Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der encyklopädischen Darstellungen. man bei allgemeinen Darstellungen der Naturwissenschaften auch dieThiere nicht vergaß. Ein damals oft genanntes Buch solcher Art war z. B. Daniel Sennert's Grundriß der Naturwissenschaft43). Es umfaßt dasselbe die gesammte Natur in systematischer Uebersicht und gibt auch (von S. 559 an) einen Abschnitt über die Verschiedenheiten der Thiere. In sehr verständiger Weise wird hier, allgemein im An- schluß an Aristoteles, wenn auch nicht direct nach demselben, das Wich- tigste von dem Unterschiede der thierischen Form und des thierischen Baues mitgetheilt. Ziemlich ausführlich, aber in ganz anderer Weise sich dem Gegenstande nähernd, bringt auch Julius Cäsar Sca- liger viel Zoologisches in seiner Schrift gegen Hieronymus Carda- nus44). Die Kapitel 182-244 sind vollständig den Thieren und ein- zelnen von Cardanus angeregten Fragen über dieselben gewidmet. Doch kommen noch an andern Stellen Auseinandersetzungen über Einzelnes vor; so in der 33. Exercitatio über Giftschlangen, in der 344. über den Wolf, wo Scaliger nach eigner Erfahrung die Fabel zurückweist, daß der Blick des Wolfes den Erblickten stumm mache; so die 354., wo die Angabe widerlegt wird, daß die Katze ihre Pupille willkürlich erwei- tern und verengern könne, und zwar weil hier keine Muskeln vorhan- den wären. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, daß eine beträchtliche Menge zoologischer Vorstellungen in das allgemein wissenschaftliche Bewußtsein eingetreten war. Vorzüglich Scaligers Buch ist hier nicht bedeutungslos. Es wurde oben der Thierabbildungen aus den früheren Jahren 43) Dan. Sennerti Epitome naturalis scientiae. Witebergae, 1618. Sennert war Zeitgenosse Sperling's und starb 1637 als Professor der Medicin in Wittenberg. 44) Exotericarum exercitationum liber XV. de subtilitate ad Hierony-
mum Cardanum. Paris, 1557. dann Francofurt., 1592. Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen. man bei allgemeinen Darſtellungen der Naturwiſſenſchaften auch dieThiere nicht vergaß. Ein damals oft genanntes Buch ſolcher Art war z. B. Daniel Sennert's Grundriß der Naturwiſſenſchaft43). Es umfaßt daſſelbe die geſammte Natur in ſyſtematiſcher Ueberſicht und gibt auch (von S. 559 an) einen Abſchnitt über die Verſchiedenheiten der Thiere. In ſehr verſtändiger Weiſe wird hier, allgemein im An- ſchluß an Ariſtoteles, wenn auch nicht direct nach demſelben, das Wich- tigſte von dem Unterſchiede der thieriſchen Form und des thieriſchen Baues mitgetheilt. Ziemlich ausführlich, aber in ganz anderer Weiſe ſich dem Gegenſtande nähernd, bringt auch Julius Cäſar Sca- liger viel Zoologiſches in ſeiner Schrift gegen Hieronymus Carda- nus44). Die Kapitel 182-244 ſind vollſtändig den Thieren und ein- zelnen von Cardanus angeregten Fragen über dieſelben gewidmet. Doch kommen noch an andern Stellen Auseinanderſetzungen über Einzelnes vor; ſo in der 33. Exercitatio über Giftſchlangen, in der 344. über den Wolf, wo Scaliger nach eigner Erfahrung die Fabel zurückweiſt, daß der Blick des Wolfes den Erblickten ſtumm mache; ſo die 354., wo die Angabe widerlegt wird, daß die Katze ihre Pupille willkürlich erwei- tern und verengern könne, und zwar weil hier keine Muskeln vorhan- den wären. Dieſe wenigen Beiſpiele mögen genügen, um zu zeigen, daß eine beträchtliche Menge zoologiſcher Vorſtellungen in das allgemein wiſſenſchaftliche Bewußtſein eingetreten war. Vorzüglich Scaligers Buch iſt hier nicht bedeutungslos. Es wurde oben der Thierabbildungen aus den früheren Jahren 43) Dan. Sennerti Epitome naturalis scientiae. Witebergae, 1618. Sennert war Zeitgenoſſe Sperling's und ſtarb 1637 als Profeſſor der Medicin in Wittenberg. 44) Exotericarum exercitationum liber XV. de subtilitate ad Hierony-
mum Cardanum. Paris, 1557. dann Francofurt., 1592. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0329" n="318"/><fw place="top" type="header">Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.</fw><lb/> man bei allgemeinen Darſtellungen der Naturwiſſenſchaften auch die<lb/> Thiere nicht vergaß. Ein damals oft genanntes Buch ſolcher Art war<lb/> z. B. <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117478091">Daniel Sennert</persName></hi>'s Grundriß der Naturwiſſenſchaft<note place="foot" n="43)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117478091">Dan. Sennerti</persName></hi> Epitome naturalis scientiae. Witebergae, 1618.</hi><lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117478091">Sennert</persName> war Zeitgenoſſe <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117492752">Sperling</persName>'s und ſtarb 1637 als Profeſſor der Medicin in<lb/> Wittenberg.