Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
Anm. Aus diesen drehenden Schwingungen erklärt sich nun das, was ich in meinen Entdeckun-
gen über die Theorie des Klanges
gegen das Ende der 75sten Seite von einer solchen
Schwingungsart eines in einen Schraubenstock gespannten parallelepipedischen oder prismatischen
Stabes gesagt habe, wo ich ihn an einer Kante in einer diagonalen Richtung mit dem Violinbogen
strich, und bey dem Aufstrenen des Sandes auf eine horizontale Seite der Sand auf einer sich
mitten durch die Länge erstreckende Linie ruhig blieb. Jch habe dort mit Unrecht vermuthet, daß
die vier Kanten des Stabes vielleicht abwechselnd gegen einander schwingen, es wird aber vielmehr
durch die rechts und links gehenden Schwingungen der aufgestreute Sand von den Kanten nach
der Mitte zu geworfen. Auch an vierseitigen Stimmgabeln habe ich einigemahl ähnliche Schwin-
gungen auf diese Art hervorgebracht.


Sechster Abschnitt.
Schwingungen getrümmter Stäbe.


99.

Die Schwingungen einer Gabel d. i. eines Stabes, der in der Mitte so gekrümmt ist,
daß seine beyden Schenkel mit einander parallel gehen, sind von den transversalen Schwingun-
gen eines geraden Stabes, dessen beyde Enden frey sind, nicht wesentlich verschieden, und
können eigentlich durch Vergleichung beyder am besten beurtheilt werden. Wenn man einen
geraden Stab in seiner Mitte so krümmt, daß er nach und nach die Gestalten Fig. 37. aa, bb,
cc, dd, ee
annimmt, so wird man den allmählichen Uebergang der Schwingungen und
Tonverhältnisse desselben zu den Schwingungen und Tonverhältnissen einer Gabel leicht beobach-
ten können. Durch die Biegung werden (so wie überhaupt durch eine jede Biegung eines
Stabes innerhalb eines schwingenden Theils) die zwey Schwingungsknoten, zwischen denen
sie sich befindet, einander näher gerückt, so wie es in der 37sten Figur durch Striche ist bemerkt
worden. Jeder Ton wird dadurch tiefer, als er bey eben derselben Zahl von Schwingungs-
knoten an einem geraden Stabe seyn würde, so daß die an geraden Stäben (§. 82.) mit den

Anm. Aus dieſen drehenden Schwingungen erklaͤrt ſich nun das, was ich in meinen Entdeckun-
gen uͤber die Theorie des Klanges
gegen das Ende der 75ſten Seite von einer ſolchen
Schwingungsart eines in einen Schraubenſtock geſpannten parallelepipediſchen oder priſmatiſchen
Stabes geſagt habe, wo ich ihn an einer Kante in einer diagonalen Richtung mit dem Violinbogen
ſtrich, und bey dem Aufſtrenen des Sandes auf eine horizontale Seite der Sand auf einer ſich
mitten durch die Laͤnge erſtreckende Linie ruhig blieb. Jch habe dort mit Unrecht vermuthet, daß
die vier Kanten des Stabes vielleicht abwechſelnd gegen einander ſchwingen, es wird aber vielmehr
durch die rechts und links gehenden Schwingungen der aufgeſtreute Sand von den Kanten nach
der Mitte zu geworfen. Auch an vierſeitigen Stimmgabeln habe ich einigemahl aͤhnliche Schwin-
gungen auf dieſe Art hervorgebracht.


Sechster Abſchnitt.
Schwingungen getruͤmmter Staͤbe.


99.

