Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.
Alle diese Töne sind, so sehr auch die Beschaffenheit der Krümmungen verschieden ist, Will man Versuche darüber anstellen, so lege man den Stab an zwey Stellen, wo 1. Anm. Von der ersten Schwingungsart eines an beyden Enden freyen Stabes pflegt man bey der sogenannten Strohfiedel (carillon) Gebrauch zu machen, es werden nähmlich Stäbe oder schmale Streifen von Holz, Glas, oder Stahl an ihren beyden Schwingungsknoten auf zusam- mengedrehtes Stroh, oder andere weiche Unterlagen gelegt, und mit zwey Klöppeln geschlagen. Jn der Oper, die Zauberflöte von Mozart, wird gewöhnlich ein dergleichen Jnstrument als Glocken- spiel des Papageno gebraucht. Jn Stuttgard bedient man sich zu dieser Absicht eines mit Tasten versehenen Jnstrumentes dieser Art, welches der geschickte Jnstrumentenmacher Hauck verfertigt hat, bey dem ich noch ein solches Jnstrument antraf, das sehr gut eingerichtet wer. Jch vermuthe, daß das in Paris von Beyer vor mehrern Jahren verfertigte und in den Zeitungen sehr gerühmte clavecin a cordes de verre, so wie auch das in England verfertigte Glasschord auch nichts anders seyn mag. 2. Anm. Herr Doctor Pansner in Jena hat in seiner Schrift: investigatio motuum et sono- rum, quibus laminae elasticae contremiscunt, Jen. 1801. 4. die hier und in meinen Ent- deckungen über die Theorie des Klanges S. 10. ebensewohl der Erfahrung, als der von Daniel Bernonlli, L. Euler, und Grafen Giordano Riccati gegebenen richtigen Theorie gemäß angege- benen Tonverhältnisse eines an beyden Enden freyen Stabes für unrichtig erklärt. Der Grund davon liegt aber darin, daß er gegenwärtige Schwingungsarten nicht beobachtet, und ganz andere Schwingungsarten eines Rectangelstreifen, von denen erst im siebenten Abschnitte dieses Theiles die Rede seyn kann, mit den hier beschriebenen Stabschwingungen verwechselt hat.
Alle dieſe Toͤne ſind, ſo ſehr auch die Beſchaffenheit der Kruͤmmungen verſchieden iſt, Will man Verſuche daruͤber anſtellen, ſo lege man den Stab an zwey Stellen, wo 1. Anm. Von der erſten Schwingungsart eines an beyden Enden freyen Stabes pflegt man bey der ſogenannten Strohfiedel (carillon) Gebrauch zu machen, es werden naͤhmlich Staͤbe oder ſchmale Streifen von Holz, Glas, oder Stahl an ihren beyden Schwingungsknoten auf zuſam- mengedrehtes Stroh, oder andere weiche Unterlagen gelegt, und mit zwey Kloͤppeln geſchlagen. Jn der Oper, die Zauberfloͤte von Mozart, wird gewoͤhnlich ein dergleichen Jnſtrument als Glocken- ſpiel des Papageno gebraucht. Jn Stuttgard bedient man ſich zu dieſer Abſicht eines mit Taſten verſehenen Jnſtrumentes dieſer Art, welches der geſchickte Jnſtrumentenmacher Hauck verfertigt hat, bey dem ich noch ein ſolches Jnſtrument antraf, das ſehr gut eingerichtet wer. Jch vermuthe, daß das in Paris von Beyer vor mehrern Jahren verfertigte und in den Zeitungen ſehr geruͤhmte clavecin à cordes de verre, ſo wie auch das in England verfertigte Glasschord auch nichts anders ſeyn mag. 2. Anm. Herr Doctor Panſner in Jena hat in ſeiner Schrift: investigatio motuum et sono- rum, quibus laminae elasticae contremiscunt, Jen. 1801. 4. die hier und in meinen Ent- deckungen uͤber die Theorie des Klanges S. 10. ebenſewohl der Erfahrung, als der von Daniel Bernonlli, L. Euler, und Grafen Giordano Riccati gegebenen richtigen Theorie gemaͤß angege- benen Tonverhaͤltniſſe eines an beyden Enden freyen Stabes fuͤr unrichtig erklaͤrt. Der Grund davon liegt aber darin, daß er gegenwaͤrtige Schwingungsarten nicht beobachtet, und ganz andere Schwingungsarten eines Rectangelſtreifen, von denen erſt im ſiebenten Abſchnitte dieſes Theiles die Rede ſeyn kann, mit den hier beſchriebenen