</note>. Es<lb/> umfaßt daſſelbe die geſammte Natur in ſyſtematiſcher Ueberſicht und<lb/> gibt auch (von S. 559 an) einen Abſchnitt über die Verſchiedenheiten<lb/> der Thiere. In ſehr verſtändiger Weiſe wird hier, allgemein im An-<lb/> ſchluß an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118650130">Ariſtoteles</persName>, wenn auch nicht direct nach demſelben, das Wich-<lb/> tigſte von dem Unterſchiede der thieriſchen Form und des thieriſchen<lb/> Baues mitgetheilt. Ziemlich ausführlich, aber in ganz anderer Weiſe<lb/> ſich dem Gegenſtande nähernd, bringt auch <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118794809">Julius Cäſar Sca-<lb/> liger</persName></hi> viel Zoologiſches in ſeiner Schrift gegen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11863822X">Hieronymus Carda-<lb/> nus</persName><note place="foot" n="44)"><hi rendition="#aq">Exotericarum exercitationum liber XV. de subtilitate ad <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11863822X">Hierony-<lb/> mum Cardanum</persName>. Paris, 1557.</hi> dann <hi rendition="#aq">Francofurt., 1592.</hi></note>. Die Kapitel 182-244 ſind vollſtändig den Thieren und ein-<lb/> zelnen von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11863822X">Cardanus</persName> angeregten Fragen über dieſelben gewidmet. Doch<lb/> kommen noch an andern Stellen Auseinanderſetzungen über Einzelnes<lb/> vor; ſo in der 33. <hi rendition="#aq">Exercitatio</hi> über Giftſchlangen, in der 344. über<lb/> den Wolf, wo <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118794809">Scaliger</persName> nach eigner Erfahrung die Fabel zurückweiſt,<lb/> daß der Blick des Wolfes den Erblickten ſtumm mache; ſo die 354., wo<lb/> die Angabe widerlegt wird, daß die Katze ihre Pupille willkürlich erwei-<lb/> tern und verengern könne, und zwar weil hier keine Muskeln vorhan-<lb/> den wären. Dieſe wenigen Beiſpiele mögen genügen, um zu zeigen, daß<lb/> eine beträchtliche Menge zoologiſcher Vorſtellungen in das allgemein<lb/> wiſſenſchaftliche Bewußtſein eingetreten war. Vorzüglich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118794809">Scaliger</persName>s<lb/> Buch iſt hier nicht bedeutungslos.</p><lb/> <p>Es wurde oben der Thierabbildungen aus den früheren Jahren<lb/> der hier geſchilderten Periode gedacht. Ein paar Worte mögen noch in<lb/> Bezug auf die Weiterentwickelung der zoologiſchen Abbildung in der<lb/> erſten Hälfte des ſiebzehnten Jahrhunderts eingefügt werden. Wenn<lb/> auch zur Illuſtration umfangreicherer Darſtellungen noch immer der<lb/> Holzſchnitt benutzt wurde, ſo tritt doch jetzt auch der Kupferſtich in aus-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0329]
Periode der encyklopädiſchen Darſtellungen.
man bei allgemeinen Darſtellungen der Naturwiſſenſchaften auch die
Thiere nicht vergaß. Ein damals oft genanntes Buch ſolcher Art war
z. B. Daniel Sennert's Grundriß der Naturwiſſenſchaft 43). Es
umfaßt daſſelbe die geſammte Natur in ſyſtematiſcher Ueberſicht und
gibt auch (von S. 559 an) einen Abſchnitt über die Verſchiedenheiten
der Thiere. In ſehr verſtändiger Weiſe wird hier, allgemein im An-
ſchluß an Ariſtoteles, wenn auch nicht direct nach demſelben, das Wich-
tigſte von dem Unterſchiede der thieriſchen Form und des thieriſchen
Baues mitgetheilt. Ziemlich ausführlich, aber in ganz anderer Weiſe
ſich dem Gegenſtande nähernd, bringt auch Julius Cäſar Sca-
liger viel Zoologiſches in ſeiner Schrift gegen Hieronymus Carda-
nus 44). Die Kapitel 182-244 ſind vollſtändig den Thieren und ein-
zelnen von Cardanus angeregten Fragen über dieſelben gewidmet. Doch
kommen noch an andern Stellen Auseinanderſetzungen über Einzelnes
vor; ſo in der 33. Exercitatio über Giftſchlangen, in der 344. über
den Wolf, wo Scaliger nach eigner Erfahrung die Fabel zurückweiſt,
daß der Blick des Wolfes den Erblickten ſtumm mache; ſo die 354., wo
die Angabe widerlegt wird, daß die Katze ihre Pupille willkürlich erwei-
tern und verengern könne, und zwar weil hier keine Muskeln vorhan-
den wären. Dieſe wenigen Beiſpiele mögen genügen, um zu zeigen, daß
eine beträchtliche Menge zoologiſcher Vorſtellungen in das allgemein
wiſſenſchaftliche Bewußtſein eingetreten war. Vorzüglich Scaligers
Buch iſt hier nicht bedeutungslos.
Es wurde oben der Thierabbildungen aus den früheren Jahren
der hier geſchilderten Periode gedacht. Ein paar Worte mögen noch in
Bezug auf die Weiterentwickelung der zoologiſchen Abbildung in der
erſten Hälfte des ſiebzehnten Jahrhunderts eingefügt werden. Wenn
auch zur Illuſtration umfangreicherer Darſtellungen noch immer der
Holzſchnitt benutzt wurde, ſo tritt doch jetzt auch der Kupferſtich in aus-
43) Dan. Sennerti Epitome naturalis scientiae. Witebergae, 1618.
Sennert war Zeitgenoſſe Sperling's und ſtarb 1637 als Profeſſor der Medicin in
Wittenberg.
44) Exotericarum exercitationum liber XV. de subtilitate ad Hierony-
mum Cardanum. Paris, 1557. dann Francofurt., 1592.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |