Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Fortschritte der Systematik und der Kenntniß einzelner Classen. Korallen nicht sicher, konnten sich wenigstens nicht entschließen, diekalkigen Polypenstöcke für Theile der an und in ihnen sich findenden Thiere zu halten. Wichtig wurden hier die Beobachtungen über die Süßwasserpolypen, deren thierische Natur und merkwürdige Lebens- erscheinungen zuerst Abr. Trembley mit Sicherheit kennen lehrte73). Rösel sowohl, als Jak. Chr. Schäffer bestätigten Trembley's Be- obachtungen, ohne über die allgemeine Bedeutung der wunderbaren Thiere weiter zu kommen. Die Beziehung der Meeresformen zu diesen Süßwasserarten blieb anfangs unerörtert. Es entwickelte sich auch die Kenntniß der letzteren getrennt. Nächst dem oben erwähnten Donati war es besonders John Ellis (1710-1776), welcher die Kenntniß der Polypen und ihrer verschiedenen Formen förderte. Sein Werk, dessen Ordnung der Schwede Dan. Solander (geb. 1736 in Norr- land, gest. 1782 in London, der Begleiter J. Cook's) besorgte, erschien erst 1786. Unterdessen hatte Joseph Gärtner (geb. 1732, gest. 1791, Vater des durch die Bastardirungsversuche bekannten Botani- kers) und der Abbe Jacq. Franc. Dicquemare (1733-1789) u. A. die Natur der Actinien untersucht. Ferner waren durch die vorzüg- lichen Untersuchungen Fil. Cavolini's der Formenkreis und die Kenntniß von der Anatomie der Polypen beträchtlich erweitert worden und zwar sowohl der Hydroiden als der echten Polypen74); freilich hielt Cavolini auch zusammengesetzte Ascidien für polypenartige Thiere. Gegenüber diesen positiven Fortschritten, welche in den genannten Leistungen enthalten sind, nehmen sich die hier und da noch spät auf- tauchenden Zweifel, wie z. B. von Phil. Ludw. Statius Müller, über die Natur der Korallen eigenthümlich genug aus. Es sei zwar, sagt er, allgemein die Meinung, die Natur mache keinen Sprung, auch nicht vom Pflanzen- zum Thierreich; indessen sei man im Dunkeln, was die Natur beabsichtige, man lasse also besser Betrachtungen dar- 74) Zu der früher (1785) gedruckten Polypenarbeit enthalten die Memorie postume, welche St. Delle Chiaje 1853 herausgegeben hat, eine Schlußab- handlung, desgleichen noch andere werthvolle Beiträge. 36*
Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen. Korallen nicht ſicher, konnten ſich wenigſtens nicht entſchließen, diekalkigen Polypenſtöcke für Theile der an und in ihnen ſich findenden Thiere zu halten. Wichtig wurden hier die Beobachtungen über die Süßwaſſerpolypen, deren thieriſche Natur und merkwürdige Lebens- erſcheinungen zuerſt Abr. Trembley mit Sicherheit kennen lehrte73). Röſel ſowohl, als Jak. Chr. Schäffer beſtätigten Trembley's Be- obachtungen, ohne über die allgemeine Bedeutung der wunderbaren Thiere weiter zu kommen. Die Beziehung der Meeresformen zu dieſen Süßwaſſerarten blieb anfangs unerörtert. Es entwickelte ſich auch die Kenntniß der letzteren getrennt. Nächſt dem oben erwähnten Donati war es beſonders John Ellis (1710-1776), welcher die Kenntniß der Polypen und ihrer verſchiedenen Formen förderte. Sein Werk, deſſen Ordnung der Schwede Dan. Solander (geb. 1736 in Norr- land, geſt. 1782 in London, der Begleiter J. Cook's) beſorgte, erſchien erſt 1786. Unterdeſſen hatte Joſeph Gärtner (geb. 1732, geſt. 1791, Vater des durch die Baſtardirungsverſuche bekannten Botani- kers) und der Abbé Jacq. Franç. Dicquemare (1733-1789) u. A. die Natur der Actinien unterſucht. Ferner waren durch die vorzüg- lichen Unterſuchungen Fil. Cavolini's der Formenkreis und die Kenntniß von der Anatomie der Polypen beträchtlich erweitert worden und zwar ſowohl der Hydroiden als der echten Polypen74); freilich hielt Cavolini auch zuſammengeſetzte Ascidien für polypenartige Thiere. Gegenüber dieſen poſitiven Fortſchritten, welche in den genannten Leiſtungen enthalten ſind, nehmen ſich die hier und da noch ſpät auf- tauchenden Zweifel, wie z. B. von Phil. Ludw. Statius Müller, über die Natur der Korallen eigenthümlich genug aus. Es ſei zwar, ſagt er, allgemein die Meinung, die Natur mache keinen Sprung, auch nicht vom Pflanzen- zum Thierreich; indeſſen ſei man im Dunkeln, was die Natur beabſichtige, man laſſe alſo beſſer Betrachtungen dar- 74) Zu der früher (1785) gedruckten Polypenarbeit enthalten die Memorie postume, welche St. Delle Chiaje 1853 herausgegeben hat, eine Schlußab- handlung, desgleichen noch andere werthvolle Beiträge. 36*
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Fortſchritte der Syſtematik und der Kenntniß einzelner Claſſen.
Korallen nicht ſicher, konnten ſich wenigſtens nicht entſchließen, die
kalkigen Polypenſtöcke für Theile der an und in ihnen ſich findenden
Thiere zu halten. Wichtig wurden hier die Beobachtungen über die
Süßwaſſerpolypen, deren thieriſche Natur und merkwürdige Lebens-
erſcheinungen zuerſt Abr. Trembley mit Sicherheit kennen lehrte 73).
Röſel ſowohl, als Jak. Chr. Schäffer beſtätigten Trembley's Be-
obachtungen, ohne über die allgemeine Bedeutung der wunderbaren
Thiere weiter zu kommen. Die Beziehung der Meeresformen zu dieſen
Süßwaſſerarten blieb anfangs unerörtert. Es entwickelte ſich auch die
Kenntniß der letzteren getrennt. Nächſt dem oben erwähnten Donati
war es beſonders John Ellis (1710-1776), welcher die Kenntniß
der Polypen und ihrer verſchiedenen Formen förderte. Sein Werk,
deſſen Ordnung der Schwede Dan. Solander (geb. 1736 in Norr-
land, geſt. 1782 in London, der Begleiter J. Cook's) beſorgte, erſchien
erſt 1786. Unterdeſſen hatte Joſeph Gärtner (geb. 1732, geſt.
1791, Vater des durch die Baſtardirungsverſuche bekannten Botani-
kers) und der Abbé Jacq. Franç. Dicquemare (1733-1789) u.
A. die Natur der Actinien unterſucht. Ferner waren durch die vorzüg-
lichen Unterſuchungen Fil. Cavolini's der Formenkreis und die
Kenntniß von der Anatomie der Polypen beträchtlich erweitert worden
und zwar ſowohl der Hydroiden als der echten Polypen 74); freilich
hielt Cavolini auch zuſammengeſetzte Ascidien für polypenartige Thiere.
Gegenüber dieſen poſitiven Fortſchritten, welche in den genannten
Leiſtungen enthalten ſind, nehmen ſich die hier und da noch ſpät auf-
tauchenden Zweifel, wie z. B. von Phil. Ludw. Statius Müller,
über die Natur der Korallen eigenthümlich genug aus. Es ſei zwar,
ſagt er, allgemein die Meinung, die Natur mache keinen Sprung, auch
nicht vom Pflanzen- zum Thierreich; indeſſen ſei man im Dunkeln,
was die Natur beabſichtige, man laſſe alſo beſſer Betrachtungen dar-
73) Die Mémoires Trembley's, 1744, überſetzte der mehrerwähnte Paſtor
J. A. E. Goeze, 1775.
74) Zu der früher (1785) gedruckten Polypenarbeit enthalten die Memorie
postume, welche St. Delle Chiaje 1853 herausgegeben hat, eine Schlußab-
handlung, desgleichen noch andere werthvolle Beiträge.
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