellern wird dieser Kosmos zum Ausdruck für die zu fliehende Sündenwelt. Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums. ſchnurgerade entgegengeſetzt waren“109). Dabei übernahm man nochein gut Stück Aberglauben. Zu Conſtantin's Zeit ſchlug man den Vir- gil auf, wie ſpäter die Bibel, um aus zufällig ſich dem Auge darbie- tenden Stellen Vorbedeutungen zu erhalten. Lactantius und Arnobius glauben an Zauberei und Magie. Letzterer ſagt, der Unterſchied zwi- ſchen Chriſtus und einem Zauberer beruht darauf, daß Chriſtus die Wunder durch die Kraft ſeines Namens, letzterer mit Hülfe von Dä- monen bewirke. Wo für griechiſches und römiſches Heidenthum, für Mithras- und Iſisdienſt, für puniſche und perſiſche Religionsbilder Platz war, da konnte auch das Chriſtenthum Raum finden. Die Sorge für ein Jenſeits, auf welches ſchon ältere Philoſophen hingewieſen hat- ten, war um ſo lebendiger geworden, als ſich das Diesſeits kaum noch zu durchleben verlohnte. Die Verfolgungen der Chriſten in den erſten zwei Jahrhunderten waren entweder rein politiſche Acte (wie z. B. der oft angeführte Brief des jüngeren Plinius offenbar zeigt), oder man griff der rohen nach Gräueln und Blut gierigen Menge gegenüber zu denen, welche ſich zum Tode drängten. Wenn die Biſchöfe ſelbſt ſich dagegen erklären müſſen, diejenigen als Märtyrer zu feiern, welche ſich ohne Noth dem Tode weihn, ſo läßt ſich wohl annehmen, daß die faſt allein von chriſtlichen Schriftſtellern ausgehenden Schilderungen nicht die Stimmung der Majorität des Volkes darſtellen. Es mußte aber das durch Verachtung und Verfolgung verſchärfte 109) Wie ſich dies auch in Aeußerlichkeiten zeigte, beweiſt die Umwandlung in
der Bedeutung des Wortes Kosmos, welches bei den alten Schriftſtellern ſtets die wohlgeordnete, ſchöne Welt, das Weltganze bezeichnet. Schon im neuen Teſtament wird es zur Bezeichnung der irdiſchen Welt gegenüber der himmliſchen verwendet, und bei den frühen chriſtlichen Schriftſtellern wird dieſer Kosmos zum Ausdruck für die zu fliehende Sündenwelt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0105" n="94"/><fw place="top" type="header">Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.</fw><lb/> ſchnurgerade entgegengeſetzt waren“<note place="foot" n="109)">Wie ſich dies auch in Aeußerlichkeiten zeigte, beweiſt die Umwandlung in<lb/> der Bedeutung des Wortes Kosmos, welches bei den alten Schriftſtellern ſtets die<lb/> wohlgeordnete, ſchöne Welt, das Weltganze bezeichnet. Schon im neuen Teſtament<lb/> wird es zur Bezeichnung der irdiſchen Welt gegenüber der himmliſchen verwendet,<lb/> und bei den frühen chriſtlichen Schriftſtellern wird dieſer Kosmos zum Ausdruck für<lb/> die zu fliehende Sündenwelt.</note>. Dabei übernahm man noch<lb/> ein gut Stück Aberglauben. Zu <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118565184">Conſtantin</persName>'s Zeit ſchlug man den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626574">Vir-<lb/> gil</persName> auf, wie ſpäter die Bibel, um aus zufällig ſich dem Auge darbie-<lb/> tenden Stellen Vorbedeutungen zu erhalten. Lactantius und Arnobius<lb/> glauben an Zauberei und Magie. Letzterer ſagt, der Unterſchied zwi-<lb/> ſchen Chriſtus und einem Zauberer beruht darauf, daß Chriſtus die<lb/> Wunder durch die Kraft ſeines Namens, letzterer mit Hülfe von Dä-<lb/> monen bewirke. Wo für griechiſches und römiſches Heidenthum, für<lb/> Mithras- und Iſisdienſt, für puniſche und perſiſche Religionsbilder<lb/> Platz war, da konnte auch das Chriſtenthum Raum finden. Die Sorge<lb/> für ein Jenſeits, auf welches ſchon ältere Philoſophen hingewieſen hat-<lb/> ten, war um ſo lebendiger geworden, als ſich das Diesſeits