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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Jesuit Athanasius Kircher hat in einem ausführlichen Buche die
Thiere besprochen, welche in die Arche Noah's aufgenommen und da-
durch von der Zerstörung durch die Sindfluth bewahrt wurden42).
Das Buch ist gewiß für biblische Archäologie von Interesse; es enthält
einen Versuch, nach den im biblischen Text vorhandenen Angaben die
Arche nachzuconstruiren. Für die Geschichte der Zoologie ist es von
sehr geringer Bedeutung. Der im Uebrigen ohne Zweifel geistvolle
Mann (es braucht hier nur an seine physikalischen Instrumente erinnert
zu werden) scheint sich um die Thiere nicht gerade eingehend gekümmert
zu haben. Er gibt in seiner "Arche Noä" eine sorgfältige Aufzählung
der von Noah darin aufgenommenen Thierarten, fügt Abbildungen der-
selben in Holzschnitt hinzu und stellt auch die Verhältnisse dar, in wel-
chen sie paarweise untergebracht wurden. Unter diesen Thieren finden
sich auch Sirenen und Greise; aber auch einige amerikanische Thiere.
Man muß wohl bekennen, daß nach dem Bochart'schen durchweg kriti-
schen und peinlich gewissenhaften Werke die Zusammenstellung Kircher's
einen keineswegs günstigen Eindruck macht. Er hat zwar mit diesem
Buche nicht als Zoolog auftreten wollen, durfte aber doch das nicht
vernachlässigen, was bis zu seiner Zeit über Thiere bekannt geworden
war. Um den biblischen Bericht einer allgemeinen Fluth wirklich auf-
recht zu erhalten und scheinbar wissenschaftlich zu vertreten, dazu ge-
nügte das Herbeiziehen einiger weniger außereuropäischer Formen nicht.

Das Bild von der Verbreitung zoologischer Anschauungen würde
aber nur ein unvollkommenes sein, wenn allein auf die Schriften Rück-
sicht genommen werden sollte, welche ausgesprochenermaßen von Thieren
handeln wollten. So wenig hier eine vollständige Uebersicht der betref-
fenden Fachlitteratur gegeben werden kann, so darf doch ein Hinweis
darauf nicht fehlen, daß man in der besprochenen Zeit in Schriften,
welche sich entweder überhaupt mit der Natur befaßten, oder auf Vor-
gänge in der Natur Bezug nahmen, auch eingehend der Thiere gedachte.
Von der Berücksichtigung anatomischer Verhältnisse wird nachher be-
sonders zu sprechen sein. Hier mag nur daran erinnert werden, daß

42) Athanasii Kircherii Arca Noe, Amstelodami, 1675. Fol.

Jeſuit Athanaſius Kircher hat in einem ausführlichen Buche die
Thiere beſprochen, welche in die Arche Noah's aufgenommen und da-
durch von der Zerſtörung durch die Sindfluth bewahrt wurden42).
Das Buch iſt gewiß für bibliſche Archäologie von Intereſſe; es enthält
einen Verſuch, nach den im bibliſchen Text vorhandenen Angaben die
Arche nachzuconſtruiren. Für die Geſchichte der Zoologie iſt es von
ſehr geringer Bedeutung. Der im Uebrigen ohne Zweifel geiſtvolle
Mann (es braucht hier nur an ſeine phyſikaliſchen Inſtrumente erinnert
zu werden) ſcheint ſich um die Thiere nicht gerade eingehend gekümmert
zu haben. Er gibt in ſeiner „Arche Noä“ eine ſorgfältige Aufzählung
der von Noah darin aufgenommenen Thierarten, fügt Abbildungen der-
ſelben in Holzſchnitt hinzu und ſtellt auch die Verhältniſſe dar, in wel-
chen ſie paarweiſe untergebracht wurden. Unter dieſen Thieren finden
ſich auch Sirenen und Greiſe; aber auch einige amerikaniſche Thiere.
Man muß wohl bekennen, daß nach dem Bochart'ſchen durchweg kriti-
ſchen und peinlich gewiſſenhaften Werke die Zuſammenſtellung Kircher's
einen keineswegs günſtigen Eindruck macht. Er hat zwar mit dieſem
Buche nicht als Zoolog auftreten wollen, durfte aber doch das nicht
vernachläſſigen, was bis zu ſeiner Zeit über Thiere bekannt geworden
war. Um den bibliſchen Bericht einer allgemeinen Fluth wirklich auf-
recht zu erhalten und ſcheinbar wiſſenſchaftlich zu vertreten, dazu ge-
nügte das Herbeiziehen einiger weniger außereuropäiſcher Formen nicht.

