im Streit mit sich und im Frieden mit der Welt; und wenn das gute Stündlein bei ersterm kommt, so reichen sich beide die Hand, und der Mensch muß lächeln und sagen: es ist doch nicht alles ei¬ tel hienieden etc." Denn hier müßte mehr abge¬ schrieben werden, als erlaubt ist.
Die Freiheit dieses Werkchens, welche viel¬ leicht von vielen für Harmlosigkeit angesehen wer¬ den wird, scheint um so interessanter: da sie ei¬ nen so herben Gegensatz bildet gegen den Alexan¬ drinismus in der Poesie, welcher mit geglätteter Mühseligkeit sie zu erhaschen glaubt, und wirk¬ lich auch wohl nicht selten den Beifall des Pub¬ likums stiehlt. Von diesem ist aber hier eben so wenig zu spüren, als andererseits von der er¬ zwungenen, ewig mit sich selbst coquettirenden Begeisterung für das Heilige, von der poetischen Verdünstung und Vergasung, in welcher sich heut zu Tage die unkräftigsten und unwissendsten Na¬ turen gefallen. Hier ist viel zwischen den Zei¬ len zu lesen: und wer nur dem Schalk die Hülle abziehen kann, auch wo er sie festhalten möchte, der wird ihn für eine recht kerngesunde, frische, schöne Natur ansprechen.
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im Streit mit ſich und im Frieden mit der Welt; und wenn das gute Stuͤndlein bei erſterm kommt, ſo reichen ſich beide die Hand, und der Menſch muß laͤcheln und ſagen: es iſt doch nicht alles ei¬ tel hienieden ꝛc.„ Denn hier muͤßte mehr abge¬ ſchrieben werden, als erlaubt iſt.
Die Freiheit dieſes Werkchens, welche viel¬ leicht von vielen fuͤr Harmloſigkeit angeſehen wer¬ den wird, ſcheint um ſo intereſſanter: da ſie ei¬ nen ſo herben Gegenſatz bildet gegen den Alexan¬ drinismus in der Poeſie, welcher mit geglaͤtteter Muͤhſeligkeit ſie zu erhaſchen glaubt, und wirk¬ lich auch wohl nicht ſelten den Beifall des Pub¬ likums ſtiehlt. Von dieſem iſt aber hier eben ſo wenig zu ſpuͤren, als andererſeits von der er¬ zwungenen, ewig mit ſich ſelbſt coquettirenden Begeiſterung fuͤr das Heilige, von der poetiſchen Verduͤnſtung und Vergaſung, in welcher ſich heut zu Tage die unkraͤftigſten und unwiſſendſten Na¬ turen gefallen. Hier iſt viel zwiſchen den Zei¬ len zu leſen: und wer nur dem Schalk die Huͤlle abziehen kann, auch wo er ſie feſthalten moͤchte, der wird ihn fuͤr eine recht kerngeſunde, friſche, ſchoͤne Natur anſprechen.
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im Streit mit ſich und im Frieden mit der Welt;
und wenn das gute Stuͤndlein bei erſterm kommt,
ſo reichen ſich beide die Hand, und der Menſch
muß laͤcheln und ſagen: es iſt doch nicht alles ei¬
tel hienieden ꝛc.„ Denn hier muͤßte mehr abge¬
ſchrieben werden, als erlaubt iſt.
Die Freiheit dieſes Werkchens, welche viel¬
leicht von vielen fuͤr Harmloſigkeit angeſehen wer¬
den wird, ſcheint um ſo intereſſanter: da ſie ei¬
nen ſo herben Gegenſatz bildet gegen den Alexan¬
drinismus in der Poeſie, welcher mit geglaͤtteter
Muͤhſeligkeit ſie zu erhaſchen glaubt, und wirk¬
lich auch wohl nicht ſelten den Beifall des Pub¬
likums ſtiehlt. Von dieſem iſt aber hier eben ſo
wenig zu ſpuͤren, als andererſeits von der er¬
zwungenen, ewig mit ſich ſelbſt coquettirenden
Begeiſterung fuͤr das Heilige, von der poetiſchen
Verduͤnſtung und Vergaſung, in welcher ſich heut
zu Tage die unkraͤftigſten und unwiſſendſten Na¬
turen gefallen. Hier iſt viel zwiſchen den Zei¬
len zu leſen: und wer nur dem Schalk die Huͤlle
abziehen kann, auch wo er ſie feſthalten moͤchte,
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Beigebunden im Anhang des für das DTA gewählten Exemplars aus der SBB-PK sind sechs Kupfer von George Cruikshank aus der 2. Aufl. (1827).
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl's wundersame Geschichte. Nürnberg, 1814, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamisso_schlemihl_1814/151>, abgerufen am 16.07.2024.
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