kaum noch<lb/> zu durchleben verlohnte. Die Verfolgungen der Chriſten in den erſten<lb/> zwei Jahrhunderten waren entweder rein politiſche Acte (wie z. B. der<lb/> oft angeführte Brief des jüngeren <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118595091">Plinius</persName> offenbar zeigt), oder man<lb/> griff der rohen nach Gräueln und Blut gierigen Menge gegenüber zu<lb/> denen, welche ſich zum Tode drängten. Wenn die Biſchöfe ſelbſt ſich<lb/> dagegen erklären müſſen, diejenigen als Märtyrer zu feiern, welche<lb/> ſich ohne Noth dem Tode weihn, ſo läßt ſich wohl annehmen, daß die<lb/> faſt allein von chriſtlichen Schriftſtellern ausgehenden Schilderungen<lb/> nicht die Stimmung der Majorität des Volkes darſtellen.</p><lb/> <p>Es mußte aber das durch Verachtung und Verfolgung verſchärfte<lb/> Gefühl der Abneigung gegen das Alte bei den Chriſten um ſo ſicherer<lb/> zur entſchiedenen Feindſchaft ausarten, als die in dem gemeinſamen<lb/> menſchlichen Bewußtſein liegenden Anknüpfungspunkte zu einer Ver-<lb/> ſtändigung ohne die Gefahr, beiden Seiten noch tiefere Wunden beizu-<lb/> bringen, nicht benutzt werden konnten. „Jede Zeile aus der früheren<lb/> Zeit, von der Hieroglyphe bis zur griechiſchen Currentſchrift war mit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0105]
Zoologiſche Kenntniſſe des Alterthums.
ſchnurgerade entgegengeſetzt waren“ 109). Dabei übernahm man noch
ein gut Stück Aberglauben. Zu Conſtantin's Zeit ſchlug man den Vir-
gil auf, wie ſpäter die Bibel, um aus zufällig ſich dem Auge darbie-
tenden Stellen Vorbedeutungen zu erhalten. Lactantius und Arnobius
glauben an Zauberei und Magie. Letzterer ſagt, der Unterſchied zwi-
ſchen Chriſtus und einem Zauberer beruht darauf, daß Chriſtus die
Wunder durch die Kraft ſeines Namens, letzterer mit Hülfe von Dä-
monen bewirke. Wo für griechiſches und römiſches Heidenthum, für
Mithras- und Iſisdienſt, für puniſche und perſiſche Religionsbilder
Platz war, da konnte auch das Chriſtenthum Raum finden. Die Sorge
für ein Jenſeits, auf welches ſchon ältere Philoſophen hingewieſen hat-
ten, war um ſo lebendiger geworden, als ſich das Diesſeits kaum noch
zu durchleben verlohnte. Die Verfolgungen der Chriſten in den erſten
zwei Jahrhunderten waren entweder rein politiſche Acte (wie z. B. der
oft angeführte Brief des jüngeren Plinius offenbar zeigt), oder man
griff der rohen nach Gräueln und Blut gierigen Menge gegenüber zu
denen, welche ſich zum Tode drängten. Wenn die Biſchöfe ſelbſt ſich
dagegen erklären müſſen, diejenigen als Märtyrer zu feiern, welche
ſich ohne Noth dem Tode weihn, ſo läßt ſich wohl annehmen, daß die
faſt allein von chriſtlichen Schriftſtellern ausgehenden Schilderungen
nicht die Stimmung der Majorität des Volkes darſtellen.
Es mußte aber das durch Verachtung und Verfolgung verſchärfte
Gefühl der Abneigung gegen das Alte bei den Chriſten um ſo ſicherer
zur entſchiedenen Feindſchaft ausarten, als die in dem gemeinſamen
menſchlichen Bewußtſein liegenden Anknüpfungspunkte zu einer Ver-
ſtändigung ohne die Gefahr, beiden Seiten noch tiefere Wunden beizu-
bringen, nicht benutzt werden konnten. „Jede Zeile aus der früheren
Zeit, von der Hieroglyphe bis zur griechiſchen Currentſchrift war mit
109) Wie ſich dies auch in Aeußerlichkeiten zeigte, beweiſt die Umwandlung in
der Bedeutung des Wortes Kosmos, welches bei den alten Schriftſtellern ſtets die
wohlgeordnete, ſchöne Welt, das Weltganze bezeichnet. Schon im neuen Teſtament
wird es zur Bezeichnung der irdiſchen Welt gegenüber der himmliſchen verwendet,
und bei den frühen chriſtlichen Schriftſtellern wird dieſer Kosmos zum Ausdruck für
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