Die Schwingungen einer Gabel d. i. eines Stabes, der in der Mitte ſo gekruͤmmt iſt,
daß ſeine beyden Schenkel mit einander parallel gehen, ſind von den transverſalen Schwingun-
gen eines geraden Stabes, deſſen beyde Enden frey ſind, nicht weſentlich verſchieden, und
koͤnnen eigentlich durch Vergleichung beyder am beſten beurtheilt werden. Wenn man einen
geraden Stab in ſeiner Mitte ſo kruͤmmt, daß er nach und nach die Geſtalten Fig. 37. aa, bb,
cc, dd, ee
annimmt, ſo wird man den allmaͤhlichen Uebergang der Schwingungen und
Tonverhaͤltniſſe deſſelben zu den Schwingungen und Tonverhaͤltniſſen einer Gabel leicht beobach-
ten koͤnnen. Durch die Biegung werden (ſo wie uͤberhaupt durch eine jede Biegung eines
Stabes innerhalb eines ſchwingenden Theils) die zwey Schwingungsknoten, zwiſchen denen
ſie ſich befindet, einander naͤher geruͤckt, ſo wie es in der 37ſten Figur durch Striche iſt bemerkt
worden. Jeder Ton wird dadurch tiefer, als er bey eben derſelben Zahl von Schwingungs-
knoten an einem geraden Stabe ſeyn wuͤrde, ſo daß die an geraden Staͤben (§. 82.) mit den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0145" n="111"/>
              <list>
                <item><hi rendition="#g">Anm.</hi> Aus die&#x017F;en drehenden Schwingungen erkla&#x0364;rt &#x017F;ich nun das, was ich in meinen <hi rendition="#g">Entdeckun-<lb/>
gen u&#x0364;ber die Theorie des Klanges</hi> gegen das Ende der 75&#x017F;ten Seite von einer &#x017F;olchen<lb/>
Schwingungsart eines in einen Schrauben&#x017F;tock ge&#x017F;pannten parallelepipedi&#x017F;chen oder pri&#x017F;mati&#x017F;chen<lb/>
Stabes ge&#x017F;agt habe, wo ich ihn an einer Kante in einer diagonalen Richtung mit dem Violinbogen<lb/>
&#x017F;trich, und bey dem Auf&#x017F;trenen des Sandes auf eine horizontale Seite der Sand auf einer &#x017F;ich<lb/>
mitten durch die La&#x0364;nge er&#x017F;treckende Linie ruhig blieb. Jch habe dort mit Unrecht vermuthet, daß<lb/>
die vier Kanten des Stabes vielleicht abwech&#x017F;elnd gegen einander &#x017F;chwingen, es wird aber vielmehr<lb/>
durch die rechts und links gehenden Schwingungen der aufge&#x017F;treute Sand von den Kanten nach<lb/>
der Mitte zu geworfen. Auch an vier&#x017F;eitigen Stimmgabeln habe ich einigemahl a&#x0364;hnliche Schwin-<lb/>
gungen auf die&#x017F;e Art hervorgebracht.</item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Sechster Ab&#x017F;chnitt.<lb/>
Schwingungen getru&#x0364;mmter Sta&#x0364;be.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head>99.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Schwingungen einer <hi rendition="#g">Gabel</hi> d. i. eines Stabes, der in der Mitte &#x017F;o gekru&#x0364;mmt i&#x017F;t,<lb/>
daß &#x017F;eine beyden Schenkel mit einander parallel gehen, &#x017F;ind von den transver&#x017F;alen Schwingun-<lb/>
gen eines geraden Stabes, de&#x017F;&#x017F;en beyde Enden frey &#x017F;ind, nicht we&#x017F;entlich ver&#x017F;chieden, und<lb/>
ko&#x0364;nnen eigentlich durch Vergleichung beyder am be&#x017F;ten beurtheilt werden. Wenn man einen<lb/>
geraden Stab in &#x017F;einer Mitte &#x017F;o kru&#x0364;mmt, daß er nach und nach die Ge&#x017F;talten <hi rendition="#aq">Fig. 37. aa, bb,<lb/>
cc, dd, ee</hi> annimmt, &#x017F;o wird man den allma&#x0364;hlichen Uebergang der Schwingungen und<lb/>
Tonverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;elben zu den Schwingungen und Tonverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en einer Gabel leicht beobach-<lb/>
ten ko&#x0364;nnen. Durch die Biegung werden (&#x017F;o wie u&#x0364;berhaupt durch eine jede Biegung eines<lb/>
Stabes innerhalb eines &#x017F;chwingenden Theils) die zwey Schwingungsknoten, zwi&#x017F;chen denen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich befindet, einander na&#x0364;her geru&#x0364;ckt, &#x017F;o wie es in der 37&#x017F;ten Figur durch Striche i&#x017F;t bemerkt<lb/>
worden. Jeder Ton wird dadurch tiefer, als er bey eben der&#x017F;elben Zahl von Schwingungs-<lb/>
knoten an einem geraden Stabe &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, &#x017F;o daß die an geraden Sta&#x0364;ben (§. 82.) mit den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0145] Anm. Aus dieſen drehenden Schwingungen erklaͤrt ſich nun das, was ich in meinen Entdeckun- gen uͤber die Theorie des Klanges gegen das Ende der 75ſten Seite von einer ſolchen Schwingungsart eines in einen Schraubenſtock geſpannten parallelepipediſchen oder priſmatiſchen Stabes geſagt habe, wo ich ihn an einer Kante in einer diagonalen Richtung mit dem Violinbogen ſtrich, und bey dem Aufſtrenen des Sandes auf eine horizontale Seite der Sand auf einer ſich mitten durch die Laͤnge erſtreckende Linie ruhig blieb. Jch habe dort mit Unrecht vermuthet, daß die vier Kanten des Stabes vielleicht abwechſelnd gegen einander ſchwingen, es wird aber vielmehr durch die rechts und links gehenden Schwingungen der aufgeſtreute Sand von den Kanten nach der Mitte zu geworfen. Auch an vierſeitigen Stimmgabeln habe ich einigemahl aͤhnliche Schwin- gungen auf dieſe Art hervorgebracht. Sechster Abſchnitt. Schwingungen getruͤmmter Staͤbe. 99. Die Schwingungen einer Gabel d. i. eines Stabes, der in der Mitte ſo gekruͤmmt iſt, daß ſeine beyden Schenkel mit einander parallel gehen, ſind von den transverſalen Schwingun- gen eines geraden Stabes, deſſen beyde Enden frey ſind, nicht weſentlich verſchieden, und koͤnnen eigentlich durch Vergleichung beyder am beſten beurtheilt werden. Wenn man einen geraden Stab in ſeiner Mitte ſo kruͤmmt, daß er nach und nach die Geſtalten Fig. 37. aa, bb, cc, dd, ee annimmt, ſo wird man den allmaͤhlichen Uebergang der Schwingungen und Tonverhaͤltniſſe deſſelben zu den Schwingungen und Tonverhaͤltniſſen einer Gabel leicht beobach- ten koͤnnen. Durch die Biegung werden (ſo wie uͤberhaupt durch eine jede Biegung eines Stabes innerhalb eines ſchwingenden Theils) die zwey Schwingungsknoten, zwiſchen denen ſie ſich befindet, einander naͤher geruͤckt, ſo wie es in der 37ſten Figur durch Striche iſt bemerkt worden. Jeder Ton wird dadurch tiefer, als er bey eben derſelben Zahl von Schwingungs- knoten an einem geraden Stabe ſeyn wuͤrde, ſo daß die an geraden Staͤben (§. 82.) mit den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/145
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/145>, abgerufen am 04.12.2024.