Stabſchwingungen verwechſelt hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0132" n="98"/> <table> <row> <cell>Zahl der Schwingungsknoten:</cell> <cell>2</cell> <cell>3</cell> <cell>4</cell> <cell>5</cell> <cell>6</cell> <cell>7</cell> </row><lb/> <row> <cell>Toͤne:</cell> <cell> <hi rendition="#aq">gis</hi> </cell> <cell><hi rendition="#aq">d</hi>̄̄</cell> <cell><hi rendition="#aq">d</hi>̄̄̄ –</cell> <cell><hi rendition="#aq">b</hi>̄̄̄</cell> <cell><hi rendition="#aq">f</hi>̄̄̄̄ +</cell> <cell><hi rendition="#aq">h</hi>̄̄̄̄ –</cell> </row><lb/> <row> <cell>Zahlen, mit deren Quadraten<lb/> die Toͤne uͤbereinkommen:</cell> <cell>3</cell> <cell>5</cell> <cell>7</cell> <cell>9</cell> <cell>11</cell> <cell>13 u. ſ. w.</cell> </row><lb/> </table> <p>Alle dieſe Toͤne ſind, ſo ſehr auch die Beſchaffenheit der Kruͤmmungen verſchieden iſt,<lb/> doch ganz dieſelben, welche in dem erſten Falle ein an dem einen Ende ganz feſter Stab giebt,<lb/> mit Ausnahme des erſten Tones, welcher, wie ſchon bemerkt worden, nicht in die Progreſſion<lb/> der uͤbrigen gehoͤrt.</p><lb/> <p>Will man Verſuche daruͤber anſtellen, ſo lege man den Stab an zwey Stellen, wo<lb/> Schwingungsknoten ſind, auf nicht allzuharte Unterlagen, z. B. auf zwey mit Tuch oder einer<lb/> andern weichen Materie uͤberzogene Stege, oder auf zuſammengedrehtes Papier, und ſchlage<lb/> oder ſtreiche ihn zwiſchen zwey Schwingungsknoten, oder an einem Ende.</p><lb/> <list> <item>1. <hi rendition="#g">Anm.</hi> Von der erſten Schwingungsart eines an beyden Enden freyen Stabes pflegt man bey<lb/> der ſogenannten <hi rendition="#g">Strohfiedel</hi> <hi rendition="#aq">(carillon)</hi> Gebrauch zu machen, es werden naͤhmlich Staͤbe oder<lb/> ſchmale Streifen von Holz, Glas, oder Stahl an ihren beyden Schwingungsknoten auf zuſam-<lb/> mengedrehtes Stroh, oder andere weiche Unterlagen gelegt, und mit zwey Kloͤppeln geſchlagen.<lb/> Jn der Oper, die Zauberfloͤte von Mozart, wird gewoͤhnlich ein dergleichen Jnſtrument als Glocken-<lb/> ſpiel des Papageno gebraucht. Jn Stuttgard bedient man ſich zu dieſer Abſicht eines mit Taſten<lb/> verſehenen Jnſtrumentes dieſer Art, welches der geſchickte Jnſtrumentenmacher Hauck verfertigt hat,<lb/> bey dem ich noch ein ſolches Jnſtrument antraf, das ſehr gut eingerichtet wer. Jch vermuthe, daß<lb/> das in Paris von <hi rendition="#g">Beyer</hi> vor mehrern Jahren verfertigte und in den Zeitungen ſehr geruͤhmte<lb/><hi rendition="#aq">clavecin à cordes de verre,</hi> ſo wie auch das in England verfertigte <hi rendition="#aq">Glasschord</hi> auch nichts anders<lb/> ſeyn mag.</item><lb/> <item>2. <hi rendition="#g">Anm.</hi> Herr Doctor <hi rendition="#g">Panſner</hi> in Jena hat in ſeiner Schrift: <hi rendition="#aq">investigatio motuum et sono-<lb/> rum, quibus laminae elasticae contremiscunt, Jen.</hi> 1801. 4. die hier und in meinen Ent-<lb/> deckungen uͤber die Theorie des Klanges S. 10. ebenſewohl der Erfahrung, als der von Daniel<lb/> Bernonlli, L. Euler, und Grafen <hi rendition="#aq">Giordano Riccati</hi> gegebenen richtigen Theorie gemaͤß angege-<lb/> benen Tonverhaͤltniſſe eines an beyden Enden freyen Stabes fuͤr unrichtig erklaͤrt. Der Grund<lb/> davon liegt aber darin, daß er gegenwaͤrtige Schwingungsarten nicht beobachtet, und ganz andere<lb/> Schwingungsarten eines Rectangelſtreifen, von denen erſt im ſiebenten Abſchnitte dieſes Theiles<lb/> die Rede ſeyn kann, mit den hier beſchriebenen Stabſchwingungen verwechſelt hat.</item> </list> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0132]
Zahl der Schwingungsknoten: 2 3 4 5 6 7
Toͤne: gis d̄̄ d̄̄̄ – b̄̄̄ f̄̄̄̄ + h̄̄̄̄ –
Zahlen, mit deren Quadraten
die Toͤne uͤbereinkommen: 3 5 7 9 11 13 u. ſ. w.
