Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Periode der Morphologie. Merkmale erster Ordnung böten die Circulations- und Generations-organe dar; sie wenden dies aber nur auf die Wirbelthiere an; denn die "Pedimanen" enthalten zwar vereinigt die (insectenfressenden) Beutel- thiere, die Känguruh's stehn aber bei den Nagern, beide also mitten zwischen den Nagelthieren. Und doch hat sich diese ursprüngliche Form des Systems, trotzdem es durch die in den dreißiger Jahren gemachten Untersuchungen über die Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Mono- tremen und Beutelthiere völlig veraltet ist, vereinzelt bis in die neueste Zeit erhalten. Es werden hier zunächst wie bei Pennant drei Gruppen nach der Zehenbekleidung (welche "ihrer Constanz wegen den Zähnen vorgehen") gebildet: Seesäugethiere, Hufthiere und Nagelthiere (so noch Giebel 1855); die erstern enthalten die Cetaceen und Robben (so auch bei Giebel), die zweiten die Einhufer, Spalthufer und Vielhufer oder Dickhäuter; die letzten endlich umfassen als einzelne Ordnungen Zahn- lose, Faulthiere (beide vereint Zahnlose bei Giebel), Nager (bei Cuvier mit den Känguruhs), reißende, wurmförmige und sohlengehende Raub- thiere (bei Giebel zu einer Ordnung vereint), Chiropteren, Pedimanen (Marsupialien, bei Giebel nur anders gestellt, zwischen Nagern und Reißenden) und Quadrumanen. Die 1795 noch nicht entdeckt gewesenen Monotremen stehn im spätern Systeme Cuvier's (1817, wie noch bei Giebel) bei den Edentaten. Auch das Illiger'sche System (1811) ist nur eine geringe Modification jenes älteren von 1795; doch wird der Mensch wieder als erste Ordnung eingeführt. Die Monotremen erscheinen zwar als selbständige Ordnung, aber ebenso auch die als Springer bezeichneten Känguruhs, während die übrigen Beutelthiere als Daumenthiere mit Affen und Halbaffen in einer Ordnung zusam- men stehn. Cuvier selbst verbesserte sein System nur insofern, als er die Robben mit den Raubthieren verband, zu welchen er aber auch die Fledermäuse und Beutelthiere brachte. Die ersten Schritte zur natur- gemäßen Umgestaltung des Systems that Geoffroy, welcher 1796 die Marsupialien wieder vereinigte und 1803 die Ordnung der Mono- tremen aufstellte (denen er später sogar den Rang einer besonderen Wirbelthierclasse geben wollte). Ihm folgte Blainville, welcher 1812 die Echidna und das zuerst von Shaw, genauer 1800 von Blu- Periode der Morphologie. Merkmale erſter Ordnung böten die Circulations- und Generations-organe dar; ſie wenden dies aber nur auf die Wirbelthiere an; denn die „Pedimanen“ enthalten zwar vereinigt die (inſectenfreſſenden) Beutel- thiere, die Känguruh's ſtehn aber bei den Nagern, beide alſo mitten zwiſchen den Nagelthieren. Und doch hat ſich dieſe urſprüngliche Form des Syſtems, trotzdem es durch die in den dreißiger Jahren gemachten Unterſuchungen über die Anatomie und Entwickelungsgeſchichte der Mono- tremen und Beutelthiere völlig veraltet iſt, vereinzelt bis in die neueſte Zeit erhalten. Es werden hier zunächſt wie bei Pennant drei Gruppen nach der Zehenbekleidung (welche „ihrer Conſtanz wegen den Zähnen vorgehen“) gebildet: Seeſäugethiere, Hufthiere und Nagelthiere (ſo noch Giebel 1855); die erſtern enthalten die Cetaceen und Robben (ſo auch bei Giebel), die zweiten die Einhufer, Spalthufer und Vielhufer oder Dickhäuter; die letzten endlich umfaſſen als einzelne Ordnungen Zahn- loſe, Faulthiere (beide vereint Zahnloſe bei Giebel), Nager (bei Cuvier mit den Känguruhs), reißende, wurmförmige und ſohlengehende Raub- thiere (bei Giebel zu einer Ordnung vereint), Chiropteren, Pedimanen (Marſupialien, bei Giebel nur anders geſtellt, zwiſchen Nagern und Reißenden) und Quadrumanen. Die 1795 noch nicht entdeckt geweſenen Monotremen ſtehn im ſpätern Syſteme Cuvier's (1817, wie noch bei Giebel) bei den Edentaten. Auch das Illiger'ſche Syſtem (1811) iſt nur eine geringe Modification jenes älteren von 1795; doch wird der Menſch wieder als