Das Bild von der Verbreitung zoologiſcher Anſchauungen würde
aber nur ein unvollkommenes ſein, wenn allein auf die Schriften Rück-
ſicht genommen werden ſollte, welche ausgeſprochenermaßen von Thieren
handeln wollten. So wenig hier eine vollſtändige Ueberſicht der betref-
fenden Fachlitteratur gegeben werden kann, ſo darf doch ein Hinweis
darauf nicht fehlen, daß man in der beſprochenen Zeit in Schriften,
welche ſich entweder überhaupt mit der Natur befaßten, oder auf Vor-
gänge in der Natur Bezug nahmen, auch eingehend der Thiere gedachte.
Von der Berückſichtigung anatomiſcher Verhältniſſe wird nachher be-
ſonders zu ſprechen ſein. Hier mag nur daran erinnert werden, daß

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[317/0328] Athanaſius Kircher. Jeſuit Athanaſius Kircher hat in einem ausführlichen Buche die Thiere beſprochen, welche in die Arche Noah's aufgenommen und da- durch von der Zerſtörung durch die Sindfluth bewahrt wurden 42). Das Buch iſt gewiß für bibliſche Archäologie von Intereſſe; es enthält einen Verſuch, nach den im bibliſchen Text vorhandenen Angaben die Arche nachzuconſtruiren. Für die Geſchichte der Zoologie iſt es von ſehr geringer Bedeutung. Der im Uebrigen ohne Zweifel geiſtvolle Mann (es braucht hier nur an ſeine phyſikaliſchen Inſtrumente erinnert zu werden) ſcheint ſich um die Thiere nicht gerade eingehend gekümmert zu haben. Er gibt in ſeiner „Arche Noä“ eine ſorgfältige Aufzählung der von Noah darin aufgenommenen Thierarten, fügt Abbildungen der- ſelben in Holzſchnitt hinzu und ſtellt auch die Verhältniſſe dar, in wel- chen ſie paarweiſe untergebracht wurden. Unter dieſen Thieren finden ſich auch Sirenen und Greiſe; aber auch einige amerikaniſche Thiere. Man muß wohl bekennen, daß nach dem Bochart'ſchen durchweg kriti- ſchen und peinlich gewiſſenhaften Werke die Zuſammenſtellung Kircher's einen keineswegs günſtigen Eindruck macht. Er hat zwar mit dieſem Buche nicht als Zoolog auftreten wollen, durfte aber doch das nicht vernachläſſigen, was bis zu ſeiner Zeit über Thiere bekannt geworden war. Um den bibliſchen Bericht einer allgemeinen Fluth wirklich auf- recht zu erhalten und ſcheinbar wiſſenſchaftlich zu vertreten, dazu ge- nügte das Herbeiziehen einiger weniger außereuropäiſcher Formen nicht. Das Bild von der Verbreitung zoologiſcher Anſchauungen würde aber nur ein unvollkommenes ſein, wenn allein auf die Schriften Rück- ſicht genommen werden ſollte, welche ausgeſprochenermaßen von Thieren handeln wollten. So wenig hier eine vollſtändige Ueberſicht der betref- fenden Fachlitteratur gegeben werden kann, ſo darf doch ein Hinweis darauf nicht fehlen, daß man in der beſprochenen Zeit in Schriften, welche ſich entweder überhaupt mit der Natur befaßten, oder auf Vor- gänge in der Natur Bezug nahmen, auch eingehend der Thiere gedachte. Von der Berückſichtigung anatomiſcher Verhältniſſe wird nachher be- ſonders zu ſprechen ſein. Hier mag nur daran erinnert werden, daß 42) Athanasii Kircherii Arca Noë, Amstelodami, 1675. Fol.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/328>, abgerufen am 22.11.2024.