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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.

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Arbeiten über einzelne Classen und Formen.
weiblichen Hirsche, von welcher Thierform überhaupt am meisten die
Rede ist, sind von kälterer Natur als die männlichen, daher haben sie
keine Hörner. Wird ein Hirsch castrirt, so verliert sich die Wärme und
das Geweih wächst nicht. Die hornlosen Wiederkäuer werden im sie-
benten Abschnitt besprochen, also besonders das Kamel. Doch finden
sich außer allgemeinen Bemerkungen über dasselbe, wobei alle alten
Fabeln und die medicinische Verwendbarkeit besprochen werden, auch
Betrachtungen über den Milchreichthum der Wiederkäuer, über den
Umstand, daß dieselben im Winter stärker wiederkäuen, endlich auch
über den wiederkäuenden Fisch Scarus. Das letzte Kapitel weist nach,
daß dem Rinde das Wiederkäuen mehr als den übrigen Wiederkäuern
zusage. Nach diesen kurzen Andeutungen stellt sich die Schrift als ohne
jeglichen Einfluß auf den Fortschritt der zoologischen Kenntniß dar und
ist fast nichts, als eine sich an einen Naturgegenstand anlehnende Ent-
faltung litterarischer Gelehrsamkeit.

Unter den einzelnen Wiederkäuern wurde der Hirsch einigemal be-
sonders behandelt. Die früher mitgetheilten sich auf ihn beziehenden
Ueberlieferungen, sein Verhältniß zu den Schlangen und Aehnliches,
trugen dazu bei, den Glauben an seine Heilkräftigkeit lebendig zu er-
halten. Und so war auch die erste ausführliche Schrift über ihn vor-
züglich darauf gerichtet, den medicinischen Gebrauch der einzelnen
Theile des Hirsches darzustellen. Der Stadtarzt zu Amberg, Joh.
Georg Agricola
war ihr Verfasser. Ein kurzer einleitender Abschnitt
handelt zwar von der Natur und den Eigenschaften des Thiers, aber
ohne damit die Naturgeschichte desselben nur irgend eingehend zu erläu-
tern. Dagegen ist der Haupttheil des Buchs der Verwendbarkeit des
Hirsches in der ärztlichen Praxis gewidmet. In einer zweiten Bear-
beitung scheint dem naturhistorischen Theile mehr Beachtung zugewendet
worden zu sein78). Aus gleicher Zeit sind noch ein paar kleinere

78) J. Geo. Agricola, Cervi excoriati et dissecti in medicina usus, das
ist: Kurtze Beschreibung welcher Gestalt deß zu gewissen Zeiten gefangenen Hir-
schens fürnembste Glieder in der Artzney zu gebrauchen. Amberg, 1603. Die zweite
mir nicht bekannte Ausgabe führt den Titel: Cervi cum integri et vivi natura et
proprietates tum excoriati etc. ibid. 1617.

Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen.
weiblichen Hirſche, von welcher Thierform überhaupt am meiſten die
Rede iſt, ſind von kälterer Natur als die männlichen, daher haben ſie
keine Hörner. Wird ein Hirſch caſtrirt, ſo verliert ſich die Wärme und
das Geweih wächſt nicht. Die hornloſen Wiederkäuer werden im ſie-
benten Abſchnitt beſprochen, alſo beſonders das Kamel. Doch finden
ſich außer allgemeinen Bemerkungen über daſſelbe, wobei alle alten
Fabeln und die mediciniſche Verwendbarkeit beſprochen werden, auch
Betrachtungen über den Milchreichthum der Wiederkäuer, über den
Umſtand, daß dieſelben im Winter ſtärker wiederkäuen, endlich auch
über den wiederkäuenden Fiſch Scarus. Das letzte Kapitel weiſt nach,
daß dem Rinde das Wiederkäuen mehr als den übrigen Wiederkäuern
zuſage. Nach dieſen kurzen Andeutungen ſtellt ſich die Schrift als ohne
jeglichen Einfluß auf den Fortſchritt der zoologiſchen Kenntniß dar und
iſt faſt nichts, als eine ſich an einen Naturgegenſtand anlehnende Ent-
faltung litterariſcher Gelehrſamkeit.

