Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814.Sie unterhielt sich einst am Bette Numero Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0142" n="122"/> <p>Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero<lb/> Zwoͤlf mit dem Herrn <hi rendition="#g">Bendel</hi>: “Warum,<lb/> edle Frau, wollen Sie ſich ſo oft der boͤſen Luft,<lb/> die hier herrſcht, ausſetzen? Sollte denn das Schick¬<lb/> ſal mit Ihnen ſo hart ſeyn, daß Sie zu ſterben<lb/> begehrten?„ — “Nein, Herr <hi rendition="#g">Bendel</hi>, ſeit ich<lb/> meinen langen Traum ausgetraͤumt habe, und in<lb/> mir ſelber erwacht bin, geht es mir wohl, ſeitdem<lb/> wuͤnſche ich nicht mehr und fuͤrchte nicht mehr den<lb/> Tod. Seitdem denke ich heiter an Vergangenheit<lb/> und Zukunft. Iſt es nicht auch mit ſtillem in¬<lb/> nerlichem Gluͤck, daß Sie jetzt auf ſo gottſelige<lb/> Weiſe Ihrem Herrn und Freunde dienen?„ —<lb/> “Sei Gott gedankt, ja, edle Frau. Es iſt uns<lb/> doch wunderſam ergangen, wir haben viel Wohl<lb/> und bitt'res Weh unbedachtſam aus dem vollen Be¬<lb/> cher geſchluͤrft. Nun iſt er leer; nun moͤchte Ei¬<lb/> ner meinen, das ſei Alles nur die Probe geweſen,<lb/> und, mit kluger Einſicht geruͤſtet, den wirklichen<lb/> Anfang erwarten. Ein anderer iſt nun der wirk¬<lb/> liche Anfang, und man wuͤnſcht das erſte Gaukel¬<lb/> ſpiel nicht zuruͤck, und iſt dennoch im Ganzen<lb/> froh, es, wie es war, gelebt zu haben. Auch find'<lb/> ich in mir das Zutrauen, daß es nun unſerm al¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0142]
Sie unterhielt ſich einſt am Bette Numero
Zwoͤlf mit dem Herrn Bendel: “Warum,
edle Frau, wollen Sie ſich ſo oft der boͤſen Luft,
die hier herrſcht, ausſetzen? Sollte denn das Schick¬
ſal mit Ihnen ſo hart ſeyn, daß Sie zu ſterben
begehrten?„ — “Nein, Herr Bendel, ſeit ich
meinen langen Traum ausgetraͤumt habe, und in
mir ſelber erwacht bin, geht es mir wohl, ſeitdem
wuͤnſche ich nicht mehr und fuͤrchte nicht mehr den
Tod. Seitdem denke ich heiter an Vergangenheit
und Zukunft. Iſt es nicht auch mit ſtillem in¬
nerlichem Gluͤck, daß Sie jetzt auf ſo gottſelige
Weiſe Ihrem Herrn und Freunde dienen?„ —
“Sei Gott gedankt, ja, edle Frau. Es iſt uns
doch wunderſam ergangen, wir haben viel Wohl
und bitt'res Weh unbedachtſam aus dem vollen Be¬
cher geſchluͤrft. Nun iſt er leer; nun moͤchte Ei¬
ner meinen, das ſei Alles nur die Probe geweſen,
und, mit kluger Einſicht geruͤſtet, den wirklichen
Anfang erwarten. Ein anderer iſt nun der wirk¬
liche Anfang, und man wuͤnſcht das erſte Gaukel¬
ſpiel nicht zuruͤck, und iſt dennoch im Ganzen
froh, es, wie es war, gelebt zu haben. Auch find'
ich in mir das Zutrauen, daß es nun unſerm al¬
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