Anatomie dieselbe Ordnung theils aus hergebrachter Gewohnheit theils aus Anbequemung an die Bedürfnisse der Physiologie befolgt worden. Man glaubte eben lange Zeit Vergleichungen überhaupt nur von dieser Betrachtungsweise aus unternehmen zu können.
Die deutsche Naturphilosophie.
Wenn es Aufgabe der Philosophie ist, dem Ursprunge der allge- meinen Wahrheiten nachzuforschen und deren nothwendige Begründung und Zusammenhang in dem Geiste des Menschen aufzusuchen, gleich- viel ob hierbei eine Organisation des letzteren vorausgesetzt wird, welche diese Nothwendigkeit bedingt, oder nicht, so ist es offenbar, daß eine jede Summe von einzelnen Erkenntnissen über einen bestimmten Kreis von Erscheinungen der Philosophie nicht entbehren kann, sobald sie durch Aufsuchen der in jenen liegenden allgemeinen Wahrheiten sich zum Range einer systematisch ausgebildeten Wissenschaft erheben will. Für die verschiedenen Zweige der Naturerkenntniß trat das Bedürfniß einer philosophischen Untersuchung zu verschiedenen Zeiten auf, da sie nicht alle gleichzeitig das Vorhandensein allgemeiner nothwendiger Wahr- heiten erkennen ließen und da insbesondere für die Auffassung der be- lebten Natur lange Zeit die Annahme directer Emanationen des Schöpfers dem geistigen Bedürfnisse genügt hatte. Je größer aber der Umfang wurde, in welchem die physikalischen Erklärungen die Erschei- nungen der unbelebten Welt verständlich machten, desto mehr mußte man sich zu dem Versuche gedrungen fühlen, einerseits auch das Leben und seine Erscheinungen in den Bereich der von jenen dargebotenen Kräfte und Gesetze zu ziehn, und andrerseits die allgemeinen Formen der metaphysischen Erkenntniß auch auf dieses auszudehnen.
Es wäre daher wohl an und für sich vollständig gerechtfertigt ge- wesen, daß sich F. W. J. Schelling die Aufgabe stellte, das ganze System der Naturlehre von dem Gesetze der Schwere bis zu den Bil- dungstrieben der Organismen als ein organisches Ganze darzustellen. Die Lösung dieser Aufgabe hätte aber nur gelingen können unter der dop- pelten, sachlichen und formalen, Bedingung, daß man einmal von der eigentlichen Natur sämmtlicher Erscheinungen und Vorgänge im Wesent-
Periode der Morphologie.
Anatomie dieſelbe Ordnung theils aus hergebrachter Gewohnheit theils aus Anbequemung an die Bedürfniſſe der Phyſiologie befolgt worden. Man glaubte eben lange Zeit Vergleichungen überhaupt nur von dieſer Betrachtungsweiſe aus unternehmen zu können.
Die deutſche Naturphiloſophie.
Wenn es Aufgabe der Philoſophie iſt, dem Urſprunge der allge- meinen Wahrheiten nachzuforſchen und deren nothwendige Begründung und Zuſammenhang in dem Geiſte des Menſchen aufzuſuchen, gleich- viel ob hierbei eine Organiſation des letzteren vorausgeſetzt wird, welche dieſe Nothwendigkeit bedingt, oder nicht, ſo iſt es offenbar, daß eine jede Summe von einzelnen Erkenntniſſen über einen beſtimmten Kreis von Erſcheinungen der Philoſophie nicht entbehren kann, ſobald ſie durch Aufſuchen der in jenen liegenden allgemeinen Wahrheiten ſich zum Range einer ſyſtematiſch ausgebildeten Wiſſenſchaft erheben will. Für die verſchiedenen Zweige der Naturerkenntniß trat das Bedürfniß einer philoſophiſchen Unterſuchung zu verſchiedenen Zeiten auf, da ſie nicht alle gleichzeitig das Vorhandenſein allgemeiner nothwendiger Wahr- heiten erkennen ließen und da insbeſondere für die Auffaſſung der be- lebten Natur lange Zeit die Annahme directer Emanationen des Schöpfers dem geiſtigen Bedürfniſſe genügt hatte. Je größer aber der Umfang wurde, in welchem die phyſikaliſchen Erklärungen die Erſchei- nungen der unbelebten Welt verſtändlich machten, deſto mehr mußte man ſich zu dem Verſuche gedrungen fühlen, einerſeits auch das Leben und ſeine Erſcheinungen in den Bereich der von jenen dargebotenen Kräfte und Geſetze zu ziehn, und andrerſeits die allgemeinen Formen der metaphyſiſchen Erkenntniß auch auf dieſes auszudehnen.