Unter den einzelnen Wiederkäuern wurde der Hirſch einigemal be-
ſonders behandelt. Die früher mitgetheilten ſich auf ihn beziehenden
Ueberlieferungen, ſein Verhältniß zu den Schlangen und Aehnliches,
trugen dazu bei, den Glauben an ſeine Heilkräftigkeit lebendig zu er-
halten. Und ſo war auch die erſte ausführliche Schrift über ihn vor-
züglich darauf gerichtet, den mediciniſchen Gebrauch der einzelnen
Theile des Hirſches darzuſtellen. Der Stadtarzt zu Amberg, Joh.
Georg Agricola
war ihr Verfaſſer. Ein kurzer einleitender Abſchnitt
handelt zwar von der Natur und den Eigenſchaften des Thiers, aber
ohne damit die Naturgeſchichte deſſelben nur irgend eingehend zu erläu-
tern. Dagegen iſt der Haupttheil des Buchs der Verwendbarkeit des
Hirſches in der ärztlichen Praxis gewidmet. In einer zweiten Bear-
beitung ſcheint dem naturhiſtoriſchen Theile mehr Beachtung zugewendet
worden zu ſein78). Aus gleicher Zeit ſind noch ein paar kleinere

78) J. Geo. Agricola, Cervi excoriati et dissecti in medicina usus, das
iſt: Kurtze Beſchreibung welcher Geſtalt deß zu gewiſſen Zeiten gefangenen Hir-
ſchens fürnembſte Glieder in der Artzney zu gebrauchen. Amberg, 1603. Die zweite
mir nicht bekannte Ausgabe führt den Titel: Cervi cum integri et vivi natura et
proprietates tum excoriati etc. ibid. 1617.
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[345/0356] Arbeiten über einzelne Claſſen und Formen. weiblichen Hirſche, von welcher Thierform überhaupt am meiſten die Rede iſt, ſind von kälterer Natur als die männlichen, daher haben ſie keine Hörner. Wird ein Hirſch caſtrirt, ſo verliert ſich die Wärme und das Geweih wächſt nicht. Die hornloſen Wiederkäuer werden im ſie- benten Abſchnitt beſprochen, alſo beſonders das Kamel. Doch finden ſich außer allgemeinen Bemerkungen über daſſelbe, wobei alle alten Fabeln und die mediciniſche Verwendbarkeit beſprochen werden, auch Betrachtungen über den Milchreichthum der Wiederkäuer, über den Umſtand, daß dieſelben im Winter ſtärker wiederkäuen, endlich auch über den wiederkäuenden Fiſch Scarus. Das letzte Kapitel weiſt nach, daß dem Rinde das Wiederkäuen mehr als den übrigen Wiederkäuern zuſage. Nach dieſen kurzen Andeutungen ſtellt ſich die Schrift als ohne jeglichen Einfluß auf den Fortſchritt der zoologiſchen Kenntniß dar und iſt faſt nichts, als eine ſich an einen Naturgegenſtand anlehnende Ent- faltung litterariſcher Gelehrſamkeit. Unter den einzelnen Wiederkäuern wurde der Hirſch einigemal be- ſonders behandelt. Die früher mitgetheilten ſich auf ihn beziehenden Ueberlieferungen, ſein Verhältniß zu den Schlangen und Aehnliches, trugen dazu bei, den Glauben an ſeine Heilkräftigkeit lebendig zu er- halten. Und ſo war auch die erſte ausführliche Schrift über ihn vor- züglich darauf gerichtet, den mediciniſchen Gebrauch der einzelnen Theile des Hirſches darzuſtellen. Der Stadtarzt zu Amberg, Joh. Georg Agricola war ihr Verfaſſer. Ein kurzer einleitender Abſchnitt handelt zwar von der Natur und den Eigenſchaften des Thiers, aber ohne damit die Naturgeſchichte deſſelben nur irgend eingehend zu erläu- tern. Dagegen iſt der Haupttheil des Buchs der Verwendbarkeit des Hirſches in der ärztlichen Praxis gewidmet. In einer zweiten Bear- beitung ſcheint dem naturhiſtoriſchen Theile mehr Beachtung zugewendet worden zu ſein 78). Aus gleicher Zeit ſind noch ein paar kleinere 78) J. Geo. Agricola, Cervi excoriati et dissecti in medicina usus, das iſt: Kurtze Beſchreibung welcher Geſtalt deß zu gewiſſen Zeiten gefangenen Hir- ſchens fürnembſte Glieder in der Artzney zu gebrauchen. Amberg, 1603. Die zweite mir nicht bekannte Ausgabe führt den Titel: Cervi cum integri et vivi natura et proprietates tum excoriati etc. ibid. 1617.

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Zitationshilfe: Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/356>, abgerufen am 22.11.2024.