Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

noch sonst manche durch sehr zusammengesetzte Zahlen auszudrückende Fortschreitungen deswe-
gen weniger, als man vermuthen sollte, dem Ohre unangenehm seyn, weil dieses, so wie in
der Anmerkung zu dem vorigen §. an dem Verhältnisse gezeigt worden, anstatt der würk-
lichen Verhältnisse einsachere Fortschreitungen in der natürlichen Zahlenfolge zu hören sich
einbildet.

Um einige von diesen Jntervallen mit den im 25sten §. angegebenen besser vergleichen
zu können, füge ich sie in Decimalzahlen bey, sowohl die Schwingungszahlen, als auch die
Saitenlängen auf dem Monochorde.

Verhältnisse
der Schwingungen:
Verhältnisse
der Saitenlängen:
1,750,5714
1,3750,7272
1,6250,6153
1,06250,9411
1,18750,8157
1,31250,7619

Anm. Die Bemerkungen über die Zahl 19 u. s. w. habe ich von meinem Freunde Fasch entlehnt.

28.

Da verschiedene, besonders ältere Schriftsteller die Jntervalle aus Theilungen der
Octave herleiten, so wird es nöthig seyn, hiervon noch einiges zu erwähnen. Es besteht
die Theilung eines Verhältnisses darin, daß man zwischen zwey Zahlen eine oder mehrere
Mittelproportionalzahlen findet, und also aus einem größern Verhältnisse zwey oder mehrere
kleinere hervorbringt. Die Theilung eines Tonverhältnisses kann seyn arithmetisch, oder
harmatisch, oder geometrisch.

Durch die arithmetische Theilung erhält man Verhältnisse, bey denen die
Differenzen der Glieder einander gleich sind. Soll ein Verhältniß in zwey andere getheile
werden, so setzt man die Hälste der Summe beyder Zahlen zwischen diese. Wenn z. B. die
Octave 1 : 2 arithmetisch getheilt werden soll, so ist 1 + 2 = 3; die Hälste davon ist 11/2;
man erhält also 1, 11/2, 2, oder in ganzen Zahlen 2, 3, 4, also die Quinte 2 : 3, und die
Quarte 3 : 4. Eben so erhält man durch Theilung der Quinte 2 : 3 die große Terz 4 : 5 und

noch ſonſt manche durch ſehr zuſammengeſetzte Zahlen auszudruͤckende Fortſchreitungen deswe-
gen weniger, als man vermuthen ſollte, dem Ohre unangenehm ſeyn, weil dieſes, ſo wie in
der Anmerkung zu dem vorigen §. an dem Verhaͤltniſſe gezeigt worden, anſtatt der wuͤrk-
lichen Verhaͤltniſſe einſachere Fortſchreitungen in der natuͤrlichen Zahlenfolge zu hoͤren ſich
einbildet.

Um einige von dieſen Jntervallen mit den im 25ſten §. angegebenen beſſer vergleichen
zu koͤnnen, fuͤge ich ſie in Decimalzahlen bey, ſowohl die Schwingungszahlen, als auch die
Saitenlaͤngen auf dem Monochorde.

Verhaͤltniſſe
der Schwingungen:
Verhaͤltniſſe
der Saitenlaͤngen:
1,750,5714
1,3750,7272
1,6250,6153
1,06250,9411
1,18750,8157
1,31250,7619

Anm. Die Bemerkungen uͤber die Zahl 19 u. ſ. w. habe ich von meinem Freunde Faſch entlehnt.

28.

Da verſchiedene, beſonders aͤltere Schriftſteller die Jntervalle aus Theilungen der
Octave herleiten, ſo wird es noͤthig ſeyn, hiervon noch einiges zu erwaͤhnen. Es beſteht
die Theilung eines Verhaͤltniſſes darin, daß man zwiſchen zwey Zahlen eine oder mehrere
Mittelproportionalzahlen findet, und alſo aus einem groͤßern Verhaͤltniſſe zwey oder mehrere
kleinere hervorbringt. Die Theilung eines Tonverhaͤltniſſes kann ſeyn arithmetiſch, oder
harmatiſch, oder geometriſch.