erſte Ordnung eingeführt. Die Monotremen erſcheinen zwar als ſelbſtändige Ordnung, aber ebenſo auch die als Springer bezeichneten Känguruhs, während die übrigen Beutelthiere als Daumenthiere mit Affen und Halbaffen in einer Ordnung zuſam- men ſtehn. Cuvier ſelbſt verbeſſerte ſein Syſtem nur inſofern, als er die Robben mit den Raubthieren verband, zu welchen er aber auch die Fledermäuſe und Beutelthiere brachte. Die erſten Schritte zur natur- gemäßen Umgeſtaltung des Syſtems that Geoffroy, welcher 1796 die Marſupialien wieder vereinigte und 1803 die Ordnung der Mono- tremen aufſtellte (denen er ſpäter ſogar den Rang einer beſonderen Wirbelthierclaſſe geben wollte). Ihm folgte Blainville, welcher 1812 die Echidna und das zuerſt von Shaw, genauer 1800 von Blu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0723" n="712"/><fw place="top" type="header">Periode der Morphologie.</fw><lb/> Merkmale erſter Ordnung böten die Circulations- und Generations-<lb/> organe dar; ſie wenden dies aber nur auf die Wirbelthiere an; denn<lb/> die „Pedimanen“ enthalten zwar vereinigt die (inſectenfreſſenden) Beutel-<lb/> thiere, die Känguruh's ſtehn aber bei den Nagern, beide alſo mitten<lb/> zwiſchen den Nagelthieren. Und doch hat ſich dieſe urſprüngliche Form<lb/> des Syſtems, trotzdem es durch die in den dreißiger Jahren gemachten<lb/> Unterſuchungen über die Anatomie und Entwickelungsgeſchichte der Mono-<lb/> tremen und Beutelthiere völlig veraltet iſt, vereinzelt bis in die neueſte<lb/> Zeit erhalten. 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Periode der Morphologie.
Merkmale erſter Ordnung böten die Circulations- und Generations-
organe dar; ſie wenden dies aber nur auf die Wirbelthiere an; denn
die „Pedimanen“ enthalten zwar vereinigt die (inſectenfreſſenden) Beutel-
thiere, die Känguruh's ſtehn aber bei den Nagern, beide alſo mitten
zwiſchen den Nagelthieren. Und doch hat ſich dieſe urſprüngliche Form
des Syſtems, trotzdem es durch die in den dreißiger Jahren gemachten
Unterſuchungen über die Anatomie und Entwickelungsgeſchichte der Mono-
tremen und Beutelthiere völlig veraltet iſt, vereinzelt bis in die neueſte
Zeit erhalten. Es werden hier zunächſt wie bei Pennant drei Gruppen
nach der Zehenbekleidung (welche „ihrer Conſtanz wegen den Zähnen
vorgehen“) gebildet: Seeſäugethiere, Hufthiere und Nagelthiere (ſo noch
Giebel 1855); die erſtern enthalten die Cetaceen und Robben (ſo auch
bei Giebel), die zweiten die Einhufer, Spalthufer und Vielhufer oder
Dickhäuter; die letzten endlich umfaſſen als einzelne Ordnungen Zahn-
loſe, Faulthiere (beide vereint Zahnloſe bei Giebel), Nager (bei Cuvier
mit den Känguruhs), reißende, wurmförmige und ſohlengehende Raub-
thiere (bei Giebel zu einer Ordnung vereint), Chiropteren, Pedimanen
(Marſupialien, bei Giebel nur anders geſtellt, zwiſchen Nagern und
Reißenden) und Quadrumanen. Die 1795 noch nicht entdeckt geweſenen
Monotremen ſtehn im ſpätern Syſteme Cuvier's (1817, wie noch bei
Giebel) bei den Edentaten. Auch das Illiger'ſche Syſtem (1811)
iſt nur eine geringe Modification jenes älteren von 1795; doch wird
der Menſch wieder als erſte Ordnung eingeführt. Die Monotremen
erſcheinen zwar als ſelbſtändige Ordnung, aber ebenſo auch die als
Springer bezeichneten Känguruhs, während die übrigen Beutelthiere
als Daumenthiere mit Affen und Halbaffen in einer Ordnung zuſam-
men ſtehn. Cuvier ſelbſt verbeſſerte ſein Syſtem nur inſofern, als er
die Robben mit den Raubthieren verband, zu welchen er aber auch die
Fledermäuſe und Beutelthiere brachte. Die erſten Schritte zur natur-
gemäßen Umgeſtaltung des Syſtems that Geoffroy, welcher 1796
die Marſupialien wieder vereinigte und 1803 die Ordnung der Mono-
tremen aufſtellte (denen er ſpäter ſogar den Rang einer beſonderen
Wirbelthierclaſſe geben wollte). Ihm folgte Blainville, welcher
1812 die Echidna und das zuerſt von Shaw, genauer 1800 von Blu-
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