Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Kenntniß der Mollusken. Verwirrungen, wie leider auch der um die Anatomie der Mollusken soverdiente Gius. Saverio Poli (1746-1825) den Thieren andere Namen als die gebräuchlichen ihrer Schalen beilegte. Meckel ver- einigte die Gastropoden mit den Ptero- und Heteropoden zu den Cepha- lophoren, worin ihm von Siebold folgte. Der Lamarck'schen Auf- fassung, nach welcher die Heteropoden als Ordnung den Gastropoden untergeordnet werden, schloß sich S. L. Loven an, nur daß er von dem Fehlen oder Vorhandensein einer Zunge die Haupttheilung ausgehn ließ. Vielfache Aenderungen an seinem System nahm J. E. Gray vor, ohne dasselbe dadurch sicherer zu begründen. Die Systeme von d'Orbigny und Deshayes schließen sich im Allgemeinen den obi- gen Hauptgruppen an. Den wichtigsten Fortschritt in der allgemeinen Systematik that H. Milne Edwards 1850, indem er die Tunicaten, Brachiopoden und Bryozoen zu einer den Mollusken coordinirten Gruppe, den Molluscoiden, vereinigte. C. Vogt fügte zu diesen drei Ordnungen noch die Rippenquallen, ohne jedoch damit Anklang finden zu können. Für Sammlung neuer Arten und daß solche allgemeiner zu- gänglich wurden, sorgten L. C. Kiener, Lovell Reeve, die genann- ten Sowerby, Rud. Amandus Philippi (geb. 1808), Ludw. Pfeiffer (geb. 1805) sowie H. C. Küster, welcher durch neue Be- arbeitung des Martini'schen Conchyliencabinets (s. S. 557) die zer- streuten Thatsachen zu sammeln suchte. -- Für die Anatomie der Mol- lusken war in erster Reihe G. Cuvier thätig, dessen (später gesammelte) Abhandlungen den Ausgangspunkt aller späteren Forschungen bilden. Nächst dem bereits genannten Poli war auch Delle Chiaje darauf bedacht, in seiner Schilderung der süditalienischen Mollusken deren Anatomie zu klären. Aeußerst wichtig wurden H. Milne Edwards' Untersuchungen, welche die eigenthümliche Form des Gefäßsystems in diesem Typus darthaten, nachdem Cuvier schon 1796 die Venen- räume bei Mollusken beschrieben hatte. Der von Quatrefages dieser Schilderung, wenigstens für eine kleine Gruppe, entgegengehaltene sogenannte Phlebenterismus wurde von Edwards selbst und von Ey- doux und Souleyet zurückgewiesen. Werthvolle Untersuchungen über anatomische Verhältnisse mehrerer Molluskenordnungen machten Kenntniß der Mollusken. Verwirrungen, wie leider auch der um die Anatomie der Mollusken ſoverdiente Giuſ. Saverio Poli (1746-1825) den Thieren andere Namen als die gebräuchlichen ihrer Schalen beilegte. Meckel ver- einigte die Gaſtropoden mit den Ptero- und Heteropoden zu den Cepha- lophoren, worin ihm von Siebold folgte. Der Lamarck'ſchen Auf- faſſung, nach welcher die Heteropoden als Ordnung den Gaſtropoden untergeordnet werden, ſchloß ſich S. L. Lovén an, nur daß er von dem Fehlen oder Vorhandenſein einer Zunge die Haupttheilung ausgehn ließ. Vielfache Aenderungen an ſeinem Syſtem nahm J. E. Gray vor, ohne daſſelbe dadurch ſicherer zu begründen. Die Syſteme von d'Orbigny und Deshayes ſchließen ſich im Allgemeinen den obi- gen Hauptgruppen an. Den wichtigſten Fortſchritt in der allgemeinen Syſtematik that H. Milne Edwards 1850, indem er die Tunicaten, Brachiopoden und Bryozoen zu einer den Mollusken coordinirten Gruppe, den Molluscoiden, vereinigte. C. Vogt fügte zu dieſen drei Ordnungen noch die Rippenquallen, ohne jedoch damit Anklang finden zu können. Für Sammlung