Durch die arithmetiſche Theilung erhaͤlt man Verhaͤltniſſe, bey denen die
Differenzen der Glieder einander gleich ſind. Soll ein Verhaͤltniß in zwey andere getheile
werden, ſo ſetzt man die Haͤlſte der Summe beyder Zahlen zwiſchen dieſe. Wenn z. B. die
Octave 1 : 2 arithmetiſch getheilt werden ſoll, ſo iſt 1 + 2 = 3; die Haͤlſte davon iſt 1½;
man erhaͤlt alſo 1, 1½, 2, oder in ganzen Zahlen 2, 3, 4, alſo die Quinte 2 : 3, und die
Quarte 3 : 4. Eben ſo erhaͤlt man durch Theilung der Quinte 2 : 3 die große Terz 4 : 5 und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0065" n="31"/>
noch &#x017F;on&#x017F;t manche durch &#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Zahlen auszudru&#x0364;ckende Fort&#x017F;chreitungen deswe-<lb/>
gen weniger, als man vermuthen &#x017F;ollte, dem Ohre unangenehm &#x017F;eyn, weil die&#x017F;es, &#x017F;o wie in<lb/>
der Anmerkung zu dem vorigen §. an dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e <formula notation="TeX">\frac{21}{16}</formula> gezeigt worden, an&#x017F;tatt der wu&#x0364;rk-<lb/>
lichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e ein&#x017F;achere Fort&#x017F;chreitungen in der natu&#x0364;rlichen Zahlenfolge zu ho&#x0364;ren &#x017F;ich<lb/>
einbildet.</p><lb/>
            <p>Um einige von die&#x017F;en Jntervallen mit den im 25&#x017F;ten §. angegebenen be&#x017F;&#x017F;er vergleichen<lb/>
zu ko&#x0364;nnen, fu&#x0364;ge ich &#x017F;ie in Decimalzahlen bey, &#x017F;owohl die Schwingungszahlen, als auch die<lb/>
Saitenla&#x0364;ngen auf dem Monochorde.</p><lb/>
            <table>
              <row>
                <cell cols="2">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Schwingungen:</cell>
                <cell cols="2">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
der Saitenla&#x0364;ngen:</cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{7}{4}</formula>
                </cell>
                <cell>1,75</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{4}{7}</formula>
                </cell>
                <cell>0,5714<formula notation="TeX">\frac{2}{7}</formula></cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{11}{8}</formula>
                </cell>
                <cell>1,375</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{8}{12}</formula>
                </cell>
                <cell>0,7272<formula notation="TeX">\frac{8}{11}</formula></cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{13}{8}</formula>
                </cell>
                <cell>1,625</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{8}{13}</formula>
                </cell>
                <cell>0,6153<formula notation="TeX">\frac{11}{13}</formula></cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{17}{16}</formula>
                </cell>
                <cell>1,0625</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{16}{17}</formula>
                </cell>
                <cell>0,9411<formula notation="TeX">\frac{13}{17}</formula></cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{19}{16}</formula>
                </cell>
                <cell>1,1875</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{16}{19}</formula>
                </cell>
                <cell>0,8157<formula notation="TeX">\frac{17}{29}</formula></cell>
              </row><lb/>
              <row>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{21}{16}</formula>
                </cell>
                <cell>1,3125</cell>
                <cell>
                  <formula notation="TeX">\frac{16}{21}</formula>
                </cell>
                <cell>0,7619<formula notation="TeX">\frac{7}{21}</formula></cell>
              </row><lb/>
            </table>
            <p><hi rendition="#g">Anm.</hi> Die Bemerkungen u&#x0364;ber die Zahl 19 u. &#x017F;. w. habe ich von meinem Freunde <hi rendition="#g">Fa&#x017F;ch</hi> entlehnt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>28.</head><lb/>
