über bei Seite. -- Zur Ausbreitung der Formenkenntniß trug das Kupferwerk über "Pflanzenthiere" von Esper, dessen Herausgabe bis in ziemlich neue Zeit gewährt hat, nicht unwesentlich bei. -- Von den Medusen kannte man nur wenig; man vereinigte sie meist mit den Actinien. Cavolini's Beobachtungen (an Schirm-, Rippen- und Röh- renquallen) wurden erst lange nach seinem Tode veröffentlicht.
Den Würmern war endlich die ganze Abtheilung der mikroskopi- schen Thiere zugesellt worden. Schon Leeuwenhoek hatte sie als in "Infusionen" entstehend bezeichnet. Den Namen "Infusionsthiere" brauchte zuerst Martin Frobenius Ledermüller (geb. 1719 in Nürnberg, Jurist, eine Zeit lang Assistent beim Naturaliencabinet in Baireuth, gest. 1769 in Nürnberg), welcher wie Viele seiner Zeitge- nossen Ergötzung seines Gemüths in Beschäftigung mit der Natur suchte und solche in Beobachtungen mit dem Mikroskope fand. Weitere Formen lehrten kennen der Freiherr Friedr. Wilh. von Gleichen (nach seiner Frau genannt Rusworm, geb. 1717 in Baireuth, gest. 1783 auf Greiffenstein), ein gleichfalls eifrig mikroskopirender Forscher, der Pastor Joh. Conrad Eichhorn (geb. 1718, gest. 1790 in Danzig) u. A. Viele Untersuchungen rief die Frage nach der Entstehung der Infusorien hervor. Turbervill Needham hatte ein fruchtbares Prin- cip angenommen (1750), welches in der Flüssigkeit vorhanden sein müsse, um die dann noch vielfache Umwandlungen erleidenden Infu- sorien entstehen zu lassen. Heinr. Aug. Wrisberg, der bekannte Arzt, hatte aus zahlreichen Versuchen geschlossen (1765), daß Wasser, Luft, Wärme und eine vegetabilische oder animalische Substanz nothwendig sei zur Erzeugung der Organismen. Dabei hatte er Gelegenheit gehabt, zahlreiche Beobachtungen sowohl über einzelne Formen als über deren Lebenserscheinungen, wie Theilung, Verschmelzung u. s. f. anzustellen. Spallanzani (s. unten) glaubte Keime oder Eier in den bei den Aufgüssen benutzten Substanzen annehmen zu müssen, hielt auch im Anschlusse an diese Meinung die Bildung der Infusorien für verschieden je nach den zu den Aufgüssen verwendeten Sachen. Alles dies war aber unsicher so lange die Formen selbst nicht gehörig charakterisirt waren. Einen einstweiligen Abschluß fanden daher die Infusorienfor-
Periode der Syſtematik.
über bei Seite. — Zur Ausbreitung der Formenkenntniß trug das Kupferwerk über „Pflanzenthiere“ von Esper, deſſen Herausgabe bis in ziemlich neue Zeit gewährt hat, nicht unweſentlich bei. — Von den Meduſen kannte man nur wenig; man vereinigte ſie meiſt mit den Actinien. Cavolini's Beobachtungen (an Schirm-, Rippen- und Röh- renquallen) wurden erſt lange nach ſeinem Tode veröffentlicht.