neuer Arten und daß ſolche allgemeiner zu- gänglich wurden, ſorgten L. C. Kiener, Lovell Reeve, die genann- ten Sowerby, Rud. Amandus Philippi (geb. 1808), Ludw. Pfeiffer (geb. 1805) ſowie H. C. Küſter, welcher durch neue Be- arbeitung des Martini'ſchen Conchyliencabinets (ſ. S. 557) die zer- ſtreuten Thatſachen zu ſammeln ſuchte. — Für die Anatomie der Mol- lusken war in erſter Reihe G. Cuvier thätig, deſſen (ſpäter geſammelte) Abhandlungen den Ausgangspunkt aller ſpäteren Forſchungen bilden. Nächſt dem bereits genannten Poli war auch Delle Chiaje darauf bedacht, in ſeiner Schilderung der ſüditalieniſchen Mollusken deren Anatomie zu klären. Aeußerſt wichtig wurden H. Milne Edwards' Unterſuchungen, welche die eigenthümliche Form des Gefäßſyſtems in dieſem Typus darthaten, nachdem Cuvier ſchon 1796 die Venen- räume bei Mollusken beſchrieben hatte. Der von Quatrefages dieſer Schilderung, wenigſtens für eine kleine Gruppe, entgegengehaltene ſogenannte Phlebenterismus wurde von Edwards ſelbſt und von Ey- doux und Souleyet zurückgewieſen. 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Verwirrungen, wie leider auch der um die Anatomie der Mollusken ſo
verdiente Giuſ. Saverio Poli (1746-1825) den Thieren andere
Namen als die gebräuchlichen ihrer Schalen beilegte. Meckel ver-
einigte die Gaſtropoden mit den Ptero- und Heteropoden zu den Cepha-
lophoren, worin ihm von Siebold folgte. Der Lamarck'ſchen Auf-
faſſung, nach welcher die Heteropoden als Ordnung den Gaſtropoden
untergeordnet werden, ſchloß ſich S. L. Lovén an, nur daß er von
dem
Fehlen oder Vorhandenſein einer Zunge die Haupttheilung ausgehn
ließ. Vielfache Aenderungen an ſeinem Syſtem nahm J. E. Gray
vor, ohne daſſelbe dadurch ſicherer zu begründen. Die Syſteme von
d'Orbigny und Deshayes ſchließen ſich im Allgemeinen den
obi-
gen Hauptgruppen an. Den wichtigſten Fortſchritt in der allgemeinen
Syſtematik that H. Milne Edwards 1850, indem er die Tunicaten,
Brachiopoden und Bryozoen zu einer den Mollusken coordinirten
Gruppe, den Molluscoiden, vereinigte. C. Vogt fügte zu dieſen drei
Ordnungen noch die Rippenquallen, ohne jedoch damit Anklang finden
zu können. Für Sammlung neuer Arten und daß ſolche allgemeiner zu-
gänglich wurden, ſorgten L. C. Kiener, Lovell Reeve, die genann-
ten Sowerby, Rud. Amandus Philippi (geb. 1808), Ludw.
Pfeiffer (geb. 1805) ſowie H. C. Küſter, welcher durch neue Be-
arbeitung des Martini'ſchen Conchyliencabinets (ſ. S. 557) die zer-
ſtreuten Thatſachen zu ſammeln ſuchte. — Für die Anatomie der Mol-
lusken war in erſter Reihe G. Cuvier thätig, deſſen (ſpäter
geſammelte)
Abhandlungen den Ausgangspunkt aller ſpäteren Forſchungen bilden.
Nächſt dem bereits genannten Poli war auch Delle Chiaje darauf
bedacht, in ſeiner Schilderung der ſüditalieniſchen Mollusken deren
Anatomie zu klären. Aeußerſt wichtig wurden H. Milne Edwards'
Unterſuchungen, welche die eigenthümliche Form des Gefäßſyſtems in
dieſem Typus darthaten, nachdem Cuvier ſchon 1796 die Venen-
räume bei Mollusken beſchrieben hatte. Der von Quatrefages
dieſer Schilderung, wenigſtens für eine kleine Gruppe, entgegengehaltene
ſogenannte Phlebenterismus wurde von Edwards ſelbſt und von Ey-
doux und Souleyet zurückgewieſen. Werthvolle Unterſuchungen
über anatomiſche Verhältniſſe mehrerer Molluskenordnungen machten
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