Es wäre daher wohl an und für ſich vollſtändig gerechtfertigt ge- weſen, daß ſich F. W. J. Schelling die Aufgabe ſtellte, das ganze Syſtem der Naturlehre von dem Geſetze der Schwere bis zu den Bil- dungstrieben der Organismen als ein organiſches Ganze darzuſtellen. Die Löſung dieſer Aufgabe hätte aber nur gelingen können unter der dop- pelten, ſachlichen und formalen, Bedingung, daß man einmal von der eigentlichen Natur ſämmtlicher Erſcheinungen und Vorgänge im Weſent-
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Periode der Morphologie.
Anatomie dieſelbe Ordnung theils aus hergebrachter Gewohnheit theils
aus Anbequemung an die Bedürfniſſe der Phyſiologie befolgt worden.
Man glaubte eben lange Zeit Vergleichungen überhaupt nur von dieſer
Betrachtungsweiſe aus unternehmen zu können.
Die deutſche Naturphiloſophie.
Wenn es Aufgabe der Philoſophie iſt, dem Urſprunge der allge-
meinen Wahrheiten nachzuforſchen und deren nothwendige Begründung
und Zuſammenhang in dem Geiſte des Menſchen aufzuſuchen, gleich-
viel ob hierbei eine Organiſation des letzteren vorausgeſetzt wird, welche
dieſe Nothwendigkeit bedingt, oder nicht, ſo iſt es offenbar, daß eine
jede Summe von einzelnen Erkenntniſſen über einen beſtimmten Kreis
von Erſcheinungen der Philoſophie nicht entbehren kann, ſobald ſie durch
Aufſuchen der in jenen liegenden allgemeinen Wahrheiten ſich zum
Range einer ſyſtematiſch ausgebildeten Wiſſenſchaft erheben will. Für
die verſchiedenen Zweige der Naturerkenntniß trat das Bedürfniß einer
philoſophiſchen Unterſuchung zu verſchiedenen Zeiten auf, da ſie nicht
alle gleichzeitig das Vorhandenſein allgemeiner nothwendiger Wahr-
heiten erkennen ließen und da insbeſondere für die Auffaſſung der be-
lebten Natur lange Zeit die Annahme directer Emanationen des
Schöpfers dem geiſtigen Bedürfniſſe genügt hatte. Je größer aber der
Umfang wurde, in welchem die phyſikaliſchen Erklärungen die Erſchei-
nungen der unbelebten Welt verſtändlich machten, deſto mehr mußte
man ſich zu dem Verſuche gedrungen fühlen, einerſeits auch das Leben
und ſeine Erſcheinungen in den Bereich der von jenen dargebotenen
Kräfte und Geſetze zu ziehn, und andrerſeits die allgemeinen Formen
der metaphyſiſchen Erkenntniß auch auf dieſes auszudehnen.
Es wäre daher wohl an und für ſich vollſtändig gerechtfertigt ge-
weſen, daß ſich F. W. J. Schelling die Aufgabe ſtellte, das ganze
Syſtem der Naturlehre von dem Geſetze der Schwere bis zu den Bil-
dungstrieben der Organismen als ein organiſches Ganze darzuſtellen.
Die Löſung dieſer Aufgabe hätte aber nur gelingen können unter der dop-
pelten, ſachlichen und formalen, Bedingung, daß man einmal von der
eigentlichen Natur ſämmtlicher Erſcheinungen und Vorgänge im Weſent-
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/587>, abgerufen am 22.11.2024.
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