Seele bey den historischen Wahrheiten eben so in Regeln verfasset zu sehen, als uns nun- mehro fast alle Triebfedern des menschlichen Verstandes bey Erfindung allgemeiner Wahr- heiten, besonders durch die Bemühungen des unsterblich verdienten Freyherrn von Wolfs, erklärt vor Augen liegen.
Mein Unternehmen, die Hermenevtick philosophisch und systematisch vorzutragen, welches ebenfalls noch in Wittenberg zu Stande gekommen, ohngeachtet die Ausgabe meiner Einleitung zur richtigen Auslegung vernünftiger Reden und Schriften, erst bey meinem Aufenthalt auf der Universität zu Leipzig erfolget ist; hat mich sodann veran- lasset, ja genöthigt, der Sache näher zu treten. Die verschiedenen Arten der Auslegungen, woraus Commentarii und Noten bestehen, musten unter andern, ja vornehmlich, aus dem verschiedenen Jnnhalte der Bücher, und aus ihrer Materie, hergeleitet werden. Die Ein- theilung der Bücher und Stellen in dogmati- sche und historische, war der Hauptgrund, worauf ich zu bauen hatte. Jch muß geste- hen, daß es mit der Auslegung der ersten Art, in Vergleichung alles übrigen, wenig Schwie- rigkeit hatte. Denn da hatte ich in der Ver-
nunft-
Vorrede.
Seele bey den hiſtoriſchen Wahrheiten eben ſo in Regeln verfaſſet zu ſehen, als uns nun- mehro faſt alle Triebfedern des menſchlichen Verſtandes bey Erfindung allgemeiner Wahr- heiten, beſonders durch die Bemuͤhungen des unſterblich verdienten Freyherrn von Wolfs, erklaͤrt vor Augen liegen.
Mein Unternehmen, die Hermenevtick philoſophiſch und ſyſtematiſch vorzutragen, welches ebenfalls noch in Wittenberg zu Stande gekommen, ohngeachtet die Ausgabe meiner Einleitung zur richtigen Auslegung vernuͤnftiger Reden und Schriften, erſt bey meinem Aufenthalt auf der Univerſitaͤt zu Leipzig erfolget iſt; hat mich ſodann veran- laſſet, ja genoͤthigt, der Sache naͤher zu treten. Die verſchiedenen Arten der Auslegungen, woraus Commentarii und Noten beſtehen, muſten unter andern, ja vornehmlich, aus dem verſchiedenen Jnnhalte der Buͤcher, und aus ihrer Materie, hergeleitet werden. Die Ein- theilung der Buͤcher und Stellen in dogmati- ſche und hiſtoriſche, war der Hauptgrund, worauf ich zu bauen hatte. Jch muß geſte- hen, daß es mit der Auslegung der erſten Art, in Vergleichung alles uͤbrigen, wenig Schwie- rigkeit hatte. Denn da hatte ich in der Ver-
nunft-
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[0018]
Vorrede.
Seele bey den hiſtoriſchen Wahrheiten eben
ſo in Regeln verfaſſet zu ſehen, als uns nun-
mehro faſt alle Triebfedern des menſchlichen
Verſtandes bey Erfindung allgemeiner Wahr-
heiten, beſonders durch die Bemuͤhungen des
unſterblich verdienten Freyherrn von Wolfs,
erklaͤrt vor Augen liegen.
Mein Unternehmen, die Hermenevtick
philoſophiſch und ſyſtematiſch vorzutragen,
welches ebenfalls noch in Wittenberg zu
Stande gekommen, ohngeachtet die Ausgabe
meiner Einleitung zur richtigen Auslegung
vernuͤnftiger Reden und Schriften, erſt bey
meinem Aufenthalt auf der Univerſitaͤt zu
Leipzig erfolget iſt; hat mich ſodann veran-
laſſet, ja genoͤthigt, der Sache naͤher zu treten.
Die verſchiedenen Arten der Auslegungen,
woraus Commentarii und Noten beſtehen,
muſten unter andern, ja vornehmlich, aus dem
verſchiedenen Jnnhalte der Buͤcher, und aus
ihrer Materie, hergeleitet werden. Die Ein-
theilung der Buͤcher und Stellen in dogmati-
ſche und hiſtoriſche, war der Hauptgrund,
worauf ich zu bauen hatte. Jch muß geſte-
hen, daß es mit der Auslegung der erſten Art,
in Vergleichung alles uͤbrigen, wenig Schwie-
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Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752. , S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chladni_geschichtswissenschaft_1752/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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