            <p>Da ver&#x017F;chiedene, be&#x017F;onders a&#x0364;ltere Schrift&#x017F;teller die Jntervalle aus Theilungen der<lb/>
Octave herleiten, &#x017F;o wird es no&#x0364;thig &#x017F;eyn, hiervon noch einiges zu erwa&#x0364;hnen. Es be&#x017F;teht<lb/>
die Theilung eines Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es darin, daß man zwi&#x017F;chen zwey Zahlen eine oder mehrere<lb/>
Mittelproportionalzahlen findet, und al&#x017F;o aus einem gro&#x0364;ßern Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zwey oder mehrere<lb/>
kleinere hervorbringt. Die Theilung eines Tonverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es kann &#x017F;eyn arithmeti&#x017F;ch, oder<lb/>
harmati&#x017F;ch, oder geometri&#x017F;ch.</p><lb/>
            <p>Durch die <hi rendition="#g">arithmeti&#x017F;che Theilung</hi> erha&#x0364;lt man Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, bey denen die<lb/>
Differenzen der Glieder einander gleich &#x017F;ind. Soll ein Verha&#x0364;ltniß in zwey andere getheile<lb/>
werden, &#x017F;o &#x017F;etzt man die Ha&#x0364;l&#x017F;te der Summe beyder Zahlen zwi&#x017F;chen die&#x017F;e. Wenn z. B. die<lb/>
Octave 1 : 2 arithmeti&#x017F;ch getheilt werden &#x017F;oll, &#x017F;o i&#x017F;t 1 + 2 = 3; die Ha&#x0364;l&#x017F;te davon i&#x017F;t 1½;<lb/>
man erha&#x0364;lt al&#x017F;o 1, 1½, 2, oder in ganzen Zahlen 2, 3, 4, al&#x017F;o die Quinte 2 : 3, und die<lb/>
Quarte 3 : 4. Eben &#x017F;o erha&#x0364;lt man durch Theilung der Quinte 2 : 3 die große Terz 4 : 5 und<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0065] noch ſonſt manche durch ſehr zuſammengeſetzte Zahlen auszudruͤckende Fortſchreitungen deswe- gen weniger, als man vermuthen ſollte, dem Ohre unangenehm ſeyn, weil dieſes, ſo wie in der Anmerkung zu dem vorigen §. an dem Verhaͤltniſſe [FORMEL] gezeigt worden, anſtatt der wuͤrk- lichen Verhaͤltniſſe einſachere Fortſchreitungen in der natuͤrlichen Zahlenfolge zu hoͤren ſich einbildet. Um einige von dieſen Jntervallen mit den im 25ſten §. angegebenen beſſer vergleichen zu koͤnnen, fuͤge ich ſie in Decimalzahlen bey, ſowohl die Schwingungszahlen, als auch die Saitenlaͤngen auf dem Monochorde. Verhaͤltniſſe der Schwingungen: Verhaͤltniſſe der Saitenlaͤngen: [FORMEL] 1,75 [FORMEL] 0,5714[FORMEL] [FORMEL] 1,375 [FORMEL] 0,7272[FORMEL] [FORMEL] 1,625 [FORMEL] 0,6153[FORMEL] [FORMEL] 1,0625 [FORMEL] 0,9411[FORMEL] [FORMEL] 1,1875 [FORMEL] 0,8157[FORMEL] [FORMEL] 1,3125 [FORMEL] 0,7619[FORMEL] Anm. Die Bemerkungen uͤber die Zahl 19 u. ſ. w. habe ich von meinem Freunde Faſch entlehnt. 28. Da verſchiedene, beſonders aͤltere Schriftſteller die Jntervalle aus Theilungen der Octave herleiten, ſo wird es noͤthig ſeyn, hiervon noch einiges zu erwaͤhnen. Es beſteht die Theilung eines Verhaͤltniſſes darin, daß man zwiſchen zwey Zahlen eine oder mehrere Mittelproportionalzahlen findet, und alſo aus einem groͤßern Verhaͤltniſſe zwey oder mehrere kleinere hervorbringt. Die Theilung eines Tonverhaͤltniſſes kann ſeyn arithmetiſch, oder harmatiſch, oder geometriſch. Durch die arithmetiſche Theilung erhaͤlt man Verhaͤltniſſe, bey denen die Differenzen der Glieder einander gleich ſind. Soll ein Verhaͤltniß in zwey andere getheile werden, ſo ſetzt man die Haͤlſte der Summe beyder Zahlen zwiſchen dieſe. Wenn z. B. die Octave 1 : 2 arithmetiſch getheilt werden ſoll, ſo iſt 1 + 2 = 3; die Haͤlſte davon iſt 1½; man erhaͤlt alſo 1, 1½, 2, oder in ganzen Zahlen 2, 3, 4, alſo die Quinte 2 : 3, und die Quarte 3 : 4. Eben ſo erhaͤlt man durch Theilung der Quinte 2 : 3 die große Terz 4 : 5 und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/65
Zitationshilfe: Chladni, Ernst Florens Friedrich: Die Akustik. Leipzig, 1802, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_akustik_1802/65>, abgerufen am 28.11.2024.