Alle dieſe Toͤne ſind, ſo ſehr auch die Beſchaffenheit der Kruͤmmungen verſchieden iſt,
doch ganz dieſelben, welche in dem erſten Falle ein an dem einen Ende ganz feſter Stab giebt,
mit Ausnahme des erſten Tones, welcher, wie ſchon bemerkt worden, nicht in die Progreſſion
der uͤbrigen gehoͤrt.
Will man Verſuche daruͤber anſtellen, ſo lege man den Stab an zwey Stellen, wo
Schwingungsknoten ſind, auf nicht allzuharte Unterlagen, z. B. auf zwey mit Tuch oder einer
andern weichen Materie uͤberzogene Stege, oder auf zuſammengedrehtes Papier, und ſchlage
oder ſtreiche ihn zwiſchen zwey Schwingungsknoten, oder an einem Ende.
1. Anm. Von der erſten Schwingungsart eines an beyden Enden freyen Stabes pflegt man bey
der ſogenannten Strohfiedel (carillon) Gebrauch zu machen, es werden naͤhmlich Staͤbe oder
ſchmale Streifen von Holz, Glas, oder Stahl an ihren beyden Schwingungsknoten auf zuſam-
mengedrehtes Stroh, oder andere weiche Unterlagen gelegt, und mit zwey Kloͤppeln geſchlagen.
Jn der Oper, die Zauberfloͤte von Mozart, wird gewoͤhnlich ein dergleichen Jnſtrument als Glocken-
ſpiel des Papageno gebraucht. Jn Stuttgard bedient man ſich zu dieſer Abſicht eines mit Taſten
verſehenen Jnſtrumentes dieſer Art, welches der geſchickte Jnſtrumentenmacher Hauck verfertigt hat,
bey dem ich noch ein ſolches Jnſtrument antraf, das ſehr gut eingerichtet wer. Jch vermuthe, daß
das in Paris von Beyer vor mehrern Jahren verfertigte und in den Zeitungen ſehr geruͤhmte
clavecin à cordes de verre, ſo wie auch das in England verfertigte Glasschord auch nichts anders
ſeyn mag.
2. Anm. Herr Doctor Panſner in Jena hat in ſeiner Schrift: investigatio motuum et sono-
rum, quibus laminae elasticae contremiscunt, Jen. 1801. 4. die hier und in meinen Ent-
deckungen uͤber die Theorie des Klanges S. 10. ebenſewohl der Erfahrung, als der von Daniel
Bernonlli, L. Euler, und Grafen Giordano Riccati gegebenen richtigen Theorie gemaͤß angege-
benen Tonverhaͤltniſſe eines an beyden Enden freyen Stabes fuͤr unrichtig erklaͤrt. Der Grund
davon liegt aber darin, daß er gegenwaͤrtige Schwingungsarten nicht beobachtet, und ganz andere
Schwingungsarten eines Rectangelſtreifen, von denen erſt im ſiebenten Abſchnitte dieſes Theiles
die Rede ſeyn kann, mit den hier beſchriebenen Stabſchwingungen verwechſelt hat.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |