hufer sollen nach der Einleitung besonders in Land- und Wasserformen zerfallen, zu welch' letzterer Abtheilung er nur das Nilpferd rechnen zu können meint. In der Darstellung selbst aber fehlt der Hippopotamus ganz (er kommt bei den Digitigraden vor). Dagegen erscheint nun hier zwischen Elk und Kamel das Rhinoceros wieder. Bei den Zehengän- gern sind es auch vorzüglich nur äußere Gesichtspunkte, welche seine Eintheilung bestimmen. Den Löwen, Tiger und Bären vereint er mit dem Hippopotamus zu einer Gruppe, welche als diejenige mit den größten Formen die Reihe beginnt, wodurch er natürlich die kleinern Katzenformen von ihren Nächstverwandten trennt. Die andern Arten folgen dann in entsprechender Weise. Bei den Schlangen und Drachen endlich ist Nichts neu, als eine Anzahl schwer wiederzubestimmender Formen und die umständliche Geschichte einiger sogenannter Drachen (häufig nur besonders ausgezeichneter Schlangen), von denen er z. B. einen als in der Nähe von Bologna geboren anführt.
Frägt man nun nach den Quellen, aus welchen Aldrovandi ge- schöpft hat, so stellen die bei einzelnen Bänden mitgetheilten Listen der benutzten Autoren eine fast vollständige Uebersicht der damals überhaupt bekannten Litteratur dar. Denn ohne diese Bezeichnung gar zu wört- lich zu nehmen: es fehlt doch kaum irgend ein bedeutender und unbe- deutender Schriftsteller vom Alterthume herab bis auf Gesner (welchen er als Ornithologus u. s. f. citirt), Belon und Rondelet, welche letz- tere auch ihm vielfach das Material dargeboten haben. Wie den Text so hat er auch die Abbildungen überall her zusammengetragen; neben vielen Originalabbildungen finden sich Gesner'sche, Rondelet'sche und Belon'sche Figuren, ebenso solche aus Reisebeschreibungen, die zu seiner Zeit erschienen. Dabei ist er aber nicht immer sehr sorgfältig gewesen. So gibt er die Abbildung des ostindischen Casuars aus der "ersten Reise der Holländer nach Ost-Indien". Als derselben Reise entnommen führt er unmittelbar darauf ein paar Kampfhähne und die Lomme von der Loms-Bay auf der Oranieninsel (insula Aurangiae) an. Letztere liegt aber bei Novaja Semlja und wurde von den holländischen Nord- ostfahrern unter W. Barentz berührt, während die ersterwähnte Reise
Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
hufer ſollen nach der Einleitung beſonders in Land- und Waſſerformen zerfallen, zu welch' letzterer Abtheilung er nur das Nilpferd rechnen zu können meint. In der Darſtellung ſelbſt aber fehlt der Hippopotamus ganz (er kommt bei den Digitigraden vor). Dagegen erſcheint nun hier zwiſchen Elk und Kamel das Rhinoceros wieder. Bei den Zehengän- gern ſind es auch vorzüglich nur äußere Geſichtspunkte, welche ſeine Eintheilung beſtimmen. Den Löwen, Tiger und Bären vereint er mit dem Hippopotamus zu einer Gruppe, welche als diejenige mit den größten Formen die Reihe beginnt, wodurch er natürlich die kleinern Katzenformen von ihren Nächſtverwandten trennt. Die andern Arten folgen dann in entſprechender Weiſe. Bei den Schlangen und Drachen endlich iſt Nichts neu, als eine Anzahl ſchwer wiederzubeſtimmender Formen und die umſtändliche Geſchichte einiger ſogenannter Drachen (häufig nur beſonders ausgezeichneter Schlangen), von denen er z. B. einen als in der Nähe von Bologna geboren anführt.
Frägt man nun nach den Quellen, aus welchen Aldrovandi ge- ſchöpft hat, ſo ſtellen die bei einzelnen Bänden mitgetheilten Liſten der benutzten Autoren eine faſt vollſtändige Ueberſicht der damals überhaupt bekannten Litteratur dar. Denn ohne dieſe Bezeichnung gar zu wört- lich zu nehmen: es fehlt doch kaum irgend ein bedeutender und unbe- deutender Schriftſteller vom Alterthume herab bis auf Gesner (welchen er als Ornithologus u. ſ. f. citirt), Belon und Rondelet, welche letz- tere auch ihm vielfach das Material dargeboten haben. Wie den Text ſo hat er auch die Abbildungen überall her zuſammengetragen; neben vielen Originalabbildungen finden ſich Gesner'ſche, Rondelet'ſche und Belon'ſche Figuren, ebenſo ſolche aus Reiſebeſchreibungen, die zu ſeiner Zeit erſchienen. Dabei iſt er aber nicht immer ſehr ſorgfältig geweſen. So gibt er die Abbildung des oſtindiſchen Caſuars aus der „erſten Reiſe der Holländer nach Oſt-Indien“. Als derſelben Reiſe entnommen führt er unmittelbar darauf ein paar Kampfhähne und die Lomme von der Loms-Bay auf der Oranieninſel (insula Aurangiae) an. Letztere liegt aber bei Novaja Semlja und wurde von den holländiſchen Nord- oſtfahrern unter W. Barentz berührt, während die erſterwähnte Reiſe
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Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
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können meint. In der Darſtellung ſelbſt aber fehlt der Hippopotamus
ganz (er kommt bei den Digitigraden vor). Dagegen erſcheint nun hier
zwiſchen Elk und Kamel das Rhinoceros wieder. Bei den Zehengän-
gern ſind es auch vorzüglich nur äußere Geſichtspunkte, welche ſeine
Eintheilung beſtimmen. Den Löwen, Tiger und Bären vereint er mit
dem Hippopotamus zu einer Gruppe, welche als diejenige mit den
größten Formen die Reihe beginnt, wodurch er natürlich die kleinern
Katzenformen von ihren Nächſtverwandten trennt. Die andern Arten
folgen dann in entſprechender Weiſe. Bei den Schlangen und Drachen
endlich iſt Nichts neu, als eine Anzahl ſchwer wiederzubeſtimmender
Formen und die umſtändliche Geſchichte einiger ſogenannter Drachen
(häufig nur beſonders ausgezeichneter Schlangen), von denen er z. B.
einen als in der Nähe von Bologna geboren anführt.
Frägt man nun nach den Quellen, aus welchen Aldrovandi ge-
ſchöpft hat, ſo ſtellen die bei einzelnen Bänden mitgetheilten Liſten der
benutzten Autoren eine faſt vollſtändige Ueberſicht der damals überhaupt
bekannten Litteratur dar. Denn ohne dieſe Bezeichnung gar zu wört-
lich zu nehmen: es fehlt doch kaum irgend ein bedeutender und unbe-
deutender Schriftſteller vom Alterthume herab bis auf Gesner (welchen
er als Ornithologus u. ſ. f. citirt), Belon und Rondelet, welche letz-
tere auch ihm vielfach das Material dargeboten haben. Wie den Text
ſo hat er auch die Abbildungen überall her zuſammengetragen; neben
vielen Originalabbildungen finden ſich Gesner'ſche, Rondelet'ſche und
Belon'ſche Figuren, ebenſo ſolche aus Reiſebeſchreibungen, die zu ſeiner
Zeit erſchienen. Dabei iſt er aber nicht immer ſehr ſorgfältig geweſen.
So gibt er die Abbildung des oſtindiſchen Caſuars aus der „erſten
Reiſe der Holländer nach Oſt-Indien“. Als derſelben Reiſe entnommen
führt er unmittelbar darauf ein paar Kampfhähne und die Lomme von
der Loms-Bay auf der Oranieninſel (insula Aurangiae) an. Letztere
liegt aber bei Novaja Semlja und wurde von den holländiſchen Nord-
oſtfahrern unter W. Barentz berührt, während die erſterwähnte Reiſe
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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