Der Eifer, durch die neu erfundene Kunst des Druckens die früher so kostspieligen Werke der Alten allgemeiner Verbreitung zugänglich zu machen, hatte in verhältnißmäßig kurzer Zeit außerordentlich viele Schriften zu Tage gefördert. Der Besitz von Büchern blieb jetzt nicht mehr das Vorrecht begüterter Klöster oder einzelner Reichen. Man lernte aber aus ihnen kennen, wie trübe die Quellen im Allgemeinen geflossen waren, aus welchen man bis jetzt das Wissen geschöpft hatte. Sie zunächst in ihrer Reinheit herzustellen und für die einzelnen Wis- senschaften das nachzuweisen, was in Wahrheit die Alten darüber ge- lehrt hatten, war ein naheliegendes Bedürfniß. Die allgemein philoso- phische Bildung der Zeit gieng formell noch nicht über die Scholastik hinaus. Und wenn auch in Folge der Streitigkeiten auf religiösem Ge- biete eine freiere Bewegung möglich zu werden schien, so hielt diese doch wieder das Fehlen eines festen Zieles, der Mangel an Selbstän- digkeit und in Folge hiervon das Anlehnen an alte wie neue Autoritä- ten zurück. Man hatte noch keinen rechten Begriff von dem, auf was es bei Erforschung der belebten Natur ankäme. Während die Heilmit- tellehre auf die Pflanzen, und das Auffinden neuer "einfacher Mittel" zur Kenntniß neuer Pflanzenformen führte, war das Interesse an den Thieren als wunderbaren Geschöpfen Gottes jetzt und noch lange Zeit fast das einzige, was die Gelehrten veranlaßte, sich überhaupt mit ihnen abzugeben. Doch machte sich allerdings daneben die Heilkunde Hoff-
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Die Zoologie der Neueren Zeit.
Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
Der Eifer, durch die neu erfundene Kunſt des Druckens die früher ſo koſtſpieligen Werke der Alten allgemeiner Verbreitung zugänglich zu machen, hatte in verhältnißmäßig kurzer Zeit außerordentlich viele Schriften zu Tage gefördert. Der Beſitz von Büchern blieb jetzt nicht mehr das Vorrecht begüterter Klöſter oder einzelner Reichen. Man lernte aber aus ihnen kennen, wie trübe die Quellen im Allgemeinen gefloſſen waren, aus welchen man bis jetzt das Wiſſen geſchöpft hatte. Sie zunächſt in ihrer Reinheit herzuſtellen und für die einzelnen Wiſ- ſenſchaften das nachzuweiſen, was in Wahrheit die Alten darüber ge- lehrt hatten, war ein naheliegendes Bedürfniß. Die allgemein philoſo- phiſche Bildung der Zeit gieng formell noch nicht über die Scholaſtik hinaus. Und wenn auch in Folge der Streitigkeiten auf religiöſem Ge- biete eine freiere Bewegung möglich zu werden ſchien, ſo hielt dieſe doch wieder das Fehlen eines feſten Zieles, der Mangel an Selbſtän- digkeit und in Folge hiervon das Anlehnen an alte wie neue Autoritä- ten zurück. Man hatte noch keinen rechten Begriff von dem, auf was es bei Erforſchung der belebten Natur ankäme. Während die Heilmit- tellehre auf die Pflanzen, und das Auffinden neuer „einfacher Mittel“ zur Kenntniß neuer Pflanzenformen führte, war das Intereſſe an den Thieren als wunderbaren Geſchöpfen Gottes jetzt und noch lange Zeit faſt das einzige, was die Gelehrten veranlaßte, ſich überhaupt mit ihnen abzugeben. Doch machte ſich allerdings daneben die Heilkunde Hoff-
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[[259]/0270]
Die Zoologie der Neueren Zeit.
Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
Der Eifer, durch die neu erfundene Kunſt des Druckens die früher
ſo koſtſpieligen Werke der Alten allgemeiner Verbreitung zugänglich zu
machen, hatte in verhältnißmäßig kurzer Zeit außerordentlich viele
Schriften zu Tage gefördert. Der Beſitz von Büchern blieb jetzt nicht
mehr das Vorrecht begüterter Klöſter oder einzelner Reichen. Man
lernte aber aus ihnen kennen, wie trübe die Quellen im Allgemeinen
gefloſſen waren, aus welchen man bis jetzt das Wiſſen geſchöpft hatte.
Sie zunächſt in ihrer Reinheit herzuſtellen und für die einzelnen Wiſ-
ſenſchaften das nachzuweiſen, was in Wahrheit die Alten darüber ge-
lehrt hatten, war ein naheliegendes Bedürfniß. Die allgemein philoſo-
phiſche Bildung der Zeit gieng formell noch nicht über die Scholaſtik
hinaus. Und wenn auch in Folge der Streitigkeiten auf religiöſem Ge-
biete eine freiere Bewegung möglich zu werden ſchien, ſo hielt dieſe
doch wieder das Fehlen eines feſten Zieles, der Mangel an Selbſtän-
digkeit und in Folge hiervon das Anlehnen an alte wie neue Autoritä-
ten zurück. Man hatte noch keinen rechten Begriff von dem, auf was
es bei Erforſchung der belebten Natur ankäme. Während die Heilmit-
tellehre auf die Pflanzen, und das Auffinden neuer „einfacher Mittel“
zur Kenntniß neuer Pflanzenformen führte, war das Intereſſe an den
Thieren als wunderbaren Geſchöpfen Gottes jetzt und noch lange Zeit
faſt das einzige, was die Gelehrten veranlaßte, ſich überhaupt mit ihnen
abzugeben. Doch machte ſich allerdings daneben die Heilkunde Hoff-
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. [259]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/270>, abgerufen am 22.11.2024.
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