Den Würmern war endlich die ganze Abtheilung der mikroſkopi- ſchen Thiere zugeſellt worden. Schon Leeuwenhoek hatte ſie als in „Infuſionen“ entſtehend bezeichnet. Den Namen „Infuſionsthiere“ brauchte zuerſt Martin Frobenius Ledermüller (geb. 1719 in Nürnberg, Juriſt, eine Zeit lang Aſſiſtent beim Naturaliencabinet in Baireuth, geſt. 1769 in Nürnberg), welcher wie Viele ſeiner Zeitge- noſſen Ergötzung ſeines Gemüths in Beſchäftigung mit der Natur ſuchte und ſolche in Beobachtungen mit dem Mikroſkope fand. Weitere Formen lehrten kennen der Freiherr Friedr. Wilh. von Gleichen (nach ſeiner Frau genannt Rusworm, geb. 1717 in Baireuth, geſt. 1783 auf Greiffenſtein), ein gleichfalls eifrig mikroſkopirender Forſcher, der Paſtor Joh. Conrad Eichhorn (geb. 1718, geſt. 1790 in Danzig) u. A. Viele Unterſuchungen rief die Frage nach der Entſtehung der Infuſorien hervor. Turbervill Needham hatte ein fruchtbares Prin- cip angenommen (1750), welches in der Flüſſigkeit vorhanden ſein müſſe, um die dann noch vielfache Umwandlungen erleidenden Infu- ſorien entſtehen zu laſſen. Heinr. Aug. Wrisberg, der bekannte Arzt, hatte aus zahlreichen Verſuchen geſchloſſen (1765), daß Waſſer, Luft, Wärme und eine vegetabiliſche oder animaliſche Subſtanz nothwendig ſei zur Erzeugung der Organismen. Dabei hatte er Gelegenheit gehabt, zahlreiche Beobachtungen ſowohl über einzelne Formen als über deren Lebenserſcheinungen, wie Theilung, Verſchmelzung u. ſ. f. anzuſtellen. Spallanzani (ſ. unten) glaubte Keime oder Eier in den bei den Aufgüſſen benutzten Subſtanzen annehmen zu müſſen, hielt auch im Anſchluſſe an dieſe Meinung die Bildung der Infuſorien für verſchieden je nach den zu den Aufgüſſen verwendeten Sachen. Alles dies war aber unſicher ſo lange die Formen ſelbſt nicht gehörig charakteriſirt waren. Einen einſtweiligen Abſchluß fanden daher die Infuſorienfor-
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Periode der Syſtematik.
über bei Seite. — Zur Ausbreitung der Formenkenntniß trug das
Kupferwerk über „Pflanzenthiere“ von Esper, deſſen Herausgabe bis
in ziemlich neue Zeit gewährt hat, nicht unweſentlich bei. — Von den
Meduſen kannte man nur wenig; man vereinigte ſie meiſt mit den
Actinien. Cavolini's Beobachtungen (an Schirm-, Rippen- und Röh-
renquallen) wurden erſt lange nach ſeinem Tode veröffentlicht.
Den Würmern war endlich die ganze Abtheilung der mikroſkopi-
ſchen Thiere zugeſellt worden. Schon Leeuwenhoek hatte ſie als in
„Infuſionen“ entſtehend bezeichnet. Den Namen
„Infuſionsthiere“
brauchte zuerſt Martin Frobenius Ledermüller (geb. 1719 in
Nürnberg, Juriſt, eine Zeit lang Aſſiſtent beim Naturaliencabinet in
Baireuth, geſt. 1769 in Nürnberg), welcher wie Viele ſeiner Zeitge-
noſſen Ergötzung ſeines Gemüths in Beſchäftigung mit der Natur
ſuchte und ſolche in Beobachtungen mit dem Mikroſkope fand. Weitere
Formen lehrten kennen der Freiherr Friedr. Wilh. von Gleichen
(nach ſeiner Frau genannt Rusworm, geb. 1717 in Baireuth, geſt.
1783 auf Greiffenſtein), ein gleichfalls eifrig mikroſkopirender Forſcher,
der Paſtor Joh. Conrad Eichhorn (geb. 1718, geſt. 1790 in Danzig)
u. A. Viele Unterſuchungen rief die Frage nach der Entſtehung der
Infuſorien hervor. Turbervill Needham hatte ein fruchtbares Prin-
cip angenommen (1750), welches in der Flüſſigkeit vorhanden ſein
müſſe, um die dann noch vielfache Umwandlungen erleidenden Infu-
ſorien entſtehen zu laſſen. Heinr. Aug. Wrisberg, der bekannte Arzt,
hatte aus zahlreichen Verſuchen geſchloſſen (1765), daß Waſſer, Luft,
Wärme und eine vegetabiliſche oder animaliſche Subſtanz nothwendig ſei
zur Erzeugung der Organismen. Dabei hatte er Gelegenheit gehabt,
zahlreiche Beobachtungen ſowohl über einzelne Formen als über deren
Lebenserſcheinungen, wie Theilung, Verſchmelzung u. ſ. f. anzuſtellen.
Spallanzani (ſ. unten) glaubte Keime oder Eier in den bei den
Aufgüſſen benutzten Subſtanzen annehmen zu müſſen, hielt auch im
Anſchluſſe an dieſe Meinung die Bildung der Infuſorien für verſchieden
je nach den zu den Aufgüſſen verwendeten Sachen. Alles dies war
aber unſicher ſo lange die Formen ſelbſt nicht gehörig charakteriſirt
waren. Einen einſtweiligen Abſchluß fanden daher die Infuſorienfor-
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/575>, abgerufen am 22.11.2024.
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