Chladni, Johann Martin: Allgemeine Geschichtswissenschaft. Leipzig, 1752.Vorrede. meisten Streitigkeiten in andern Wissenschaf-ten zwar nicht lediglich aus der Logick, den- noch aber auch nicht ohne Beyhülfe der Lo- gick, können entschieden, noch in ein völliges Licht gesetzt werden; also auch die historischen Streitigkeiten zwar nicht alles, aber doch vie- les, und öfters ihr unentbehrliches Licht, aus der allgemeinen Geschichtswissenschaft erhal- ten müssen. Meines Orts nun habe mich seit Antretung meines Lehramts der Gottes- gelahrheit verbunden geachtet, das Maaß der mir verliehenen Kräfte, hauptsächlich nach den Umständen der gegenwärtigen Zeiten, zum Dienste der Gemeinde Christi anzuwenden, und in dieser Absicht zuförderst die gantze Ge- denckart der Naturalisten in ihrer Blöße dar- zustellen. Meine Untersuchung der Frage: Ob Joseph sich gegen die Egyptier tyrannisch erwiesen? ingleichen der andern, noch wichti- gern: Warum unser hochgelobter Heyland nicht im Angesicht seiner Feinde auferstanden sey? wird jeden Leser gar bald überzeugen, daß ich mir dabey die Lehren der allgemeinen Geschichtswissenschaft zu nutze gemacht habe. Und mit göttlicher Hülfe sollen mit der Zeit noch mehrere nutzbare Anwendungen bey Streitigkeiten und Fragen dieser Art ans Licht gestellt werden. Unter
Vorrede. meiſten Streitigkeiten in andern Wiſſenſchaf-ten zwar nicht lediglich aus der Logick, den- noch aber auch nicht ohne Beyhuͤlfe der Lo- gick, koͤnnen entſchieden, noch in ein voͤlliges Licht geſetzt werden; alſo auch die hiſtoriſchen Streitigkeiten zwar nicht alles, aber doch vie- les, und oͤfters ihr unentbehrliches Licht, aus der allgemeinen Geſchichtswiſſenſchaft erhal- ten muͤſſen. Meines Orts nun habe mich ſeit Antretung meines Lehramts der Gottes- gelahrheit verbunden geachtet, das Maaß der mir verliehenen Kraͤfte, hauptſaͤchlich nach den Umſtaͤnden der gegenwaͤrtigen Zeiten, zum Dienſte der Gemeinde Chriſti anzuwenden, und in dieſer Abſicht zufoͤrderſt die gantze Ge- denckart der Naturaliſten in ihrer Bloͤße dar- zuſtellen. Meine Unterſuchung der Frage: Ob Joſeph ſich gegen die Egyptier tyranniſch erwieſen? ingleichen der andern, noch wichti- gern: Warum unſer hochgelobter Heyland nicht im Angeſicht ſeiner Feinde auferſtanden ſey? wird jeden Leſer gar bald uͤberzeugen, daß ich mir dabey die Lehren der allgemeinen Geſchichtswiſſenſchaft zu nutze gemacht habe. Und mit goͤttlicher Huͤlfe ſollen mit der Zeit noch mehrere nutzbare Anwendungen bey Streitigkeiten und Fragen dieſer Art ans Licht geſtellt werden. Unter
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Vorrede.
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noch aber auch nicht ohne Beyhuͤlfe der Lo-
gick, koͤnnen entſchieden, noch in ein voͤlliges
Licht geſetzt werden; alſo auch die hiſtoriſchen
Streitigkeiten zwar nicht alles, aber doch vie-
les, und oͤfters ihr unentbehrliches Licht, aus
der allgemeinen Geſchichtswiſſenſchaft erhal-
ten muͤſſen. Meines Orts nun habe mich
ſeit Antretung meines Lehramts der Gottes-
gelahrheit verbunden geachtet, das Maaß der
mir verliehenen Kraͤfte, hauptſaͤchlich nach
den Umſtaͤnden der gegenwaͤrtigen Zeiten, zum
Dienſte der Gemeinde Chriſti anzuwenden,
und in dieſer Abſicht zufoͤrderſt die gantze Ge-
denckart der Naturaliſten in ihrer Bloͤße dar-
zuſtellen. Meine Unterſuchung der Frage:
Ob Joſeph ſich gegen die Egyptier tyranniſch
erwieſen? ingleichen der andern, noch wichti-
gern: Warum unſer hochgelobter Heyland
nicht im Angeſicht ſeiner Feinde auferſtanden
ſey? wird jeden Leſer gar bald uͤberzeugen,
daß ich mir dabey die Lehren der allgemeinen
Geſchichtswiſſenſchaft zu nutze gemacht habe.
Und mit goͤttlicher Huͤlfe ſollen mit der Zeit
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